2015 schloss der Verband deutscher Musikschulen (VdM) einen Gesamtvertrag mit der VG Musikedition ab, der den Musikschulen ermöglicht, im Rahmen des Unterrichts und für Aufführungen in begrenztem Umfang urheberrechtlich geschütztes Notenmaterial legal zu vervielfältigen. Der Bundesverband der freien Musikschulen (bdfm) zog ein Jahr später nach und was den Musikschulen recht ist, sollte auch freiberuflichen Musikpädagoginnen und -pädagogen billig sein! Für diese konnte die VG Musikedition damals kein entsprechendes Angebot unterbreiten. Nun hat die VG Musikedition ein Modell ausgearbeitet, das den ursprünglichen Vorstellungen des Deutschen Tonkünstlerverbands (DTKV) entspricht. Am 1. Mai dieses Jahres ist der Gesamtvertrag DTKV – VG Musikedition in Kraft getreten, der die freiberuflichen Musikpädagoginnen und -pädagogen den Musikschulen in diesem Bereich gleichstellt, ebenso wie die privaten Musikinstitute und Musikschulen, die im Tonkünstlerverband organisiert sind. Für Mitglieder des DTKV gilt ein Vertragsnachlass von 20 Prozent.
Was ist erlaubt?
Im Rahmen eines Vertrags, den die Musikpädagogin/der Musikpädagoge mit der VG Musikedition perönlich abschließen muss, dürfen für den eigenen Unterricht urheberrechtlich geschützte Werke und Ausgaben mit einer Spieldauer bis zu fünf Minuten vollständig von einer originalen Vorlage fotografisch oder digital vervielfältigt und gespeichert werden, von umfangreicheren Werken und Ausgaben maximal 20 Prozent. Das entspricht der Praxis, den Unterricht individuell mit passenden Stücken aus unterschiedlichen Schulen und Sammelbänden zu gestalten oder Stimmen für das Ensemblemusizieren zu verteilen. Diese Vervielfältigungen dürfen dann auch für öffentliche Auftritte oder Wettbewerbe genutzt werden. Die Anzahl der Vervielfältigungsstücke ist nicht begrenzt, eine Weitergabe an Dritte jedoch nicht gestattet.
Was kostet es?
Für je fünf Schüler*innen kostet die Lizenz nach derzeitigem Tarif 82,30 Euro jährlich. Das ergibt abzüglich 20 Prozent Vertragsnachlass plus 7 Prozent Mehrwertsteuer ab drei Schüler*innen eine Größenordnung von je 1,17 bis 1,96 Euro. Der Betrag ist steuerlich abzugsfähig und lässt sich auch in eine angemessene Honorarerhöhung integrieren, so dass auf die Pädagog*innen letztlich keine Mehrkosten zukommen. Als Gewinn steht die rechtliche Sicherheit dafür sowie eine Vergütung der Urheber geistigen Eigentums.
Was ist die VG Musikedition?
Die VG Musikedition ist eine von derzeit dreizehn Verwertungsgesellschaften in Deutschland, deren primäre Aufgabe in der kollektiven Wahrnehmung von Urheberrechten liegen. Zu diesem Zweck schließen sie mit Urhebern und Leistungsschutzberechtigten Berechtigungsverträge ab. Die Rechte und Ansprüche nimmt die jeweils zuständige Verwertungsgesellschaft für ihre Vertragspartner treuhänderisch wahr. Die Verwertungsgesellschaften stehen unter der Aufsicht des Deutschen Patent- und Markenamtes. Verwertungsgesellschaften arbeiten nicht gewinnbringend, d.h. sie verteilen sämtliche Einnahmen nach Abzug der tatsächlichen Kosten an die Rechteinhaber. Bei der VG Musikedition wurden in 2020 rund 92 % der Einnahmen ausgeschüttet. Der rechtliche Rahmen ist im Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG) geregelt.
Die VG Musikedition nimmt für ihre Mitglieder (Musikverlage, Komponisten, Textdichter und musikwissenschaftliche Herausgeber) zahlreiche Urheberrechte und Vergütungsansprüche wahr, unter anderem zahlreiche grafische Vervielfältigungsrechte, Abdruckrechte, gesetzliche Vergütungsansprüche sowie die Rechte an wissenschaftlichen Ausgaben und Erstausgaben. Mit zahlreichen ausländischen Verwertungsgesellschaften bestehen Repräsentationsvereinbarungen.
