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Eine Frau im höheren mittleren Alter mit roten Haaren und in lockerer Abendrobe vor einer grauen Wand.

Andrea Fink, Generalsekretärin des Tonkünstlerverbands Bayern. Foto: privat

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Rückblick, Ausblick und Visionen

Untertitel
„Einmischen ist die einzige Möglichkeit, realistisch zu bleiben“
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Dieses Heinrich Böll zugeschriebene Zitat beschreibt die Arbeit des Tonkünstlerverbands Bayern sehr treffend – nicht nur im Schuljahr 2023/24, sondern insgesamt und dies soll auch in unserer Vision für die Zukunft so bleiben.

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Wir haben uns auf vielfältige Weise „eingemischt“ – agierend, reagierend und vorausschauend. Dabei gestalten wir in völlig unterschiedlicher Weise mit.  Ein neues Fortbildungsprogramm, welches mit dem Ausschuss Fortbildung im Sommer gemeinsam für das bevorstehende Jahr beschlossen wurde, ging sukzessive in die Veröffentlichung. Die Beratungsoffensive mit einer Vielzahl von Online-Workshops und einem ersten Tonkünstler-Wochenende musste anhand des Bedarfs geplant, neu aufgestellt und beantragt werden.  Eine Aktualisierung erfuhr auch das Programm TONKÜNSTLER LIVE SPECIAL, bevor es in die nächste Runde der Beantragung ging. Seit Ende des vergangenen Jahres und insbesondere seit Anfang des Jahres 2024 hält uns das „Herrenberg-Urteil“ zur Thematik der Scheinselbständigkeit in Atem. Mit dem Urteil stellte das Bundessozialgericht fest, dass die Rahmenbedingungen für eine echte unternehmerische Tätigkeit an Musikschulen/Musikinstituten kaum gegeben sind. Die Problematik des „Herrenberg-Urteils“ bezieht sich einerseits auf die vertragliche Ausgestaltung eines Honorarvertrags und der darin getroffenen Vereinbarungen, andererseits aber auch auf die gelebte Arbeitssituation. Insofern müssen alle Voraussetzungen für ein rechtswirksames Honorarvertragsverhältnis erfüllt werden, damit das Honorarvertragsverhältnis bei einer sozialversicherungsrechtlichen Prüfung anerkannt wird. Dieses Urteil führte im April 2023 zu einer Verschärfung des Kriterienkatalogs der Deutschen Rentenversicherung (DRV) zur Beurteilung des Beschäftigungsstatus, deren Anwendung zum 01.07.2023 in Kraft traten. Im Nachgang häuften sich Statusfeststellungsverfahren und es gab immer mehr Betroffene, die eine erhebliche Nachzahlung zu leisten hatten. Inzwischen hat der zuständige Ausschuss der Rentenversicherungsträger aufgrund der vielfältigen Problematik beschlossen, dass im Hinblick auf die aktuellen Entwicklungen keine weiteren Betriebsprüfungen stattfinden sollen.

Es werden keine Bescheide erstellt oder versandt. Anhängige Widerspruchsverfahren werden ruhend gestellt. Diese Beschlüsse gelten mit sofortiger Wirkung bis zum 15. Oktober 2024.

Die Deutsche Rentenversicherung verzichtet bis Mitte Oktober auf Statusüberprüfungen bei Honorarlehrkräften. Eine langfristige Lösung steht noch aus. Der Dialog mit allen Beteiligten muss fortgesetzt werden. 
Hier geht es zum Informationsblatt TKVB_Scheinselbstständigkeit.

Verbandsentwicklung ist kein Selbstzweck, sondern muss eine Chance für die Zukunft darstellen. Im Spätherbst 2023 wurden in der Bundesdelegiertenversammlung des Deutschen Tonkünstlerverbands die Weichen für eine Neustrukturierung des Verbandes gestellt und der Tonkünstlerverband Bayern beteiligte sich mit einer Reihe weiterer Landesverbände aktiv am Prozess. Unsere Mitwirkung in entscheidenden Gremien war für uns selbstverständlich. Wir fühlten uns schwanger mit einem fast neun Monate dauernden Satzungsentwurf, eine Task Force zum künftigen Bezug der nmz erarbeitete neue Modelle des Bezugs immer mit dem Blick auf die Wünsche der Leser und auf die Finanzen und gaben eine Stellungnahme zur geplanten Beitragserhöhung des Deutschen Tonkünstlerverbands ab, deren Inhalt durch die Länderkonferenz maßgeblich unterstützt wurde. In der außerordentlichen Bundesdelegierten-versammlung, die im Juni dieses Jahr stattfand, konnten zu einer Reihe der genannten Punkte Beschlüsse gefasst werden, so dass wir uns auf einem guten Weg befinden. 

Unter Einbeziehung des Tonkünstlerverbands Bayern und des Verbands Bayerischer Sing- und Musikschulen führte der Bayerische Musikrat die Fachtagung „Große Töne – Tagung zu Musik im schulischen Ganztag“ im April 2024 durch. Sichtbar wurde, dass zwar alle Beteiligten in den langfr­istigen Prozess des Ganztags einbezogen werden sollen, allerdings die Bedarfe von Räumlichkeiten, Qualitätssicherung und Finanzierung noch nicht zu Ende gedacht sind.

