Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet. Mit dem Kulturinformationszentrum stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten im Netz. An dieser Stelle können Fragen gestellt, Informationen verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur Darstellung gebracht werden.
Jazz-Maschine
Am 18. Mai starb der US-amerikanische Schlagzeuger Elvin Jones. Jones wird der Satz zugeschrieben, die Leute hätten nie verstanden, dass das Schlagzeug ein musikalisches Instrument sei. Dass sich der Schlagzeuger im Jazz seit vielen Jahrzehnten schon aus seiner dienenden Rolle eines time keepers emanzipiert hat, ist in großem Maße ein Verdienst von Elvin Ray Jones. Am 9. September 1927 als jüngstes von zehn Kindern geboren, wuchs er in eine musikalische Familie hinein. Sein Bruder Thad (gest. 1986) war später Leiter der renommierten Thad Jones/Mel Lewis Big Band, sein Bruder Hank, ist noch heute ein international tätiger Pianist. Jones war Autodidakt und begann seine Karriere als Hausdrummer eines lokalen Nachtclubs. Bald spielte er mit allen Größen seiner Zeit, darunter Charles Mingus, Bud Powell, Miles Davis, später Duke Ellington. Entscheidend für ihn sollte seine Begegnung mit John Coltrane werden. Lange Jahre war er Schlagzeuger in Coltranes Quartett, zu hören ist er unter anderem auf der legendären Aufnahme „A love supreme“. In den 80er-Jahren etablierte Elvin Jones seine Gruppe Jazz Machine, die wiederum für zahlreiche junge Talente ein Karrieresprungbrett wurde: bei Jones spielten Joshua Redman, Nicholas Payton, Delfeayo Marsalis und Ravi Coltrane, der Sohn John Coltranes. ak
Barney Kessel
Barney Kessel ist im Alter von 80 Jahren gestorben. Kessel erlag am 7. Mai 2004 in seinem Haus in San Diego einem Gehirntumor. Kessels Karriere, die ihn mit berühmten Kollegen wie Billie Holiday, Charlie Parker und Art Tatum zusammenführte, endete 1992, als er einen Gehirnschlag erlitt. In den 60er-Jahren war Kessel einer der bekanntesten Jazz-Gitarristen und in seiner Branche einer der Musiker mit den meisten Plattenaufnahmen. Geboren am 17. Oktober 1923 begann Kessel seine professionelle Musikerkarriere bereits im Alter von 14 Jahren in einem Orchester, in dem er der einzige weiße Musiker war. In den 40er-Jahren entwickelte er unter dem Einfluss von Charlie Christian seinen eigenen Stil.
Großer Musiker, engagierter Lehrer
Der Cellist Boris Pergamenschikow ist in Berlin gestorben
Der Cellist Boris Pergamenschikow ist am 30. April 2004 unerwartet im Alter von fünfundfünfzig Jahren in Berlin gestorben. Der in St. Petersburg geborene Künstler hinterlässt eine noch kaum abschätzbare Lücke im Musikleben: Er war ein ebenso beeindruckender Musiker und Interpret wie auch ein genuiner Lehrer. Seine pädagogischen Qualitäten waren bei uns vor allem bei den Cello-Kursen der Kronberg Academy im gleichnamigen Taunusstädtchen zu beobachten. Pergamenschikow kam drei Jahre, nachdem er 1974 in Moskau den Tschaikowsky-Wettbewerb gewonnen hatte, in den Westen. An der Kölner Musikhochschule folgte er Siegfried Palm nach, in Berlin lehrte er seit 1998 an der Berliner Hochschule für Musik „Hanns Eisler”. Sein Repertoire reichte von Bach über die Romantik bis zur zeitgenössischen Musik. In Berlin etablierte er mit seinen Schülern einen Konzertzyklus, in dem speziell Meisterwerke des 20. Jahrhunderts für Cello aufgeführt wurden. Zur Förderung junger Musiker aus Ost und West gründete er die „European Chamber Music Association”. Zum Gedenken an Boris Pergamenschikow arrangiert die Kronberg Academy für den 10. Juni 2004 ein großes Konzert, bei dem unter anderem der Geiger Christian Tetzlaff, die Bratscherin Tabea Zimmermann, der Cellist Heinrich Schiff und der Pianist Lars Vogt musizieren werden. Auch die Dozenten des sich anschließenden Kammermusikfestivals (bis 20. Juni 2004) beteiligen sich: Gidon Kremer und Yuri Bashmet. gr
Im Gedenken an einen alten Freund
Peter Michael Hamel zum Tod von Ulrich Stranz (1946–2004)
In den frühen Morgenstunden des 27. April verstarb in Zürich der bayerische Komponist und Geiger Ulrich Stranz nach langer schwerer Krankheit kurz vor seinem 58. Geburtstag.
Er hatte bei Fritz Büchtger und Günter Bialas mit dem Autor dieser Zeilen zusammen Komposition studiert, war DAAD- und Villa-Massimo-Stipendiat und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, wie dem Stuttgarter-, Münchner- und Kranichsteiner- sowie mit dem Schneider-, Schott- und dem Bialas-Preis.
In seinem kompositorischen Schaffen stand die Orchester- und Kammermusik im Vordergrund, eine jüngst bei telos erschienene CD mit seinen vier Streichquartetten wurde auch in der nmz sehr positiv besprochen, außerdem ist seine Portrait-CD in der wergo-Reihe „Edition zeitgenössische Musik” des Deutschen Musikrats hörenswert.
Vor allem in den langsamen Sätzen sei Stranz ganz bei sich selbst, schreibt der ältere Kollege und Freund Wilhelm Killmayer im Bärenreiter-Verlagsprospekt: „Träumerisch, innig, selbstvergessen zieht die Musik den Hörer mit Zartheit zu sich...das Dramatische verbindet sich gerne mit einem spielerischen Impetus, das Konstruktive hat Eleganz... Stranz´ Musik: wie jede Musik von Rang ,ist’ sie eher, als dass sie vorführt.”
Ich werde das Lachen, den hintergründigen Humor und die stete Zuversichtlichkeit meines Schul- und Studienkameraden Uli nie vergessen, noch jetzt erklingt in mir der Schlussteil seines letzten Orchesterwerkes „Anstieg – Ausblick”: ein hoch über alles Bisherige sich hinausweitendes Ausatmen und Schweben. Das sollte jetzt (auch) in Münchens Musica Viva erklingen, wo Stranz seine Auftragskomposition (Klavierkonzert für Siegfried Mauser) nun nicht mehr verwirklichen kann.