Freitägliche Musikstunden der besonderen Art für den Berliner Finanzsenator. Mit Geige, Klarinette, Flöte, Saxophon und Trommel spielen Lehrkräfte der Berliner Musikschulen am 29. März, 12. April und 3. Mai vor den Bürofenstern der Finanzverwaltung auf. Unüberhörbar verschaffen sie sich Gehör für eine Forderung, die bereits seit 2017 auf der Agenda des Senates steht und durch das Abgeordnetenhaus beschlossene Richtlinie für die Regierungspolitik ist: Ein Tarifvertrag für die etwa 1.500 freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Musikschulen und damit die dringend notwendige Verbesserung ihrer sozialen Lage.
Um Honorarerhöhungen kämpfen auch Dozentinnen und Dozenten der Volkshochschulen. Sie alle singen und wippen zu dem für diese Aktionen komponierten Protestsong „Musik ist Arbeit. Von Arbeit muss man leben können.“
Demonstrantin Uta Schlegel von der Musikschule Mitte, die Kinder und Jugendliche unterrichtet, einen Chor leitet, Abiturienten für Aufnahmeprüfungen an Hochschulen vorbereitet, schildert vor dem Radiomikrofon ihre Situation. Für eine Unterrichtsstunde – exakt die 45 Minuten, in denen jetzt dem Senator aufgespielt wird – verdiene sie 24 Euro brutto. In Ferienzeiten und an Feiertagen gäbe es nichts. Ein Feiertag wie der gerade in Berlin eingeführte 8. März bedeute für sie einen Verdienstausfall von knapp 100 Euro.
Nicht zum ersten Mal haben die lautstarken und kreativen Protestaktionen der Musikschulen, gemeinsam mit ver.di, der DOV, dem Landesmusikrat und anderen Partnern, im Stadtbild Aufmerksamkeit erregt. Während es mit den Festanstellungen an den 12 Berliner Musikschulen vorangeht – 20 Prozent in dieser Legislaturperiode, die bis 2025 auf 80 Prozent steigen sollen – tut sich beim Tarifvertrag praktisch nichts. ver.di wurde mehrfach verwehrt, Verhandlungen aufzunehmen. Grund ist die verweigerte Zustimmung durch die Tarifgemeinschaft der Länder TDL.
Es gäbe wenig Spielraum für einen Tarifvertrag für die Honorarkräfte an den Berliner Musikschulen, erklärte im Sommer vergangenen Jahres Staatssekretär Dr. Torsten Wöhlert, obschon die Senatsverwaltung für Kultur wiederholt bei der für Finanzen wegen einer Verhandlungsaufnahme nachgefragt habe.
Übergangsregelung schaffen
Solange die TDL dem Land Berlin die Aufnahme von Tarifverhandlungen verweigert, muss eine „Übergangsregelung im Sinne eines Tarifvertrages“ für die freien Honorarkräfte geschaffen werden. Diese Forderung der Fachgruppe Musik fand unter anderem Anfang März auf der Berliner Kulturpolitischen Konferenz des Fachbereichs Medien, Kunst und Industrie des ver.di Landesbezirks große Zustimmung. Und die Protest-Musizierenden – das ist unschwer herauszuhören – werden der Forderung nach einer außerordentlichen spürbaren Honorarerhöhung und einem eigenen Tarifvertrag für die Honorarlehrkräfte an den Berliner Musikschulen weiterhin Nachdruck verleihen. Laut und unüberhörbar.