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Transkulturelle Musikalität in voller Blüte

Untertitel
Die neue CD „Complementarity“ des Bridges Kammerorchesters
Vorspann / Teaser

Das Bridges Kammerorchester aus Frankfurt ist weit mehr als nur eine musikalische Formation – es ist ein künstlerisches Statement, das die Vielfalt der Welt in harmonischer Einheit zum Ausdruck bringt. Gegründet im Herbst 2019 aus der Idee einer transkulturellen Zusammenarbeit vereint das Orchester freiberufliche Musiker*innen aus ver-schiedenen Regionen Europas, Asiens und Amerikas. Die Mitglieder des Orchesters beherrschen eine breite Palette von Musikstilen, osteuropäischer Folklore sowie Formen zentralasiatischer und lateinamerikanischer Musik. Das Bridges Kammerorchester ist also eine Brücke nicht nur durch seinen Namen, sondern auch ganz reell durch das Zu-sammenarbeiten von Menschen aus verschiedenen Kulturen, die ihren ur-eigensten kulturellen Hintergrund in die gemeinsame musikalische Arbeit einfließen lassen und sich so gegenseitig befruchten. Gründerin und musikalische Leiterin des Ensembles ist Jo-hanna-Leonore Dahlhoff, Mitglied im FTKB, deren für das Bridges Kammerorchester geschriebenes Concertino das Eröffnungsstück der neuen CD ist.

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Das Bridges Kammerorchester zeichnet sich besonders durch seinen Ansatz zur Musikgestaltung aus: In kokreativen Prozessen komponieren und arrangieren die Musiker*innen einen Großteil ihres Repertoires selbst. Dabei werden Musikstile verschiedenster Traditionen und genreübergreifende Werke gleichberechtigt nebeneinandergestellt. Von den Grundlagen ihrer musikalischen Traditionen ausgehend formen die Musiker*innen eine einzigartige transkulturelle Klangsprache, die sich ständig weiterentwickelt und die Diversität der deutschen Gesellschaft hörbar macht. So entsteht eine transkulturelle Gegenwartsmusik, die die Grenzen zwischen den Kulturen aufhebt und die Verbindung zwischen ihnen stärkt.
Die einzigartige Klangsprache des Orchesters spielt auch auf der neuen CD „Complementarity“ die herausragende Rolle. Das am 2. März 2024 veröffentlichte neue Album des Bridges Kammerorchesters ist bereits das zweite Album des Orchesters. Es tritt in große Fußstapfen: Denn das erste Album des Ensembles „Identigration“ wurde mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik 2/2022 in der Kategorie Grenzgänge ausgezeichnet.

Die neue CD „Complementarity“ umfasst knapp 70 Minuten variationsreiche Musik außerhalb althergebrachter Hörgewohnheiten. Die Verschmelzung der unterschiedlichen Musiktraditionen und -stile in die vielgelobte transkulturelle Klangsprache des Ensembles ist in Vollendung gelungen. Schon die Besetzung von Shudraga, Tar, Oud, Kanun, Tiple und Kaval neben klassischen Orchesterinstrumenten plus Gitarre, E-Gitarre und E-Bass bietet viel akustisches Entdeckungspotenzial für europäisch geschulte Ohren. Jede Minute hält für die Hörer Entdeckungen in neuen Klangwelten bereit.

Besonders hervorzuheben ist, dass auch drei Werke von Komponistinnen eingespielt wurden: So auch das einleitende Concertino – ein Concertino für Kammerorchester, bei dem wie bei Bartóks Concertino nicht ein Soloinstrument im Vordergrund steht, son-dern das ganze Ensemble quasi solis­tisch agiert indem einzelne Instrumente oder Stimmgruppen teils auch mit hochvirtuosen Passagen musikalisch im Dialog stehen. Ein hochinteressantes, vielschichtiges Werk, das Johanna-Leonore Dahlhoff speziell für das Bridges Kammerorchester geschaffen hat.

