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Ein gemischter Chor vor historischer Kulisse.

Vor dem Wolfenbütteler Bankhaus Seeliger inmitten der Fußgängerzone war einer der vielen beliebten Plätze beim Open-Air-Singen. Foto: Arbeitskreis Musik in der Jugend/Robin Ritter

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EUROTREFF: frisch, jung, zeitgemäß

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In Wolfenbüttel fand Anfang September die internationale Jugend- und Kinderchorbegegnung statt
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Von 3. bis 7. September lag das Zentrum internationaler Kinder- und Jugendchorbegegnung im niedersächsischen Wolfenbüttel: Zum 21. Mal veranstaltete der Arbeitskreis Musik in der Jugend den EUROTREFF – internationales Festival für junge Chöre. Mein Fazit vorweg: Wer Kinder- und Jugendchorarbeit liebt, muss dieses Festival einmal erlebt haben!

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Mit der zarten Wärme spätsommerlicher Sonnenstrahlen erwachte die Wolfenbütteler Fußgängerzone. Gegen 9 Uhr misch­ten sich allmählich Kinder- und Jugendliche in bunten Chor-Outfits zu den Flanierenden Wolfenbüttels. An drei Orten der Innenstadt erklang plötzlich Chormusik vom Feinsten: Von internationalen Volksliedern und Pop-Arrangements bis zu Gospel und geistlicher Musik war für jeden Geschmack etwas dabei. Die Chorkonzerte in der Fußgängerzone am Samstagvormittag waren definitiv mein persönliches Highlight des EUROTREFFs. Denn hier kam zusammen, was in unserer Gesellschaft viel zu selten zusammenfindet: die Stadtbevölkerung mit den internationalen Gästen des Festivals; Jung und Alt, Kinderwägen neben Rollatoren und Rollstühlen, Menschen mit Einkaufstüten und Fahrrädern zwischen singenden Kindern und Jugendlichen. Spaziergänger, die nicht geplant haben, auf ein Konzert zu gehen, dann reinstolpern und freudig verweilen zwischen Chören in traditioneller Kleidung ihrer Herkunftsländer. E-Pianos vor Schaufenstern, Cajóns neben ausgestellten Kleiderstangen. Die Wolfenbütteler, die freiwillig oder unfreiwillig zum Publikum wurden, sangen und klatschten mit, häufig zu Tränen gerührt.

Auf diese Weise verwandelt sich alle zwei Jahre die beschaulich-idyllische Kulisse Wolfenbüttels zur Bühne internationaler Kinder- und Jugendchöre. Dieses Jahr trafen insgesamt 500 junge Menschen aus acht Nationen aufeinander. Darunter waren Chöre aus Tschechien, Polen, Deutschland, Litauen, Italien, Bulgarien, Griechenland und Südkorea.

Während des fünftägigen Festivals begegneten sich die jungen Sänger:­innen zwischen acht und 26 Jahren durch das gemeinsame Singen und Musizieren auf außergewöhnliche Weise. Alle angereisten Chöre gestalteten gemeinsam das Eröffnungskonzert mit eigenem Programm. Bei Begegnungskonzerten in den Folgetagen gestalteten jeweils zwei Chöre in den schönen Kirchen Wolfenbüttels und Umgebung einen Konzertabend. Auch für die Jüngsten gab es Konzerte: an einem Vormittag besuchten die Chöre Grundschulen in Wolfenbüttel, sodass auch die SchülerInnen in den Genuss der Chormusik kamen.

So sammelten die Sänger:innen Konzerterfahrung abseits ihrer gewohnten Umgebung, lernten Kinder vor Ort kennen und schlossen ganz nebenbei internationale Freundschaften.

