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Spartenübergreifendes Verständnis

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Musikfonds 2019 – ein Interview mit Robert HP Platz
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In regelmäßigen Abständen informiert der DTKV über die Ergebnisse des 2016 vom Kultusministerium ins Leben gerufenen Musikfonds zur Unterstützung innovativer Ensembles und Musiker aller Sparten. Hierbei werden jeweils Mitglieder des Kuratoriums vorgestellt. Heute: Robert HP Platz, Komponist und Dirigent.

Platz absolvierte sein Kompositionsstudium bei Wolfgang Fortner und Karlheinz Stockhausen, zusätzlich eine Dirigentenausbildung bei Francis Travis. Seither hat er mit namhaften Ensembles und Orchestern mehr als 300 Uraufführungen dirigiert, zudem leitete er über 20 Jahre das renommierte Ensemble Köln. Platz arbeitete mit Komponisten wie Bussotti, Hosokawa, Huber, Scelsi, Stockhausen und Xenakis zusammen.
Die Kompositionen von Platz sind seit 1989 Teile eines tagebuchartigen, in assoziativen Sprüngen sich fortsetzenden Gesamtwerks, im Raum verteilt, polyphon sich durchdringend und verwebend (Formpolyphonie). Seit 2016 wird von der Klaviermanufaktur Steingraeber nach seinen Angaben der erste Midi-Flügel mit fest verbauten Transducern gebaut. Platz ist Professor für Komposition und Ensembleleitung Neue Musik an der Hochschule für Musik Würzburg.

neue musikzeitung: Sie sind der Vertreter einer der Gründungsinstitutionen, des Deutschen Komponistenverbandes. Ist der Musikfonds, so wie er jetzt arbeitet, gut aufgestellt?

Robert HP Platz: Die Konstellation der Jury, die sich aus Spezialisten aller Musiksparten zusammensetzt, von Klassik bis Jazz und Rock/Pop, mag zunächst als widersprüchlich befremden, ist aber positiv zu bewerten, weil sie gerade in den Diskussionen zwischen den Sparten das Verständnis füreinander immens fördert.

nmz: Wie verhält sich derzeit das Verhältnis zwischen Antragstellungen und Vergabesummen?

Platz: Seit Beginn der Ausschreibungen konnten wir insgesamt 4,6 Millionen Euro an interessante und innovative, zum Teil auch sparten­übergreifende Projekte vergeben. Das klingt nach enorm viel, ist jedoch der Summe der Antragsvolumen keineswegs angepasst – diese lag bei 32,4 Millionen. Im Schnitt konnten demnach maximal zehn Prozent der Antragssumme ausgeschüttet werden. Natürlich können wir nicht nach dem Gießkannenprinzip vorgehen, aber um Frustrationen in der Musikszene zu verhindern, sollten die Fördermittel Schritt für Schritt angepasst werden. Immerhin fielen bei unserer Gründung ja auch andere Fördermöglichkeiten aus, wie das „Projekt des Deutschen Musikrates“.

nmz: Wer und was soll aus Sicht des Ministeriums und der Jury vorrangig gefördert werden?

Platz: Vor allen Dingen Qualität. Im Grunde sehe ich dabei keine bevorzugten Sparten, das Kuratorium ist bemüht, die Antragslage so weit wie immer möglich abzubilden. Neben der Förderung von Komponisten und Musikern steht aber die Verbreitung Neuer Musik generell im Vordergrund, auch und besonders im ländlichen Raum, wo die Konzerte mit innovativen Inhalten eher rar sind oder gar nicht stattfinden, wodurch das Publikum keinen Zugang zu unbekannten Klangstrukturen finden kann. Das bedeutet, dass hier mehr Aufklärungsarbeit stattfinden sollte, mit moderierten Veranstaltungen aller Musikrichtungen.

nmz: Wie kann Neue Komposition kontra Improvisation bzw. Klangkunst bewertet werden?

Platz: Das Kuratorium des Musikfonds ist sehr breit und kompetent aufgestellt. Für jeden Bereich gibt es bei entsprechend qualitativen Anträgen Fürsprecher bzw. Erläuterer. Es ist ein ständiger Kommunikations- und Verständigungsprozess, von dem alle profitieren. Ich habe meinerseits von den Diskussionen mit den Kolleginnen und Kollegen sehr viel gelernt.

nmz : Gibt es tatsächlich immer Klarheit in der Einordnung? Das ist schwer vorstellbar…

Platz: Tatsächlich ist diese Einordnung nicht immer leicht, zumal jeder Teilnehmer seine subjektive Welt mit einbringt. Auch dies muss in entsprechenden Diskussionen geklärt werden. Für manche Anträge mit unklarer Darstellungsschärfe kann das schwierig werden, und manche sind wieder gerade wegen der Problematik der Einordnung interessant.

nmz: Wie verkraftet die ehrenamtlich arbeitende Jury den Stress?

Platz: Ich mag die Arbeit trotzdem. Überdies haben wir seit der ersten Sitzung die Arbeitsabläufe deutlich optimiert. Wochen vor dem ersten Sitzungstag erfolgt eine individuelle Abstimmung per Internet, dann haben wir zwei Tage gemeinsame Sitzungen mit zehn und dann einen dritten Tag mit fünf Stunden …

nmz: Wie sieht es mit der Nachhaltigkeit aus? Gibt es Presseresonanz o.ä.?

Platz: Wir alle sind bemüht, am Ball zu bleiben. Wenn es sich einrichten lässt, gehen wir zu den geförderten Veranstaltungen, wenn sie in erreichbarer Nähe stattfinden. Unser Geschäftsführer Gregor Hotz reist auch zu Konzerten, um sich ein Bild von der Qualität bei der Durchführung des Förderprogramms zu machen. Allerdings ist das nicht leicht, denn wir versuchen ja, darauf zu achten, dass die Konzerte nicht überwiegend nur in großen Städten und an ohnehin einschlägig berühmten Orten stattfinden. Akzeptanz neuer Musik kommt nicht von alleine …

nmz: Nun ist man eigentlich auch gespannt auf Ihre Kompositionen. Wo sind die nächsten Uraufführungen zu erleben?

Platz: Am 11. Oktober 2019 in Riga „airhui“ für Violine solo (Irvine Arditti) und gleichzeitig am selben Tag in Sondershausen „Marchesi III“ für Violine und Ensemble (Egidius Streiff und Ensemble der Länder).

nmz: Herzlichen Dank für das Gespräch.

Das Interview mit Robert HP Platz führte Adelheid Krause-Pichler.

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