„Antennenglühn“ des Landesverbandes Bayern im Deutschen Komponist-innenverband und seines Fördervereins fand am 28. September 2024 zum zweiten Mal in München statt, diesmal als „Tag der Neuen Musik“ im Schwere Reiter. Dieser Raum hat sich als Spielstätte für zeitgenössische Musik der freien Szene etabliert, auch Dank der Tatkraft von Christiane Böhnke-Geisse von scope. Das Organisationsteam mit Marco Hertenstein, Dorothea Hofmann, Johannes X. Schachtner und Alexander Strauch konnte aus einem Call-for-Scores für die Münchner und bayerischen Mitglieder des Landesverbandes 33 Werke auswählen. Die beim Bayerischen Rundfunk tätige Moderatorin Judith Rubatscher führte durch das Programm.
33 Werke als Antwort auf Call for Scores
Es begann mit vierhändigen Klavierduos der Jugendakademie der Musikhochschule der Klasse von Kristina und Martina Bauer. Die jugendlichen Duos mit Taisiia Kasiaenko/Mariia Suprun, Daniela Pan/Konstantin Kauschus und Firmian Trost/Fruszina Lugosi spielten Werke von Henrik Ajax, Marco Hertenstein, Dorothea Hofmann, Josef Irgmaier und Meinrad Schmitt. Jedes Werk stellte seine eigenen Anforderungen an die Jugendlichen und sie alle wurden von den drei Duos hervorragend gemeistert.
Der neuseeländisch-augsburgische Cello-Professor Edward King spielte mit ausdrucksvollem Ton und hoher Kompetenz Werke von Max Beckschäfer, Klaus Hinrich Stahmer, Abigél Varga und Seonjin Yun. Die jüngste Komponistin hier war Sophie Reich, sehr selbstbewusst „Verlorene Ruhe“. Den experimentellen Kontrapunkt setzte Adrian Nagel mit fünfminütigem Bogenknacken, das der King mit ruhiger Hand interpretierte.
Das TrioCoriolis mit Thomas Hofer (Violine), Klaus-Peter Werani (Viola) und Hanno Simons (Cello) ließ kontrastreich fünf Werke aufeinanderstoßen. Die Trios von Minas Borboudakis (Cinq cartes postales autobiographique) und Alexander Strauch (4-9-13 Gruppetto) arbeiteten mit spektralen Strukturen und Geräuscheffekten. Enjott Schneider erinnerte mit „Our Hope is Blue and Green“ an chinesische Streicherzartheit.
Tobias PM Schneids 2. Streichtrio (Pas de trois/Dialogue de trois) wirbelte virtuos durch den Saal, den Schlusspunkt setzte Florian Willeitners jazziges „Back on Earth“ (Streichtrio Nr. 1) mit Kontrapunkt, Mikrotönen und Rhythmik. Das Publikum kam in der darauf folgenden längeren Pause im Foyer mit den Künstlerinnen und Künstlern ungezwungen ins Gespräch. Antennenglühn ist eine ähnliche Initiative wie die Weimarer Frühlingstage für zeitgenössische Musik des Thüringer Landesverbandes, die dieses Jahr im Mai von Schülerkonzert über Ensemblekonzerte bis zu Kompositionswettbewerben für Akusmatik und Orchester reichten. Somit zeigt sich ein Bild großer Diversität in den Landesverbänden, wobei Antennenglühn alle zwei oder drei Jahre stattfinden soll und Ausschau hält, was an bemerkenswerten Werken in der Zeit in Bayern geschaffen und gespielt wurde, um es gebündelt zu präsentieren.
Das bereits mit Preisen der Stadt München ausgezeichnete Blechbläserquartett „Tetra Brass“ mit Aljoscha Zierow und Luca Chiché (Trompeten) sowie Christian Traute und Jakob Grimm (Posaunen) begann mit „Nicht Fallen“ von Markus Lehmann-Horn, eine Art Suche nach Halt. Torbjørn H. Arnesens „Arkaisk“ war erfrischend leichtfüßig, genauso Robert Delanoffs „Souvenirs de 1961“. Josef A. Ramsauers „Herz und Kreis“ setzte dem eine verhaltene Innenschau entgegen. Óscar Mosqueras „Difference and Repetition“ fuhr Elektronik auf, was das Quartett hier wie eine Combo mit interessanten Verfremdungen am Stückende wirken ließ.
Zum Schluss erlebte man in Klavierliedern Camilla Saba Davies (Sopran), Linus Mödl (Bariton) und Rudi Spring (Pianist/Komponist). Die vertonten Texte gingen von Hölderlin, Heine, Eichendorff über Hesse bis zu fränkischer Mundart in zwei Liedern aus „Kanne Blumma“ von Stefan Hippe und eigenen Texten der Komponierenden. Es begann quasi-religiös mit Heinrich Hartls „Stufen“. Bernhard Plechingers „Das Geheimnis der Harmonie“ schlug einen lockeren Ton wie Yann Windeshausen („Stille Winterstraße“ nach Ringelnatz). Horst Lohse („Pandora ist tot“), Rudi Spring („Schicksallos“ und „Frühlingsahnung II“), Uwe Strübing, Ines Lütge („Lass die heil’gen Parabolen“) und Narine Khachatryan („Sterne mit den goldnen Füßchen“) schlugen ernstere Töne an. Moritz Eggert traf mit „Moritat des Winters“ voll jetzige Sorgen der Gesellschaft. Johannes X. Schachtner ließ in der experimentellen Anordnung der „Nebenwege“ Saba Davies mit sich selbst via vorab aufgenommener Stimme im Duett singen.
- Share by mail
Share on