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Neues vom Volksbegehren der Elterninitiative G9-jetzt!

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Jahresmitgliederversammlung des DTKV Köln/Aachen mit dem Gastreferenten Marcus Hohenstein
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Am 17. September fand die diesjährige Jahresmitgliederversammlung des DTKV-Bezirksverbandes Köln/Aachen in Köln-Lövenich statt. Bei den Vorstandswahlen wurde einstimmig abgestimmt. Georg Kugler wurde zum 1. Vorsitzenden wiedergewählt, Lilia Felde-Ritz zur 1. stellvertretenden Vorsitzenden.

Neu im Vorstand sind nun Gesa Biffio als 2. stellvertretende Vorsitzende und Felix Krause als Schatzmeister. Alle nahmen die Wahl an und dankten der bisherigen stellvertretenden Vorsitzenden Claudia Böttcher sowie der scheidenden Schatzmeisterin Regina Merz für die harmonische und konstruktive Zusammenarbeit.

Als Gastreferent war Marcus Hohenstein, Sprecher der Elterninitiative „G9-jetzt“ und Vorsitzender des Vereins „Mehr Zeit für Kindheit und Jugend e. V.“, aus Siegen eingeladen. Als Vater und Studienrat an einem Gymnasium ist er seit Jahren in die Problematik der Schulzeitverkürzung involviert. Seinem Engagement ist es zu verdanken, dass eine große Online-Petition im Jahr 2015 mit über 100.000 Stimmen für die Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums in Nordrhein-Westfalen große Zustimmung erfuhr. Damit konnte die nochmalige Behandlung dieses Themas im NRW-Landtag erwirkt werden.

Im Frühjahr dieses Jahres veröffentlichte die Landeselternschaft der NRWGymnasien eine große Befragung unter rund 55.000 Schulleitern, Lehrern, Eltern und außerschulischen Bildungspartnern zur Haltung gegenüber dem achtjährigen Gymnasium. Marcus Hohenstein erläuterte die wichtigsten Ergebnisse:

  • Über 80 Prozent aller befragten Eltern lehnen das G8 ab.
  • Rund 88 Prozent aller Gymnasiallehrer sprechen sich für eine Rückkehr zu G9 aus.
  • Bei den außerschulischen Bildungsanbietern (Musiklehrer, Musikschulen, Sportvereine, Kirchen etc.) wünschen sogar 96 Prozent das Ende des verkürzten gymnasialen Bildungsgangs.
  • Der sich durch die Schulzeitverkürzung ergebende Nachmittagsunterricht wird mit deutlicher Mehrheit als sehr nachteilig betrachtet. Auch Eltern favorisieren überwiegend den ausschließlichen Vormittagsunterricht in der Sekundarstufe I.

Marcus Hohenstein berichtete von seinen negativen Erfahrungen mit der Schulzeitverkürzung als Lehrer. Da die zweite Fremdsprache im G8 bereits in der Klasse 6 beginnt, sind viele Kinder mit dieser raschen Stoffverdichtung überfordert, was sich zum Beispiel negativ auf das Erlernen der Bruchrechnung im Mathematikunterricht auswirkt. Nach seinen Erfahrungen und denen vieler Kollegen ist das G8 nur von maximal 20 Prozent der Schüler eines Jahrganges problemlos zu bewältigen. Für die große Mehrheit bedeutet es Leistungsstreß und weniger bis keine Freizeit. Die Zahl der Kinder, die psychologisch behandelt werden müssen, hat nicht zufällig in den vergangenen zehn Jahren stark zugenommen.

