Hauptrubrik
Banner Full-Size

Federführend ist des Bundesministerium für...

Untertitel
„Agenda 1999“ von Michael Naumann zeigt in die richtige Richtung
Publikationsdatum
Body
So ist das in der Politik. Am selben Tag, an dem Michael Naumann Ende Juli seine „Agenda 1999“ vorstellt, muß er die Planung der Bundesregierung bestätigen, den Bundeszuschuß zur Kün-stlersozialkasse zu kürzen. Da stößt es einem schon schwer auf, daß in der „Agenda 1999“ noch einmal die in der Koalitionsvereinbarung festgelegte Absicht der Bundesregierung bekräftigt wird „zur Absicherung der Künstlerinnen und Künstler die Künstlersozialkasse (zu) verbessern...“. Der Deutsche Kulturrat hatte sich schon am 21. März 1999 gegen die Planungen des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung, den Bundeszuschuß zur Künstlersozialkasse zu kürzen, gewandt und auf die Koalitionsvereinbarung verwiesen. In der „Agenda 1999“ findet man, nicht nur beim Punkt „Künstlersozialversicherungsgesetz“ die Schlupflöcher, die der Staatsminister für Kultur und Medien offensichtlich braucht, um auch die widersprüchlichsten Maßnahmen zu erklären. „Federführend ist das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, federführend Bundesministerium der Justiz, federführend Bundesministerium der Finanzen“ und so weiter und so fort... Michael Naumann hat in seiner Agenda wichtige Punkte benannt. Das Stiftungsrecht muß endlich verbessert werden. Im Steuerrecht müssen die steuerlichen Sondertatbestände für Künstler und Kultur beibehalten werden. Im Urheberrecht soll die EU-Richtlinie zur Harmonisierung des Folgerechts verabschiedet werden. Doch gerade beim letzten Punkt fragt man sich, warum die Deutschen gemeinsam mit den Briten in Brüssel die Harmonisierung gerade erst verhindert haben. Hier wurde das federführende Justizministerium, so munkelt man, vom Chef aller Federführer, dem Bundeskanzler höchstselbst, das Schreibgerät aus der Hand genommen. Trotzdem, die „Agenda 1999“ von Michael Naumann zeigt in die richtige Richtung. „Eine kulturfreundliche beziehungsweise kulturverträgliche Regelung in Gesetzen und Rechtsvorschriften“, schreibt der Kulturstaatsminister, „ist eine wirkungsvolle indirekte Art der Kulturförderung, die im Gesamtzusammenhang und langfristig gesehen für die Kultur sogar wichtiger sein kann als die direkte finanzielle Förderung aus Haushaltsmitteln.“ Einige federführende Ministerien, besonders der Bundesfinanzminister, müssen davon sicherlich noch überzeugt werden. Eine wichtige Aufgabe des Staatsministers für Kultur und Medien. Auffällig ist, daß die neue Regierung das Verhältnis zwischen dem Staat und dem sogenannten Dritten Sektor, das sind die Vereine, Verbände und Initiativen, offensichtlich neu ausloten will. Schon bei der Umstrukturierung der von Bundesministerin Claudia Nolte in der letzten Legislaturperiode ins Leben gerufenen Stiftung „Bürger für Bürger“ wurde klar, daß die neue Bundesregierung ein distanziertes Verhältnis zum Dritten Sektor hat und letztlich alles lieber selbst regelt. Auch in Michael Naumanns „Agenda 1999“ kommt der Dritte Sektor nur am Rande vor. Die Reform des Stiftungsrechtes wird dort als Schritt zur Modernisierung des Dritten Sektors angekündigt. Damit wird verwischt, daß der Dritte Sektor neben den anderen Sektoren, Staat und Wirtschaft, in unserer Gesellschaft eine eigenständige Rolle spielt. Es ist nicht die Aufgabe des Staates, den Dritten Sektor zu modernisieren. Wohl aber hat er nach unserer subsidiären Verfassung die Verpflichtung, ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen. Die Reform des Spendenrechts, die Debatte um die Gemeinnützigkeit die Reform des Stiftungsrechts und eine kritische Überprüfung des Haushaltsrechts, das sind Maßnahmen, die die Rahmenbedingungen für den Dritten Sektor entscheidend verbessern und damit Bürgerinnen und Bürger zu mehr Engagement bewegen können. Die Reform des Dritten Sektor ist, da hat Michael Naumann recht, überfällig. Diese Erneuerung ist aber unsere eigene Aufgabe. Beim Dritten Sektor ist nur der Dritte Sektor federführend. Die Berufung von Michael Naumann zum Staatsminister für Kultur und Medien und die Einsetzung des Bundestagsausschusses für Kultur und Medien hat der Bundeskulturpolitik Auftrieb gegeben. Elke Leonhard, die Vorsitzende des Kulturausschusses im Deutschen Bundestag, hat für „ihren“ Ausschuß ein Selbstbefassungsrecht reklamiert. Michael Naumann hat mit seiner „Agenda 1999“ deutlich gemacht, daß er ebenfalls seine Aufgabe auch in den Politikfeldern sieht, für die er nicht federführend zuständig ist. Die Kultur kann nur gewinnen, wenn Ausschuß wie auch der Staatsminister bei allen für die Kultur relevanten gesetzgeberischen Verfahren ihre Einflußmöglichkeiten wahrnehmen. Die Künstlersozialkasse und das Folgerecht werden erste Nagelproben sein.
Print-Rubriken
Unterrubrik