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Gerichtlich geklärt

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Privater Einzelunterricht in Präsenzform nicht verboten
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Der Tonkünstlerverband Baden-Würt­temberg hat sich am 12. April 2021 mit einem Eilantrag an das Verwaltungsgericht Stuttgart gewandt, um klären zu lassen, inwieweit Regelungen, die in „FAQ’s“ eines Ministeriums stehen, Recht setzend sind.

Unser Eilantrag, dass eine Aussage, die das Ministerium auf seiner Webseite veröffentlicht, gelöscht werden müsse, wurde mit der Begründung abgewiesen, dass in „FAQ’s“ bloße Hinweise ohne eigenständige Regelungswirkung stehen. Der Beschluss enthält also wertvolle Aussagen, die für das eigenverantwortliche Handeln unserer Mitglieder wichtig sind.
Der Beschluss ging am 10. Mai 2021 bei uns ein.

Wenn es um die Maßnahmen geht, die in Corona-Verordnungen festgehalten sind, werden soloselbstständige Musiklehrer:innen unter den für Musikschulen geltenden Bestimmungen „subsumiert“. Obwohl wir durch mannigfaltige Information durch unsere Mitglieder wissen, dass Präsenzunterricht unabhängig von der Inzidenzlage stattfindet, waren wir es unseren Mitgliedern schuldig, eine gerichtliche Klärung herbeizuführen. Wie jetzt im Beschluss des Verwaltungsgerichts bestätigt wurde, ist der private Einzelunterricht in Präsenzform nach wie vor erlaubt.

Von einem Verbot des Einzelunterrichts in Präsenzform (egal bei welcher Inzidenz) ist in der Corona-Verordnung Baden-Württembergs an keiner Stelle die Rede. Lediglich in „FAQ’s“ des Kultusministeriums, in denen der Musikunterricht durch Soloselbstständige unter dem Begriff der Musikschule „subsumiert“ wird, ist vom Verbot desselben die Rede.

Deshalb kann auch der „Verstoß“ gegen sogenannte „FAQ’s“ keine Sanktionen nach sich ziehen (ist in Baden-Württemberg nach unserer Kenntnis auch nie passiert).

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart begründet die Unzulässigkeit des Eilantrags unter anderem damit, dass es sich bei FAQ’s um (Zitat aus dem Beschluss) „einen bloßen Hinweis, welcher keine eigenständige rechtsverbindliche Regelung enthält“, handelt. Kurz gesagt: Es gilt die Verordnung, nicht aber das, was in FAQ’s steht. Genau diese Aussage ermöglicht den privaten Musikunterricht in Präsenzform.

Wir wollen trotzdem unseren Mitgliedern den Beschluss des Stuttgarter Verwaltungsgerichts nicht vorenthalten und zitieren ihn hier in Teilen:

„Die Antragstellerin – eine selbstständige Gesangslehrerin aus Baden-Baden – wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen einen rechtlichen Hinweis auf der Internetpräsenz des Antragsgegners, wonach auch für soloselbstständige Musiklehrer im Falle einer 7-Tages-lnzidenz von mehr als 100 Neuinfektionen mit dem Coronavirus je 100.000 Einwohnern unterrichtende Tätigkeiten nur in Form des Onlineunterrichts zulässig ist.

Mit Schreiben vom 6. April 2021 habe sie den Antragsgegner dazu aufgefordert, den streitbefangenen Hinweis bis zum 9. April 2021 von seiner Internetplattform zu entfernen. Dem sei der Antragsgegner nicht nachgekommen. Die Antragstellerin ist im Wesentlichen der Auffassung, der Hinweis auf der Internetpräsenz des Antragsgegners sei fehlerhaft. Zwar regele § 20 Abs. 5 Nr. 7 CoronaVO a. F (dies entspricht dem § 20 Abs. 5 Nr. 2 CoronaVO n, F. ), dass abweichend von § 13 Abs. 1 Nr. 4 CoronaVO der Betrieb von Musik-, Kunst- und Jugendkunstschulen nur im Rahmen des Onlineunterrichts zulässig sei. Ein Soloselbstständiger, der Einzelunterricht erteile, sei jedoch nicht unter den Begriff der Musikschule zu subsumieren.