Am 1. Juli dieses Jahres soll die Urheberrechtsreform nach EU-Recht in Kraft treten. Unter anderem wird hier den Verwertungsgesellschaften die Wahrnehmung aller Rechte, die in ihrem Bereich liegen, eingeräumt, auch die von Urhebern und Leistungsschutzberechtigten (nach Angabe der VG Musikedition weniger als 1 Prozent aller), die bislang nicht von der VG Musikedition vertreten worden sind (Extended Collective Licences, ECL, siehe § 51 VGG-E).
Was ist überhaupt urheberrechtlich geschützt?
Das Urheberrechtsgesetz (UhrG) schützt eindeutig Werke bis zu 70 Jahre nach dem Tod aller beteiligten Autoren (Komponist, Textdichter, Bearbeiter). Hier ist eine Vervielfältigung nur mit Einwilligung der Berechtigten zulässig, die in großer Mehrheit von der VG Musikediton vertreten werden. (Ausnahmen wie abschreiben oder kopieren für ein eigenes Archiv von einem „eigenen Werkstück“ sind nicht praxisrelevant.) Auch Wettbewerbsrechte können für 50 Jahre zur Geltung kommen. „Wissenschaftliche Ausgaben“ und „Editiones principes“ nachgelassener Werke (also Erstausgaben alter Manuskripte) sind 25 Jahre geschützt.
Transparenz
Auch wenn die Kriterien für ein geschütztes Werk klar sind, ist oft nur schwer zu erkennen, ob eine Ausgabe tatsächlich urheberrechtlich geschützt ist. Gerade bei pädagogischer Literatur fehlen häufig die Lebensdaten der Urheber und auch wisssenschaftliche Ausgaben oder Editiones principes werden selten als solche kenntlich gemacht. Stattdessen führen stereotype Copyright-Vermerke und pauschale Hinweise auf ein Kopierverbot zur Verschleierung der rechtichen Situation. Hier wäre eine aufklärende Transparenz seitens der Verlage sehr wünschenswert.
Legale Alternativen
Über legale Download-Portale sind urheberrechtlich geschützte Titel einzeln preisgünstig zu erwerben. Das bekannteste - Notafina - wurde Ende 2020 geschlossen. In der Nachfolge wurde das System von verschiedenen Online-Musikalienhändlern übernommen. Gemeinfreie Literatur darf vervielfältigt werden oder lässt sich kostenlos über verschiedene Plattformen downloaden (imslp) und auch Bibliotheken stellen zunehmend ihre Schätze – soweit nicht urheberrechtlich geschützt – digital ins Netz zum kostenlosen oder preiswerten Download. Diese Ausgaben sind meist vor allem von historischem Interesse, ein zeitgemäßer Urtext ist hier kaum zu finden.
Die bessere Alternative ist in jedem Fall das Spielen aus Originalnoten. Wenn wir den Wert der Musik hochhalten wollen, so wird er bereits durch eine auf dem aktuellen Stand der Editionstechnik aufwendig gestaltete, gut lektorierte Notenausgabe mit ansprechendem Cover, ästhetischem Notenbild und informativem Vorwort repräsentiert. Und die Erfahrung zeigt: Schülerinnen und Schüler spielen deutlich lieber und ernsthafter aus solchen Ausgaben als aus Kopien, die vom Notenständer fallen, einzeln verloren gehen und von Mal zu Mal verknüllter aus dem Rucksack gezogen werden.
Selbstverständlich ist der Erwerb von Notenausgaben finanziell nicht unerheblich und so ist es höchst erfreulich, dass nun mit dem Gesamtvertrag DTKV-VG Musikedition auch für selbständige Musikpädagoginnen und -pädagogen gleich den öffentlichen Musikschulen und privaten Musikinstituten die legale Möglichkeit geschaffen wurde, die ergänzende Literatur, die für eine kreative und spontane Unterrichtsgestaltung unerlässlich ist, unkompliziert zu erstellen.
Der Deutsche Tonkünstlerverband (DTKV) steht ohne Wenn und Aber zum Schutz des geistigen Eigentums und zum deutschen Urheberrecht. So begrüßt es der DTKV ausdrücklich, dass nun ein wichtiges Element der Unterrichtsgestaltung durch den Vertragsabschluss auch im privaten Musikunterricht legal praktiziert werden kann.
Info und Online-Vertragsabschluss:
https://www.vg-musikedition.de/vervielfaeltigungen/private-musikpaedago…