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Zählt fünf und zwei zusammen und lebt uns einige Monate voraus: Kristofer Aström. Foto: Promo
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Ein gesunder Schlag ins Gesicht: Der schwedische Songwriter Kristofer Aström

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Kristofer Aström ist zunächst einmal Schwede. Und dafür ziemlich cool. Denn eigentlich empfehlen sich schwedische Musiker eher durch betagten Hardrock (Europe), lederartigen Pop (Roxette) oder im schlimmsten Fall durch ABBA. Nicht so er. Seit mehr als zehn Jahren werkelt Kristofer Aström als klassischer Songwriter mit rockigem Hintergrund. Gute zehn Veröffentlichungen sind das unter dem Strich.

Eingerechnet einige EPs innerhalb des Bandgefüges von „The Rainway“. Sein neues Album „Sinkadus“ erscheint am 11. April 2009. Und ist extrem lässig geworden. „Sinkadus“ darf man übrigens mehrdeutig nehmen: Erstens einem schwedischen Dialekt entnommen mit der Bedeutung „Pass auf!“, zweitens pflegt der Schwede an sich ein Backgammon ähnliches Würfelspiel namens „Sinkadus“. Da wurde aus dem französischen cinq (fünf) und deux (zwei) „Sinkadus“, also: Fünf und zwei.

Von solch einer flachen Auslegung hält Kristofer Aström jedoch wenig und spricht Klartext. „Sinkadus kann außerdem einen Schlag ins Gesicht bedeuten“, erwähnt er süffisant, „und wenn ich ehrlich bin, sollte man den Albumtitel eher in diese Richtung gehend deuten, denn ich finde schon, dass das Album ein Schlag ins Gesicht ist“. Richtig. Denn jeder Song ist trotz seiner Intensität nicht gleich Stadion tauglicher Songwriter-Rock, aber auch nicht so minimalistisch, dass man das Album lediglich in Kneipen mit zehn Sitzplätzen präsentieren müsste. Ein gesunder Schlag ins Gesicht quasi. Und einer, der für Kristofer Aströms Verhältnisse relativ lange gedauert hat.

Zwei Jahre Arbeitszeit für ein Album? Sicher nicht gewöhnlich für ihn. „Das stimmt“, meint er lächelnd und blickt zurück. „Der Produzent und ich begannen bereits 2007, während der Aufnahmen des Vorgänger Albums „The Rainway Town“, mit den ersten Arbeiten und Aufnahmen zu „Sinkadus“. Eines Nachts saßen wir in einer Bar und ich sprach mit ihm darüber, wie ich mir das nächste Album vorstellen würde. Wir entwickelten erste Ideen und ließen das kommende Album praktisch nebenbei entstehen. Das mag irgendwie verrückt sein, aber nun, zwei Jahre später, klingt „Sinkadus“ genauso, wie wir das geplant hatten“. Für den Interessierten heisst das: „Sinkadus“ ist rockig ohne kommerziell zu sein. Es hat intensive Momente ohne in die üblichen balladesken Pfade des Songwritertums abzudriften. Und jeder Song birgt Überraschendes. Mal sind es Gastsängerinnen, dann brummende Gitarren, die sich so erst mal nicht einfügen wollen. Aber im Endeffekt passt das schon.

Wie beurteilt Kristofer Aström nun das zweijährige Arbeiten? Neue Erfahrung oder einmaliges Experiment? „Es war natürlich eine neue Erfahrung. Normalerweise gehe ich mit einer Band ins Studio und nehme zwei Wochen am Stück auf. Dieses Mal waren die Studioaufenthalte verteilt. Mal zwei Tage, manchmal fünf Tage. Und viele Pausen. Für mich war das eine schwierige Vorgehensweise. Dennoch bin ich überzeugt, dass es den Aufwand wert war“. Nicht zu vergessen: Kristofer Aström befand sich zur damaligen Zeit noch in einem parallelen Arbeitsprozess zur Vorgängerplatte (siehe oben). Schon ein nicht alltäglicher Prozess. „In der Tat“, meint Kristofer Aström, „und sicher verrückt, aber ganz ehrlich: Man muss den anderen immer einen Schritt voraus sein. Ich sitze ja momentan auch nicht rum und warte, was passiert, sondern arbeite bereits am nächsten Album. Das ist meine Art zu arbeiten. Anders geht es nicht“. Wobei er irgendwie zähneknirschend anfügt: „Schlimm ist dieses synchrone Arbeiten nur, wenn man eine Album fertig hat und es live vorstellt. Eigentlich möchte man lieber die Songs spielen, die man gerade für das kommende Album geschrieben und im Kopf hat. Geht aber nicht“.

Zurück zur Platte. Seinem achten richtigen Album, wie er nach kurzem Zählen berichtigt. Wie erklärt er sich überhaupt seinen Veröffentlichungsdrang? „Ich denke da nicht viel drüber nach. So lange die Ideen aus mir herausströmen, so lange möchte ich mit diesem Strom mitschwimmen. Es werden sicher Zeiten kommen, in denen ich keine Idee oder Inspiration habe. Deshalb möchte ich die Zeit nutzen“. Hat er Angst vor diesem Tag? „Eigentlich nicht“, entgegnet er nachdenklich, „denn ich hatte bereits Tage und Monate, in denen es nicht so lief. Einmal habe ich vier Monate nichts hinbekommen. Wobei ich nicht verzweifelt war oder von einer Schreibblockade sprechen möchte. Man darf einfach nicht in Panik verfallen, muss Geduld haben und warten können“.

Kristofer Aström scheint diesen langen Atem zu haben. Die Songs auf „Sinkadus“ sind der Beweis. Und damit einhergehend, eine ziemlich relaxte, fast nonchalante Produktion: Sehr kompakt, sehr dicht. Im Fokus Stimme und knackige Arrangements. Eigentlich antizyklisch zum gegenwärtigen Trend, die Produktionen in die Breite zu ziehen. „Das sehe ich genauso“, stimmt er zu, „aber um das zu erklären, muss ich noch mal auf die eingangs erwähnte Nacht in der Bar zurückkommen. Als wir da redeten, der Produzent und ich, war das schon ein Ziel. Das Album sollte aufregend, dicht und mysteriös klingen. Einen großen Anteil daran hat mein Produzent, der meine Vorstellungen exakt umsetzen kann. Und er hat diesmal sehr gute Arbeit abgeliefert“. Diese Feststellung sei ungeteilter Schlusssatz. Mit einer kleinen Anmerkung. Wem die herkömmliche Songwritersuppe eher weniger bekommt, dem darf man Kristofer Aström anpreisen. Ein alter Hase, der erstaunlich frisch geblieben ist.

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