In „Wa Jechi le Achi“ für Klarinette und Kammerorchester verarbeitet die israelische Klarinettistin und Komponistin Dana Barak, die seit Jahren dem Ensemble eng verbunden ist, Erinnerungen an die Bar Mitzwa ihres Bruders. Interessant ist bei diesem stark rhythmisch ausgeprägten Werk, dass der Refrain im Stile eines Ritornells immer durch verschiedene Klangfarben und Instrumente ausgestaltet wird.
Die Komponistin und Santurspielerin Atefeh Einali hat ihr ursprünglich für Akkordeon und Streichquartett komponiertes Werk „I am from Nowhere“ speziell für das Bridges Kammerorches­ter arrangiert. Das Stück ist autobiografisch geprägt und verbindet auf sehr ansprechende Weise persische Klangwelten mit der Klangsprache zeitgenössischer klassischer Kompositionen. Die zugrundeliegende Geschichte vom Erleben rechtlicher und gesellschaftlicher Zwänge, die Flucht hieraus und die daraus resultierende Entwurzelung in diesem Stück – eine Geschichte, die viele Musiker*innen dieses Ensembles teilen – bildet den Abschluss dieser CD.

Die anderen Stücke auf dieser CD sind alle entweder speziell für das Ensemble geschrieben oder für das Bridges Kammerorchester von Orches­termitgliedern arrangiert worden. Das zeigt wunderbar, welch enormes künstlerisches Potenzial in diesem Ensemble Heimat gefunden hat!

Hesham Hamra, Oud-Spieler im Orchester, steuert seine kurze Komposition „Jasmin – So riecht Damaskus“ bei: eine Impressionen-reiche Komposition, in der sich alte (Jasminduft) und neue Heimat (Walzer) treffen.

Peter Klohmann spielt Saxophon im Ensemble und hat das wunderbare „Konzert für Violoncello Solo und Bridges-Kammerorchester“ für das Ensemble und den fantastischen Cellisten László Fenyö geschrieben, das zur Eröffnung des Casals Forum Kronberg 2022 unter der Leitung der herausragenden und inzwischen mehrfach durch internationale Preise ausgezeichneten Dirigentin Bar Avni uraufgeführt wurde. Diesem mitreißenden Stück wünscht man noch viele Zuhörer! Ein wirklicher musikalischer Leckerbissen auf dieser CD!

Andrés Rosales, Gitarrist und Tiple-Spieler, ist Preisträger des Wettbewerbs Junger Komponist*innen des Orquesta Sinfónica Nacional de Colombia. Seine Komposition „Sendero – Camino en viento salvaje“ lebt vom Kontrast inniger Melodien, kontemplativer Passagen  mit spannungsreichen, komplex harmonisierten Orchester-Tutti – verbunden durch den immer wiederkehrenden Rhythmus des Tanzes Bambuco seiner kolumbiani-schen Heimat.

Tanz ist auch das prägende Element der Komposition „Constantinople“ von Gabriel Mientka, Cellist des Bridges Kammerorchester. Dieser von der Musik des Balkans und des Mittelmeerraums geprägte Tanz versteht sich als Reminiszenz an die „facettenreiche his­torische Stadt“ (Booklet). Eine spannende Huldigung an diesen Schmelztiegel der Kulturen! 

Die Horo-Tänze in ihrem mitreißenden 13/8-Takt sind einfach unwiderstehliche Musik, die direkt in die Beine geht. Der auf der CD eingespiel­te „Krivo Sadovsko Horo“ aus Bulgarien bildet da keine Ausnahme. Dennis Merz, Gitarrist im Orchester, hat ihn wunderbar arrangiert, so dass die Melodien und rasanten Rhythmen durch das ganze Orchester wandern. Hervorzuheben ist hier, dass die hierzulande kaum bekannte orientalische Hirtenflöte Kaval eine singende Hauptrolle zugewiesen bekommen hat. Für mich als Flötistin ein Highlight!

Ein bedeutendes Werk der Musik aus dem Nahen Osten ist „Nebtedi Mnen El Hekaya“ des ägyptischen Komponisten Muhammad Abdel Wahab, das der Geiger Walid Khatba für das Orchester adap­tiert hat. Hier sorgen vor allem die Verschmelzung der arabischen Vierteltonskala Bayat mit klassisch-europäischen Harmonien für ein hochinteressantes und faszinierendes Klangerlebnis.
Die neue CD „Complementarity“ wurde ebenfalls für den Preis der deutschen Schallplattenkritik 2/2024 in der Kategorie Grenzgänge nominiert. Wir drücken die Daumen, dass sie den Preis auch erhält. Sie hätte es verdient!

Die CD „Complementarity“ kann für 28 Euro (inkl. Download-Code, zzgl. Porto) unter bestellungatbridgesmusikverbindet.de (bestellung[at]bridgesmusikverbindet[dot]de) bestellt werden.

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