Auch Szenisches findet sich bei ihr nicht, selbst wenn ein Gesangszyklus wie „Der Andreasgarten“ als dramatische Erzählung gelten kann. „Constellations“ entstand 1993 im Auftrag des San Francisco Symphony Orchestra; der Dirigent der Uraufführung war kein Geringerer als Herbert Blomstedt. „Es war klar, dass Ursula diesen Riesenauftrag nutzte, um ihr ganzes Können zu zeigen und ihren kompositorischen Standpunkt ganz deutlich zu machen“, erzählt Hartmut Rohde, Dirigent der Aufführungen in Hamburg und Berlin.
Quasi „in a nutshell“ zeigen sich hier viele Eigenarten ihres Stils: Die Knappheit und Dichte, die sie schon bei Gustav Ernest erwarb: „Schreibe nie eine Note zuviel“ war sein Ratschlag, von dem sie sich zeitweise sogar blockiert fühlte. „Das Komponieren wird dadurch nicht einfacher und geht nicht schneller“ kommentierte sie. Doch unbedingt ist hier jeder Ton am richtigen Platz. Mit einer Fanfare, die in ihrem Intervallaufbau ebenso an „Zarathustra“ von Richard Strauss wie an Schönbergs „Kammersymphonie“ erinnert, verschafft sich Mamlok im ersten der vier Sätze einen großen Auftritt.
Rohde weist darauf hin, dass dieses Pathos im äußerst kurzen zweiten Satz gebrochen wird, mit einer grazioso-Stelle, die den Duktus des kinderliedhaften „Einmal hin, einmal her“ aufgreift. „Oh du lieber Augustin“ aus Schönbergs 2. Streichquartett ist da nicht weit. Insgesamt weisen die „Constellations“ eine „zwölftönige“ Ausdrucksgespanntheit auf, deren Farbigkeit chamäleonhaft wechselt. Postmodernen Strömungen hat sich Mamlok niemals angedient, doch ihre Moderne des späten 20. Jahrhunderts ist alles andere als veraltet.