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Trauer um Hans Huber (1927–2023)

Trauer um Hans Huber (1927–2023). Foto: Juan Martin Koch

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Unerschütterliche Musikalität – zum Tod des Komponisten, Pianisten und Dirigenten Hans Huber

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Ein kompletter Musiker, so heißt es, ist einer, der komponieren, dirigieren und ein Instrument auf hohem Niveau spielen kann. Wenn man noch die Fähigkeit hinzunimmt, in verschiedenen Stilrichtungen gleichermaßen zu Hause zu sein, und die Gabe, sein Wissen und seinen Enthusiasmus auch unterrichtend weiterzugeben, so ist eines sicher: Hans Huber war ein solcher kompletter Musiker.

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Geboren 1927, verlief Hans Hubers musikalische Sozialisation zunächst so, wie man es für einen Regensburger erwartet: Als Domspatz sang er am Stadttheater den Hänsel in Engelbert Humperdincks Märchenoper, an der Kirchenmusikschule entdeckte er noch während der Schulzeit die Schönheit des Gregorianischen Chorals, nach dem Krieg begann er, dem Vorbild seines von 1925 bis 1930 am Regensburger Theater engagierten und später im Konzentrationslager ermordeten Vaters Ernst Pollini folgend, ein Kapellmeisterstudium an der Münchner Musikhochschule.

Dazwischen geschoben hatte sich, während der Kriegsgefangenschaft in Marseille, die Begegnung mit dem Jazz, die ihn fortan nicht minder stark prägen sollte. 1951 spielte Huber die Regensburger Erstaufführung von George Gershwins „Rhapsody in Blue“, etwas später tourte er eineinhalb Jahre lang mit einer Jazzcombo durch Skandinavien. So mischte sich in seiner Musik, etwa in den zehn im ConBrio Verlag erschienenen Klavierpreludes, bisweilen eine vom französischen Impressionismus beeinflusste Klangsprache mit Jazzelementen, während er in Improvisationen am Jazzpiano gerne Anspielungen an klassische Komponisten wie Bach oder Reger einstreute.

Als vielseitiger Komponist und Arrangeur schrieb er Anfang der 1990er Jahre dem damals neu gegründeten Vokalensemble Singer Pur mehrstimmige Versionen von Jazzstandards auf den Leib, die dieses bis heute im Repertoire hat, und lüftete vor acht Jahren gegenüber der Mittelbayerischen Zeitung ein süßes Geheimnis: Die Melodie zur putzigen Kondensmilch-Werbung stammte von ihm – „Nichts geht über Bärenmarke…“

In der Begegnung mit Hans Huber schien immer wieder durch, dass er seine tiefe Liebe zur Musik, etwa von Palestrina oder Wagner, einer schwierigen Lebensgeschichte abtrotzen musste. Obwohl er als uneheliches Kind eines jüdischen Vaters (was er damals noch nicht wusste) beim Auftritt der Domspatzen auf dem Obersalzberg Adolf Hitler vorsingen musste und obwohl er den Missbrauch an Mitschülern und Freunden mitbekam, hat er den Knabenchorgesang von damals immer als den schönsten Klang seines Lebens im Herzen bewahrt und den Musiker Theobald Schrems, seinen damaligen Chorleiter, trotz allem uneingeschränkt bewundert.

„Ich werde fortgehen im Herbst“ – bei der Trauerfeier erklang eines der Lieder nach Gedichten Mascha Kalékos, die Hans Huber im Rahmen eines wunderbaren Zyklus vertont hat. Am Ende des vergangenen Herbstes, am 22. November, ist nun Hans Huber im Alter von 96 Jahren fortgegangen. Die Erinnerung an ihn und seine unerschütterliche Musikalität bleibt.

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