Denn unter dem Begriff Schule sei eine Lehranstalt zu verstehen, in der gleichzeitig mehreren Schülern etwas vermittelt werde bzw. werden könne. Ein weites Verständnis des Begriffs ‚Schule‘, würde jedenfalls gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen, denn nach den weiteren Hinweisen des Antragsgegners auf dessen Internetpräsenz heiße es außerdem, dass Fotografen, Videografen und Tonstudios u.ä. weiterarbeiten könnten. Ein rechtfertigender Grund für die unterschiedliche Handhabung von Tonstudios zu Musikschulen sei nicht ansatzweise ersichtlich. Von der Antragstellerin werde deshalb vorsorglich auch die sie betreffende zugrundeliegende Regelung aus der Corona-Verordnung inzident angegriffen. Einen Normenkontrollantrag nach §47-VwGO stelle sie hingegen ausdrücklich nicht, da nach ihrer Auffassung ihr Einzelunterricht als Soloselbstständige bereits nicht unter die Norm des § 20 Abs. 5 Nr, 7 CoronaVO a, F. (bzw. § 20 Abs. 5 Nr. 2 CoronaVO n. F.) zu subsumieren sei. Die Antragstellerin stelle den vorliegenden Antrag auch im Interesse der Mitglieder des Tonkünstlerverbandes Baden-Württemberg e.V., dessen Vorstandsmitglied sie sei, Es handele sich dabei um den Berufsverband für Musiker und Musiklehrer, für lehrende und ausführende Musiker. Sie sei zudem Präsidiumsmitglied des Landesmusikrates Baden-Württemberg.

Die Antragstellerin beantragt wörtlich, dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, den auf der Internetplattform https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/aktuelle-infos-zu-corona/f… veröffentlichten Hinweis zu erteilen, dass bei einer 7-Tages-lnzidenz von mehr als 100 Neuinfektionen mit dem Coronavirus je 100.000 Einwohner, soloselbstständigen Musiklehrern nur der Onlineunterricht erlaubt ist.

Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

II.
Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist zwar statthaft (dazu 1.), jedoch im Übrigen unzulässig (dazu 2.).
1. Der Antrag ist als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO statthaft. Er ist nicht subsidiär gegenüber einem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines noch zu erhebenden Widerspruchs gegen einen Verwaltungsakt (vgl. §§ 123 Abs. 5, 80 Abs. 5 VwGO). Denn der streitgegenständliche Hinweis auf der Internetpräsenz des Antragsgegners stellt mangels eigenständiger Regelungswirkung keinen Verwaltungsakt dar, sondern weist lediglich auf die in § 20 Abs. 5 Nr. 2 CoronaVO geregelten Rechtsfolgen hin (zur Abgrenzung von Verwaltungsakten und bloßen Hinweisen vgl. Schenke, in; Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 26. Aufl. 2020. Anh. § 42, Rn. 27)…

2. Der danach statthafte Antrag ist jedoch im Übrigen unzulässig.

Der Antragstellerin fehlt bereits die gem. § 42 Abs. 2 VwGO entsprechend erforderliche Antragsbefugnis. Denn ihr Antrag richtet sich gegen einen bloßen Hinweis, welcher keine eigenständige rechtsverbindliche Regelung enthält. Es besteht grundsätzlich kein Rechtsschutz gegenüber bloßen rechtlichen Hinweisen ohne eigenen Regelungscharakter (vgl. Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, § 42 Rn, 23a m. w. N.).

Soweit die Antragstellerin vorträgt, dass aufgrund des Hinweises des Antragsgegners bei vielen Soloselbstständigen existenzbedrohende Umsatzeinbußen zu verzeichnen wären und sie deshalb den Antrag gerade auch im Interesse der Mitglieder des Tonkünstlerverbandes Baden-Württemberg e.V. geltend mache, dessen Vorstandsmitglied sie sei, beruft sie sich gerade nicht auf die Verletzung eigener Rechte. Vielmehr versucht sie mit ihrem Antrag im Ergebnis eine gerichtliche Auslegung der Vorschrift des § 20 Abs. 5 Nr. 2 CoronaVO bezogen auf alle soloselbstständigen Musiklehrer in Baden-Würt­temberg zu erreichen. Ihr geht es damit gerade nicht um die Durchsetzung eigener Rechte, Vielmehr stellt sich ihr Begehren insoweit als ein nach der Verwaltungsgerichtsordnung grundsätzlich unzulässiger Popularantrag dar (vgl. dazu Kopp/Schenke, a.a.0., Rn. 59 m. w. N.). …“ (Zitat Ende)

 

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