Auf dem Festakt des diesjährigen Bayerischen Musikschultags in Lauf a. d. Pegnitz betonte Professor Rainer Kotzian, Präsident der Musikhochschule Nürnberg, in seiner Festrede die Bedeutung der Vernetzung zwischen Musikhochschulen und Musikschulen und zeigte Perspektiven für das gemeinsame Handeln auf beiden Ebenen auf.
Drei Verben stellte Prof. Rainer Kotzian in seiner Festrede am 45. Bayerischen Musikschultag in Lauf an der Pegnitz in den Vordergrund: Vernetzen, zuhören, anbieten. Die Vernetzung sei auf vielen Ebenen bereits erkennbar: das Netzwerk Inklusion, das Netzwerk im Verband Bayerischer Sing- und Musikschulen e. V. und die Vernetzung zwischen Musikhochschulen und Musikschulen, vor allem durch musikpädagogische Regionalkonferenzen. Auf diesen Konferenzen findet bereits seit vielen Jahren im Raum Nürnberg ein fruchtbarer Austausch statt wie auch die Entwicklung konkreter Projekte. Dennoch seien spezifische Ausschüsse nötig, die sich auf gewisse Teilbereiche fokussieren: Nachwuchsförderung, Berufseinstieg oder Alumni Arbeit. Dabei sollte immer darüber nachgedacht werden, wie die Ausbildung an einer Musikhochschule geschärft werden kann. Dafür – so Kotzian – brauche man ein gegenseitiges Problematisieren und Informieren: „Ich muss nicht selber die Ideen finden; ich brauche nur zuhören.“ Welche zusätzlichen Angebote sind seitens der Musikschüler*innen gewünscht? Was davon kann man als Musikhochschule und Musikschule umsetzen? Wenn von den Bedürfnissen der Musikschüler*innen ausgegangen werde, könne ein zielgerichtetes Angebot geschaffen werden.
Weiterhin verwies Kotzian darauf, die Hochbegabtenförderung offener zu gestalten beziehungsweise auszuweiten und das am 1. Januar 2023 in Kraft tretende Hochschulinnovationsgesetz hierfür zu nutzen. Vor allem solle die Verbindung geschaffen werden, aus der Musikalischen Grundausbildung heraus zu einem Angebot bis hin zur Vorbereitung zum Studium zu kommen: „Im Hochschulinnovationsgesetz ist geregelt, dass Schüler*innen, die nach Einschätzung einer Kunsthochschule besondere Begabungen aufweisen, im Einzelfall genehmigt werden kann, an Lehrveranstaltungen teilzunehmen sowie Studien- und Prüfungsleistungen zu erbringen. Dieses sogenannte ‚Jungstudium‘ kann auch besondere Angebote umfassen. Im bisherigen Hochschulgesetz war die Hochbegabtenförderung kaum geregelt und diente vorwiegend zur Vorbereitung auf die künstlerische Ausbildung. Künftig soll das Jungstudium jedoch nicht nur zur Förderung besonderer Begabungen und Anlagen für die künstlerische Ausbildung dienen, sondern auch für die künstlerisch-pädagogische Ausbildung bis hin zur Elementaren Musikpädagogik. Die durchaus vielfältigen möglichen Begabungen junger Menschen können so frühzeitig erkannt und für spätere Tätigkeiten in dem ebenso immer vielfältiger werdenden Tätigkeitsfeld der Musikberufe breit angelegt gefördert werden. Und dabei sollen die hervorragenden Angebote der Studienvorbereitenden Ausbildungen (SVA) in den Musikschulen nicht ersetzt, sondern sinnvoll ergänzt werden – im Optimalfall entsprechend des Mottos der heutigen Tagung: Gemeinsam.“
Vor allem den Bereich der Elementaren Musikpädagogik (EMP) sieht Prof. Rainer Kotzian in seiner Komplexität an den Musikhochschulen nicht ausreichend anerkannt. Man solle sich von einem hierarchischen Denken an den Musikhochschulen lösen, um die Breite der Musiklandschaft vermitteln zu können: „Eine hervorragende musikalische Tätigkeit ist nicht mit Virtuosität oder technischer Schnelligkeit zu vergleichen.“ In der EMP wird vom kreativen Potenzial ausgegangen, das in jedem Menschen steckt; von der Improvisation, Komposition, über die Arbeit ganz ohne Noten und mit allen Instrumenten, die zur Verfügung stehen. In diesem offenen Bereich können stetig neue Konzepte für Gruppenangebote entwickelt werden, wie etwa eine Performance-Gruppe oder ein Body-Percussion-Ensemble. Hinzukommen sollte aber auch das Öffnen von bestehenden Orchestern an den Musikhochschulen: „Wir sollten die Orchester durchmischen an den Musikhochschulen und da die Bitte an alle Lehrkräfte: Sucht den Kontakt zueinander. Denn es gibt nichts Schöneres als ein Konzert, auf dem Musikschüler*innen, Lehrende und Studierende gemeinsam musizieren.“ Neue Ideen und Konzepte sollten den Musikschulen nicht „von oben“ aufgesetzt werden, sondern vorerst an den Musikhochschulen erprobt werden, um herauszufinden, wie gewisse Projekte funktionieren können. Dabei müsse es immer das Ziel sein, viele Akteure zusammenzubringen und multiausdrucksmediale Aufführungen anzustreben – eine Durchmischung, egal welches Geschlecht oder welche Einschränkungen; dadurch werde man nur vielfältiger: „Wir sollten niemals mehr in einer Konkurrenzsituation denken in den heutigen Zeiten. Wir nehmen uns nichts weg. Sondern wir können uns nur gegenseitig bereichern. Und wenn jemand eine gute Idee hat, kann sie nur besser werden, wenn jemand anders sie mit seinen Ideen ergänzt.“