Herzstück des Festivals waren wie jedes Mal die Atelierproben. Dort erarbeiteten die jungen Chorbegeisterten mit international renommierten Atelier­lei­ter­:innen neues Repertoire. Dabei wurden angereiste Chöre in Kinderchor-, Mädchenchor- und Jugendchor­ateliers aufgeteilt. So bekamen die Sänger:innen die einmalige Gelegenheit, die Kinder und Jugendlichen anderer angereister Chöre, neue Chormusik und innovative Probenarbeit kennenzulernen. Auch zu diesem EUROTREFF wurden wieder hochkarätige Atelierleiter:innen aus dem In- und Ausland eingeladen. Dieses Jahr waren es Merel Martens (NL), Johannes Dewilde (BE), Joachim Geibel (DE), Maria Emma Meligopoulou (GR), Vivianne Sydnes (NR) und Erik Sohn (DE). Mit ihren sehr unterschiedlichen künstlerischen Profilen und Arbeitsweisen bildeten sie die Bandbreite aktueller Kinder- und Jugendchorarbeit vielfältig ab.

Wer – wie der AMJ – großformatige, internationale Kinder- und Jugendchorbegegnung zukunftsfähig machen will, darf aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen nicht außen vor lassen. Da sich der AMJ nicht nur bewährter Tradition, sondern auch zeitgemäßer Innovation verpflichtet, gab es im diesjährigen EUROTREFF eine Reihe an Neuerungen im Bereich Umweltschutz. Durch die Vergabe plastikfreier, wiederverwendbarer Trinkflaschen, war der EUROTREFF dieses Jahr zum ers­ten Mal ein quasi Plastikbecher-freies Festival. Alle Atelierorte waren in fußläufiger Nähe. Zudem stellte der AMJ zum ersten Mal allen Teilnehmenden Busshuttles zur Verfügung, was den anreisenden Chören eine umweltfreundliche Anreise (z.B. per Bahn) ermög­lichte. Während in den letzten Jahren für jedes Konzert eigene Programmhefte gedruckt wurden, gab es in diesem Jahr nur ein Programmheft mit allen Veranstaltungen des gesamten Festivals.

Neuerungen gab es auch im Bereich Jugendschutz, Prävention und Partizipation. Der AMJ stellte allen Teilnehmenden ein Video zum Umgang miteinander während des Festivals zur Verfügung. Die Kinder und Jugendlichen beteiligten sich während des Festivals an einer Umfrage, wie das Miteinander in internationalen Kontexten verbessert werden kann. Die Ergebnisse wurden an sichtbaren Orten des Festivals ausgehängt und werden in die laufende Schutzkonzeptentwicklung des AMJ einfließen. Darüber hinaus werden die Ergebnisse der Umfrage bei der zukünftigen Umsetzung von Veranstaltungen berücksichtigt. Alle Helfenden erhielten einen verpflichtenden Verhaltenskodex sowie eine Präventionsschulung zum Umgang mit den Kindern und Jugendlichen. Was die vielschichtige Begegnung mit neuer Musik, neuer Probenarbeit und neuen Kulturen und Menschen mit den jungen Sängerinnen und Sängern machte, sah man spätestens am Höhepunkt des Festivals: dem Abschlusskonzert. Das fand dieses Jahr in der vollbesetzten Lindenhalle Wolfenbüttels statt. Jereon Schrijner führte locker durch den fulminanten Konzertabend. Zu den anwesenden politischen Größen zählte Prof. Dr. Schachtner (Staatssekretär im niedersächsischen Ministerium für Kultur und Wissenschaft), der sich mit einer auf den Punkt gebrachten Rede von den jungen Musizierenden beeindruckt zeigte. Der Müdigkeit von der intensiven Woche zum Trotz präsentierten die Kinder und Jugendlichen gemeinsam mit den Atelierleitenden ein dieses Jahr besonders hochwertiges und gut zusammengestelltes Programm mit größter Musikalität und Motivation. Ein wahrer Genuss!

Der nächste EUROTREFF findet von 8. bis 12. September 2027 statt, mehr unter www.eurotreff-amj.de

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