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Blockflöten für alle Grundschüler Hessens – das Positionspapier

Vorspann / Teaser

Die neue hessische Landesregierung möchte mit einem Blockflötenprojekt mehr praktische Musik in die hessischen Grundschulen bringen: Die Grundschüler sollen von ihren LehrerInnen im Klassenverband die ersten Flötentöne beigebracht und die Instrumente gestellt bekommen. Die Lehrkräfte bekommen für dieses neue Unterrichtsfeld Unterrichtsmaterialien zur Verfügung gestellt. Kann so das Ziel, Kindern aller Gesellschaftsschichten praktische Musikausübung zu ermöglichen und Begeisterung für das Musizieren zu erwecken, gelingen? Der DTKV-Hessen hat sich dieser Frage gestellt und ein Positionspapier erarbeitet:

Publikationsdatum
Paragraphs
Text

Die Einleitung stammt von Ute-Gabriela Schneppat. Die Urheberschafft des folgenden Textes stammt vom DTKV Hessen.

Wir begrüßen das Engagement der neuen Hessischen Landesregierung (HLR) für die musikalische Bildung, wie im Koalitionsvertrag (KV) bekundet. Das auf Seite 14 aufgeführte Blockflötenprojekt für Grundschulklassen tangiert besonders unsere qualifizierten Mitglieder des Hessischen Tonkünstlerverbandes. Die durch Hochschulstudium und langjährige Praxis erworbene Expertise unserer Mitglieder sollten aus unserer Sicht in die Umsetzung der beabsichtigten Ziele miteinfließen. 

Die Vermittlung der erforderlichen Atem-, Zungen- und Fingertechnik bei simultanem Notenlesen ist eine höchst anspruchsvolle musikpädagogische Leistung, die von Grundschullehrkräften nicht übernommen werden kann. Dem von der Presse aufgegriffenen Kritikpunkt, dass das Blockflötenspiel in größeren Gruppen den Kindern die Freude am Musizieren nimmt, kann somit bei einem professionell gestalteten Unterricht mit der pädagogischen Unterstützung der jeweiligen Lehrkraft entgegengewirkt werden. Dies gilt insbesondere bei einer Doppelsteckung von qualifizierter Blockflöten-Lehrkraft mit der Klassenlehrkraft.

Durch viele Erfahrungswerte haben Mitglieder unseres Verbandes als weitere Erfolgsbedingungen für ein solches Projekt benannt:
• maximale Gruppengröße: Angaben variieren zwischen 4 und 6 Schülerinnen und Schülern (SuS) 
• einheitliche Blockflöten desselben Fabrikats, entweder komplett aus Kunststoff oder in Kombination aus Kunststoff-Kopf mit Holz
• Kostenpunkt für vertretbare Instrumente ab zirka 35 Euro (inkl. Doppelbohrungen)
• Platzbedarf Minimum 5 Quadratmeter pro Person unter anderem bedingt durch Notenständer
• weicher Fußbodenbelag zur Verminderung des Bruch-Risikos
• Abdämpfung durch Stoffe an den Wänden zur Vermeidung schriller Überakustik 

Da die wenigsten Grundschulen das Glück haben werden, mit einer qualifizierten Blockflöten-Lehrkraft zusammen zu arbeiten, halten wir es für sinnvoller, jeder Schule einen Zusatzetat für musikalische Förderung zur Verfügung zu stellen, gegebenenfalls als Weiterentwicklung des Förderprogramms „Löwenstark – Der Bildungskick“. So wird es möglich, das Projekt auf die Fähigkeiten der Schülerschaft, auf die Kompetenzen der Schulkollegien sowie auf die vorhandenen externen Fachkräfte vor Ort abzustimmen. Auch die Einbeziehung von Programmen wie JEKISS, JeKits und Primacanta stellt einen sinnvollen Ansatz dar.

Wir warnen ausdrücklich davor, Grundschul-Lehrkräften mit ungenügender Kompetenz ein Blockflöten-Projekt aufzuhalsen, mit dem sie in den meisten Fällen musikalisch und musikpädagogisch völlig überfordert sind. Die erforderliche Atem-, Zungen- und Fingertechnik ist auch in früheren Zeiten bei diesem Blasinstrument erheblich unterschätzt worden.

Wir möchten aber auch dazu ermutigen, in diese Richtung weiter zu denken, da hessische SuS im Grundschulalter aktuell gerne aktiv musizieren, eine hohe Affinität zum Instrumentalspiel an den Tag legen und durch diese Motivation die beabsichtigten Projektziele erreicht werden können. In diesen Punkten trifft das Ansinnen der HLR den Nerv der Zeit. Gerne unterstützen wir das Musizier-Projekt weiter und stehen für Rückfragen zur Verfügung.  

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