„Wenn Kinder singen, klingt Zukunft“, sagt eine Dozentin der Landesmusikakademie Hessen – und fasst damit zusammen, was die musikpädagogische Forschung seit Jahren belegt: Singen ist ein Schlüsselmotor kindlicher Entwicklung. Studien zeigen, dass gemeinsames Singen nicht nur musikalische Fähigkeiten stärkt, sondern Sprache, Konzentration, emotionale Intelligenz und soziale Bindung fördert. Dennoch ist das gemeinsame Singen im Alltag von Kitas und Schulen vielerorts seltener geworden.
Opernplatzsingen 2025. Foto: LMAH
Singen mit Kindern nachhaltig fördern
Die Landesmusikakademie Hessen setzt hier mit einem langfristig angelegten Bildungskonzept an, das Musikpädagogik, Praxisforschung und gesellschaftliche Verantwortung verbindet. Ziel ist, das Singen mit Kindern nachhaltig in Bildungseinrichtungen zu verankern – und zugleich Strukturen aufzubauen, die eine lebendige Singkultur in Hessen sichern.
Von der Stimme zur Haltung – „Primacanta“ als Motor musikalischer Bildung
Im Zentrum steht das Programm Primacanta – Jedem Kind seine Stimme, das seit vielen Jahren an der Landesmusikakademie Hessen verankert ist. Es verbindet musikpädagogische Forschung mit praxisnaher Qualifizierung: Pädagogische Fachkräfte, Lehrkräfte und Chorleitende lernen, wie sie kindgerechtes Singen dauerhaft in den Alltag integrieren können.
Mit dem Format PrimacantaKita, einer zweijährigen BEP-Fortbildung, werden Erzieher:innen dazu befähigt, selbstbewusst musikalische Lernprozesse zu gestalten. „Wir wollen, dass Kinder Musik nicht konsumieren, sondern erleben“, so eine Dozentin des Programms. „Singen ist kein Extra – es ist Bildung in ihrer elementarsten Form.“
Wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Musikpädagogik bestätigen diesen Ansatz: Wiederholtes, freudvolles Singen fördert Sprachrhythmus, Atemtechnik und neuronale Vernetzung. Insbesondere für Kinder mit Migrationsgeschichte oder Sprachförderbedarf ist gemeinsames Singen ein kraftvolles Werkzeug kultureller Teilhabe und Integration.
Erlebnisse, die verbinden: Singtreffen und digitale Formate
Neben der Qualifizierung setzt die Akademie auf gemeinschaftsstiftende Formate.
Das seit 2009 etablierte Primacanta-Singtreffen bringt jährlich Tausende Kinder aus ganz Hessen zusammen – ein emotionales Highlight, das zeigt, wie stark Musik Gemeinschaft stiften kann.
Auch der digitale musikalische Adventskalender macht Musikbildung niedrigschwellig und zeitgemäß zugänglich: Schulen und Kitas gestalten gemeinsam musikalische Beiträge, die landesweit zu hören sind.
Bemerkenswert ist, dass viele der beteiligten Chorleiter:innen und Pädagog:innen selbst Absolvent:innen der Fortbildungen oder der Ausbildung zur Kinder- und Jugendchorleitung an der Landesmusikakademie sind. Damit schließt sich ein Kreislauf aus Qualifizierung, Praxis und Weitergabe – ein Modell nachhaltiger Bildungsarbeit.
Ausbildung zur Kinder- und Jugendchorleitung – Kompetenz für die Zukunft
Die Ausbildung zur Kinder- und Jugendchorleitung der Landesmusikakademie Hessen ergänzt das Primacanta-Programm und schafft den Übergang von der frühen musikalischen Bildung zur Chorarbeit. Sie richtet sich an Musiker:innen, Lehrkräfte und engagierte Chorleiter:innen, die pädagogische und künstlerische Leitungskompetenzen verbinden wollen.
In der Ausbildung werden didaktische, stimmphysiologische und gruppenpädagogische Inhalte eng mit Praxisphasen verzahnt – ein Ansatz, der auf aktuellen Erkenntnissen der Chor- und Musikpädagogik basiert. Absolvent:innen dieser Ausbildung prägen inzwischen die hessische Chorlandschaft maßgeblich mit – als Multiplikator:innen, Mentor:innen und Vorbilder.
Nachhaltigkeit durch Netzwerke und Begleitung
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist die langfristige Struktur: Mentor:innen und Regionalkoordinator:innen begleiten die Projekte, sichern Qualität und fördern Austausch. So entsteht ein durchgängiges Bildungsnetz vom Kindergarten bis zum Jugendchor, das regionale Akteure vernetzt und langfristige Wirkung entfaltet.
Die Landesmusikakademie Hessen versteht sich dabei nicht nur als Ausbildungsstätte, sondern als Impulsgeberin für eine zukunftsfähige Sing- und Musikkultur. Ihre Arbeit folgt einer klaren kulturpädagogischen Philosophie: Musik ist kein Zusatz, sondern Teil grundlegender Bildungsgerechtigkeit.
Fazit: Kulturelle Bildung als gesellschaftlicher Auftrag
Mit Unterstützung der Crespo Foundation, der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen, der für Bildung und Kultur zuständigen hessischen Ministerien sowie weiterer Partner gelingt es, die Idee einer singenden Bildungsgesellschaft konkret zu gestalten. „Nachhaltige Musikförderung bedeutet, Strukturen zu schaffen, die bleiben – und Menschen zu befähigen, Musik weiterzutragen“, heißt es aus der Akademieleitung.
Singen mit Kindern ist damit weit mehr als musikalische Früherziehung: Es ist eine Investition in die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Denn wo Kinder singen, entsteht nicht nur Musik – dort wächst Gemeinschaft, Selbstbewusstsein und kulturelle Identität.
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