Der nächste Aufschrei erfolgte im Februar dieses Jahres. Vom bayerischen Kabinett wurde beschlossen, dass aufgrund der schlechten PISA-Ergebnisse der Unterricht für die Fächer Deutsch und Mathematik aufgestockt werden müsste und dies nur mit einer Zusammenlegung der Fächer Kunst, Musik und Werken in einen sogenannten „Fächerpool“ ermöglicht werden kann. Zugleich erfolgte ein Beschluss des bayerischen Ministerrats, so dass kaum mehr Möglichkeiten auf Änderungen bestanden. Die Verbände kritisierten diesen Beschluss auf das Heftigste:  Der Tonkünstlerverband Bayern hat eine Petition initiiert, auf Einladung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus fand ein runder Tisch mit den wichtigsten Musikverbänden statt, durch den Bayerischen Musikrat und anderen Verbänden erschienen offene Briefe an den Ministerpräsidenten und an die Staatsministerin. Inzwischen hat die Bayerische Staatsministerin zu einem Nachgespräch eingeladen; vieles wurde nochmals von allen Seiten erklärt und beleuchtet. Am Beschluss des Ministerrats ändert sich derzeit nichts; eine Evaluation und weitere Gespräche am runden Tisch wurden zugesichert.

Dieses Jahr stand bislang im Zeichen der Interessensvertretung unserer Mitglieder. Mit größter Sorge sehen wir der Neufassung im Jahressteuergesetz 2024, welches mit § 4 Nr. 21 USt-G eine Verschärfung von Steuerbefreiungen von Bildungsleistungen vorsieht, entgegen. Außerdem soll das Bescheinigungsverfahren, welches bislang durch die Landesregierungen geprüft wurde, den Finanzämtern übergeben werden. Der Tonkünstlerverband Bayern hat zur geplanten Neuregelung und zur Problemdarstellung eine Stellungnahme mit Lösungsansätzen abgegeben, die an die Vertreter*innen des Bundes weitergegeben wurde. Wir sind gemeinsam mit dem Deutschen Tonkünstlerverband und unseren Partnerverbänden aktiv an der Findung von Lösungen beteiligt. Unser wichtigstes Ziel ist es, dass der Musikunterricht als Bildungsleistung erhalten bleibt, dass sich die Berufsverbände weiterhin in die Prüfung der Bescheinigungsverfahren einbringen können und somit die Verschärfung von Steuerbefreiungen von Bildungsleistungen abgewandt werden kann.  
Hier geht es zum Informationsblatt TKVB-Umsatzsteuer.

Doch wir mischen uns nicht nur in laufende Gesetzesverfahren ein, sondern richten unsere Aufmerksamkeit auch langfristig in die Zukunft. Die Honorar-Leitlinien wurden aktualisiert und stehen ab dem Schuljahr 2024/25 allen Mitgliedern zur Verfügung. In Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Musikrat soll das Thema Lehrbeauftragte wieder aufgerollt und neue Lösungsansätze angedacht werden. Mit den digitalen TREFFpunkten, die für die Bereiche EMP und aktuelle Themen eingerichtet wurden, trafen wir den „Nerv“ der Zeit, relative kurzfr­istig angesetzte Abendtermine, ein knappes Zeitfenster und interessante Dozent*innen werden bestens angenommen. Wir planen gemeinsam mit unserem Förderer und Unterstützer Rotary München 100 eine Instrumentenausleihe, die voraussichtlich bereits diesen Herbst anlaufen kann. In engster Zusammenarbeit mit der Ständigen Konferenz für Kunst & Kultur werden die Förderungen der Freien Szene evaluiert, aktuelle Kulturprobleme angesprochen und im engen Austausch mit dem Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst gearbeitet.

Eine „lebenslange“ Mitgliedschaft wird immer mehr zur Seltenheit. Insofern sehen wir Mitgliedergewinnung und Mitgliederbindung zusammengehörig. Die individuellen Erwartungen und Bedürfnisse unserer Mitglieder wollen wir erfüllen; manchmal ist es schwer, da die Meinungen doch sehr auseinandergehen. In vielen Diskussionen zum „Herrenberg-Urteil“ wurde mir das nochmals sehr bewusst. Nicht alle Beteiligten wünschen die Festanstellung, es gibt dazu viele Vorbehalte sowohl vonseiten der Freiberuflichen als auch aus der Sicht der Arbeitgeber, außerdem fehlen die finanziellen Mittel. Die Mitgliederschaft des DTKV spiegelt sowohl den Wunsch nach (abhängigen) Beschäftigungen, als auch den Wunsch nach freiberuflicher Tätigkeit wider; wir setzen uns mit der bunten und vielfältigen Berufsgruppe und deren Anliegen auseinander und sind dankbar für eine klare und offene Kommunikation mit Ihnen. Schön wäre es, Sie beim Tonkünstler-Wochenende, am 12./13.10.2024 vor Ort zu sehen. 
Anmeldungen sind hier möglich.

Vielleicht muss der Nutzen der Mitgliedschaft noch viel stärker herausgestellt werden, daran werden wir gemeinsam mit dem Deutschen Tonkünstlerverband arbeiten. Mit unserem engagierten Vorstand, unserem erweiterten Vorstand und deren Ausschuss-Sprecher*innen und einem motivierten Team in der Geschäftsstelle wird das gelingen. Ich wünsche Ihnen ein erfolgreiches neues Schuljahr und einen guten Start in den Herbst. 

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