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Online-Teaching und finanzielle Sorgen

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Fokus setzen in Zeiten von Corona
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Vor ungefähr drei Wochen hat die Schlagzeile „Covid-19“ uns Musiker und Musikpädagogen ordentlich aus der Bahn geworfen. Viele standen vor der Herausforderung, auf den Online-Zug aufzuspringen – und das, wenn möglich, so schnell es geht. Aufgrund der Schließungen diverser Einrichtungen und der Vorgaben unserer Regierung musste der Präsenzunterricht in einen Online-Unterricht umgewandelt werden. Manchen fiel es leichter, manchen etwas schwerer, sich an die neue Situation zu gewöhnen. Nun ist die Umstellung auf Online-Teaching mit enorm viel Mehraufwand verbunden – und dann entsteht auch noch ein Gedankensalat im Kopf: Wie lange machen das meine Schüler mit? Was ist, wenn sie vom Online-Zug abspringen und kündigen? Kann ich im nächsten Monat noch meine laufenden Kosten decken, wenn der Worst Case eintritt?

Ich habe also die ersten drei Wochen „Probelauf“ im Online-Unterricht hinter mir – ja, viele haben es als einen Probelauf gesehen, andere haben vielleicht gehofft, dass nach den Osterferien alles wieder auf Normalzustand zurück geht. Damit kann man aus aktueller Sicht – und auch meiner Meinung nach – nicht rechnen, daher möchte ich die letzten Wochen und meinen Erstkontakt mit Unterricht über Video reflektieren. Gerade in meiner ersten Woche war das Unterrichten mit so viel mehr Arbeit verbunden, als es eine normale Unterrichtswoche bei mir mit sich bringt. Die Zeit, die ich sonst in meinem Auto verbringe, um von A nach B zu kommen, habe ich jetzt ganz sicher mit der Vor- und Nachbereitung des Unterrichts gefüllt. Ich lebe in einer recht kleinen Wohnung in Mannheim und habe kein separates Arbeitszimmer – daher musste ich kurzerhand mein Wohnzimmer in einen Unterrichtsraum verwandeln. Um abends aber abschalten zu können, habe ich mich dazu entschieden, diesen Arbeitsplatz jeden Abend ab- und am nächsten Morgen wieder aufzubauen.

Ist der Unterrichtsraum dann erstmal aufgebaut, kann es losgehen. Meine meisten Schüler unterrichte ich ab der Mittagszeit, den Vormittag nutze ich für Aufnahmen – entweder Einspielungen und Videos als Übungsmaterial für meine Schüler, oder ich mache Aufnahmen für mich und meine Facebook-Gemeinde, damit ich meine künstlerische Ader in dieser Zeit nicht ganz vernachlässige. Von vielen Kolleginnen und Kollegen habe ich bereits die Rückmeldung bekommen, dass ich mir zu viel Arbeit im Online-Unterricht mache. Denn eigentlich wäre es doch ausreichend, den Präsenzunterricht in diesem Ausnahmezustand einfach gegen Online-Unterricht zu ersetzen. Möglich, ja. Aber für mich nicht ganz zufriedenstellend. Ich habe nämlich das Gefühl, dass meine Schüler aktuell viel mehr üben als zuvor – warum das also nicht ausnutzen und etwas mehr Input geben? Ich bin schon richtig aufgeregt, wie es wohl sein wird, wenn ich alle wieder im Real Life sehe…

Natürlich habe ich auch Schüler, die das Online-Angebot nicht nutzen möchten, jedoch sind es sehr wenige. Diese werden außerdem zum Großteil nach den Osterferien doch auf den Online-Zug aufspringen. Aktuell habe ich diese immer mit „medialer Fütterung“ versorgt, wie ich es kurzerhand genannt habe. Ich bin hiermit eine ziemlich gute Schiene gefahren, um beim Zug zu bleiben. Der Großteil meiner Schüler, egal ob an meiner e.V.-Musikschule, an welcher ich festangestellt bin, als auch meine privaten, haben den Online-Unterricht wahrgenommen. Den wenigen Ausnahmen habe ich Einspielungen aktueller Duette, PlayAlongs, Videos oder Anregungen zugesandt und stand stets für Rückfragen bereit. Gute Schiene, nicht? Ja, für mich schon – und umso befriedigender ist es, wenn man so viel positives Feedback und Dankbarkeit zurückbekommt. Denn diese Möglichkeit des Unterrichts hat meine Schüler meinem Gefühl nach motiviert, häufig beschäftigen sich die Kinder öfters mit ihrem Instrument und die Musik ist eine tolle Abwechslung zum tristen Alltag.

Ob diese vielen positiven Rückmeldungen meine Sorgen verschwinden lassen? Sie reduzieren sie, da ich optimistisch bin, dass dieser Unterrichtsmodus auch weiterhin gut laufen kann. Aber nein, komplett weg sind die Sorgen nicht. Kündigungswellen oder Kurzarbeit sind ein Thema, mit dem ich mich täglich beschäftige, denn was ist, wenn ich in eine finanzielle Krise gerate? Es gibt zahlreiche Hilfsangebote und Förderungen, die mich auffangen können und mir ein wenig Sicherheit geben. Dies ist immer mit viel Bürokratie verbunden, außerdem für mich als Teil-Festangestellte UND freiberufliche Musikerin nicht ganz so einfach. Ich mache mir viele Gedanken, versuche aber meinen Fokus auf meine Schüler zu richten. Diese möchte ich in dieser belastenden Zeit so gut wie möglich unterstützen und motivieren, sodass sie auch weiterhin gerne den Unterricht bei mir wahrnehmen – ob auf unbestimmte Zeit im Online-Modus oder hoffentlich bald wieder face to face. Keiner kann sagen, wie lange die Situation noch anhält und wann wir wieder mit etwas mehr Normalität rechnen können. Daher habe ich mich dazu entschlossen, dass der Video-Unterricht in Kombination mit dem Mehraufwand der „medialen Fütterung“ aktuell mein Normalzustand ist. Ich mache das Beste daraus, setze auf die Solidarität der Eltern und Schüler und bin zuversichtlich, dass wir alle gemeinsam diese Krise überstehen.

Maria Wunder ist Klarinettistin, Musikpädagogin an der Musikschule Waghäusel-Hambrücken e.V. und arbeitet als freischaffende Musikerin/Musiklehrerin in der Region Mannheim. Mehr Informationen zum Thema Online-Unterricht in Zeiten von Corona sind auf ihrer Website www.mariaswunder.com zu finden.

 

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