Es schloss sich eine lebhafte Diskussion an. Musikschulen und freiberufliche Musiklehrer spüren seit Jahren den zunehmenden Druck, der auf vielen Schülern lastet. Stundenpläne sind oft nur mit erheblichem logistischen Aufwand zu realisieren, Instrumentalunterricht mit elfjährigen Kindern abends um 19.30 Uhr oder am Samstag werden immer mehr zur Regel. In NRW haben sich innerhalb der vergangenen sieben Jahre die Teilnehmerzahlen bei den Regionalwettbewerben von Jugend musiziert deutlich nach unten entwickelt, in den meisten Regionen um rund 50 Prozent. Der Hauptgrund für diese unerfreuliche Entwicklung ist in der Schulzeitverkürzung zu finden, die vielen Kindern und Jugendlichen die für eine sorgfältige musikalische Entwicklung so wichtigen Freiräume raubt.

Regierungs- und Oppositionsparteien im NRW-Landtag überbieten sich nun gegenseitig mit immer wieder neuen und fragwürdigen Vorschlägen, das gescheiterte und unbeliebte G8 zu reparieren. Mal soll ein „Flexi-Jahr“ eingeführt werden, dann ist von „individuellen Lernzeiten“ die Rede. Auch ein paralleles Angebot von G8 und G9 ist im Gespräch, wie auch die generelle Freigabe der Entscheidung für jedes einzelne Gymnasium. All diese oder ähnliche Verlautbarungen ignorieren die Ergebnisse der Befragung durch die Landeselternschaft. Die pragmatischste und an der Lebensrealität orientierte Lösung wäre die Rückkehr zum flächendeckenden G9, wie es unlängst das Land Niedersachsen erfolgreich praktiziert hat. Darum haben die Elterninitiative und der Verein „Mehr Zeit für Kindheit und Jugend“ beschlossen, ein Volksbegehren zu initiieren. Zum Zeitpunkt der DTKV-Mitgliederversammlung war der Antrag noch im Prüfungsverfahren durch den Landeswahlleiter. Mittlerweile ist dieser genehmigt und es werden seit Mitte Oktober Unterschriften für die Zulassung des Volksbegehrens „Abitur nach 13 Jahren an Gymnasien: Mehr Zeit für gute Bildung“ gesammelt. Es sind 3.000 Zulassungsunterschriften erforderlich. Am 10. November waren bereits 1.050 Stimmen eingegangen. Damit nach Überprüfung der Zulassungsstimmen möglichst zeitig im Januar 2017 mit dem eigentlichen Volksbegehren begonnen werden kann, haben sich auch aus dem DTKV Köln-Aachen und weiteren Bezirksverbänden in Nordrhein-Westfalen erfreulich viele Mitglieder bereit erklärt, Antragsstimmen zu sammeln.

Eineinhalb Jahrzehnte nach dem sogenannten Pisa-Schock und dadurch resultierten überhasteten Veränderungen in der gesamten Bildungslandschaft zeigt sich überdeutlich, dass aus immer früherer Einschulung und schnellerem, oberflächlicherem Durchlaufen der Schulzeit keine sinnfälligen Ergebnisse resultieren. Universitäten und Hochschulen klagen zunehmend über zu junge und ungereifte Erstsemester und auch aus der Wirtschaft mehren sich die kritischen Stimmen. Es gibt kein einziges pädagogisches Argument für die Verkürzung des gymnasialen Bildungsganges, aber sehr viele gute dagegen.

Für eine solide Ausbildung im Instrumental- und Gesangsunterricht ist Zeit erforderlich, wobei der zwangsweise verordnete schulische Nachmittagsunterricht sehr hinderlich ist. Kinder und Jugendliche brauchen Freiräume, die in Deutschland einzigartigen außerschulischen Bildungs- und Freizeitangebote zu nutzen. „„

Wer die Zulassung des Volksbegehrens noch im Dezember unterstützen möchte, kann sich unter http://www. g9-jetzt-nrw.de/volksbegehren.html informieren und ggf. noch Antragsunterschriften leisten und sammeln.

Der DTKV NRW wird alle weiteren Entwicklungen zu diesem Thema auf www.dtkv-nrw.de und in dieser Zeitung regelmäßig aktualisieren.

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