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Ralf-Thomas Lindner hat auf nmz Online eine Artikelserie zum Instrument des Jahres, der Mandoline, gestartet.
Das Jahr der Mandoline in der nmz. Teil 4.
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Das Jahr der Mandoline in der nmz (Teil 4): Die Klangwelt der Mandoline

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Die Mandoline ist das Instrument des Jahres 2023. Aber es geht nicht nur um das Instrument selbst, quasi um das rein dingliche Musikinstrument. Ohne klingende Musik ist jedes Instrument sinn- und nutzlos. In unserer Serie empfehlen wir heute quer durch den Garten Musik unterschiedlicher Zeiten, Stile und kultureller Zusammenhänge – allen gemeinsam ist die Mandoline. Manche nicht alltägliche und bereits bekannte Klangwelt kann man dabei entdecken und liebgewinnen!

Der Slogan „Instrument des Jahres“, der seit 2008 von einigen Landesmusikräten verwendet wird, greift eigentlich zu kurz und ist vielleicht sogar ein wenig irreführend. Denn im Kern dieser Aktion geht es gar nicht um die Instrumente selbst – das wäre eine Aufgabe etwa für den Bundesinnungs-Verband für das Musikinstrumenten-Handwerk. Vielmehr geht es um die Musiker und die Musik, um Nachwuchsfragen und Ausbildung und um konzertante Aufführungen von Laien und Profis. Wahrscheinlich nur sehr wenige Menschen würden sich dafür entscheiden, ein Instrument zu spielen, einfach nur, weil es „schön“ aussieht. Wer beginnt, ein Instrument zu spielen, wird es höchstwahrscheinlich schon mal gehört haben, seinen Klang reizvoll finden oder einfach einen Draht zu der speziellen Musik dieses Instrumentes haben. Es geht um Liebe, die den Menschen über das Ohr erreicht.

In den letzten drei Monaten konnten Sie hier etwas über das Instrument des Jahres 2023, die Mandoline, lesen. Sie haben ein wenig von der Geschichte des Instrumentes erfahren und wie es gebaut wird. In den letzten neun Artikeln in diesem Jahr wird es fast ausschließlich um Musik und Musiker gehen. Wie geht man mit dem Instrument um (= wie spielt man das Instrument), damit am Ende Musik herauskommt? Was für Musik gibt es? Wer spielt Mandoline? Was für Klangkombinationen gibt es mit anderen Musikinstrumenten? Fragen über Fragen – aber immer werden bei den Antworten Menschen (Musiker) und Musik im Mittelpunkt stehen.

Fangen wir mit der Musik an. Ein bewusst durchgeschüttelter und kurzer Ritt durch die Musik der oder mit der Mandoline – auch wenn sich die Mandoline vielleicht selbst eher galant auf einer venetianischen Gondel fortbewegen mag. Ein bisschen Musik hier, ein wenig dort – alles nur als Anreiz zu verstehen, selbst in den bekannten Medien von der CD bis zu allen möglichen Streaming-Diensten nach Mandolinenmusik zu suchen. Alles kann man finden – von alter Musik bis hin zu zeitgenössischer Musik, Solo-Musik oder Musik für Mandoline in mannigfaltigen (und auch ungewohnten) Besetzungen, klassische Musik, Volksmusik, Folk und Jazz. Die Klangpalette der Mandoline von sanft und zart säuselnd bis hin zum vermeintlich ätherischen Widerhall aus einem leeren Tanklastzug. Hier und heute wollen wir uns zunächst einmal dem zuwenden, was man gängiger Weise unter „klassischer“ Musik subsumieren würde.

Die ersten Mandolinenstücke wurden in Florenz komponiert. In der Zeit von 1650 bis 1750 spielte die Mandoline am Hof der Medici in Florenz eine bedeutende Rolle. Komponisten wie Matteo Caccini etwa mit seinem „Libro per Mandola“, Carlo Arrigoni, Agnola Conti, Francesco Conti, Niccolò Susier (https://www.youtube.com/watch?v=rux2-FMsumg), Nicola Romaldi (https://www.youtube.com/watch?v=E9otTFm_Bbo) Giovanni Battista Gigli müssen hier genannt werden.

Im Barock paßt die Mandoline auch gerade von ihrer begrenzten Lautstärke gut zum Streicherorchester mit Basso continuo. Das wahrscheinlich bekannteste Mandolinenkonzert ist von Antonio Vivaldi: Konzert für 2 Mandolinen, Streicher und b. c. in G-Dur RV 532. Eine spannende Aufnahme davon bietet der israelischen Avi Avital, der auch Schirmherr der Veranstaltungen dieses Instrumentes des Jahres in Deutschland ist (Art oft he Mandolin, Deutsche Gramophon, UPC 00028948385348). Von Domenico Scarlatti spielt er auf dieser CD u. a. auch die Sonata d-Moll K 89 für Mandoline und b. c. Im großen Orchester geht die Mandoline lautstärkenmäßig leicht unter. Hautsächlich deshalb wird sie da nur sehr sporadisch und sehr gezielt eingesetzt. Die wohl bekanntesten Werke, für die diese Konstellation zutrifft, sind Georg Friedrich Händels Oratorium „Alexander Balus“ (https://www.youtube.com/watch?v=5tuRvp_Azwg – dort die Arie „Hark! Hark! He strikes the Golden Lyre“ – etwa bei Minute 16‘ 55‘‘) und Wolfgang Amadeus Mozarts Oper „Don Giovanni“ („Deh vieni alla finestra“ – https://www.youtube.com/watch?v=n_-7RHee7NA).

Viele bekannte Komponisten haben für die Mandoline komponiert. Genannt werden müssen die vier erhaltenen Stücke, die Ludwig van Beethoven für dieses Instrument geschrieben hat. Die sehr persönliche Widmung „Pour la belle J.“ (gemeint ist die Gräfin Josephine von Clary-Aldringen) lässt erahnen, dass Beethoven hier vielleicht sehr persönliche Motive gehabt hat, diese Stücke zu verfassen. Avi Avital spielt aus diesen Stücken auf der bereits genannten CD das sehr intime „Adagio ma non troppo“ in Es-Dur für Mandoline und Harfe WoO 43/2. Auf der CD „Virtuoso Mandolin“ (Tuxedo Music TUXCD 1085) finden sich von Mozart die Lieder „Komm liebe Zither“ KV 351 und „Die Zufriedenheit“ KV 349. Die geforderte Besetzung mit „Zither“ darf hier nicht irritieren – Zither ist der poetische Ausdruck für die Mandoline in dieser Zeit.

In der Romantik verschwindet die Mandoline fast vollständig. Erst im 20. Jahrhundert kommt sie zu einer neuen Blüte. Komponisten wie Hans Werner Henze haben für das Instrument Originalkompositionen verfasst: „Carillon, Récitatif und Masque“ für Mandoline, Gitarre und Harfe (eingespielt von Avi Avital in der schon genannten CD). Immer wieder wird mit unterschiedlichen Kombinationen von Zupfinstrumenten gearbeitet, die sehr eigene und charakteristische Klänge hervorbringen und zu einem spannenden klanglichen Aufeinandertreffen führen. So (immer noch auf dersellben CD) die „Sonata a tre“ von Paul Ben-Haim für Mandoline, Gitarre und Cembalo, die in ihrer Klangsprache auf nahöstliche und arabische Traditionen zurückgreift und Elemente der jüdischen Liturgie verarbeitet. David Bruce treibt diese Kombination von Zupfinstrumenten in seinem „Death is a Friend of Ours“ ein Stück weiter und läßt Mandoline, Gitarre, Harfe, Theorbe und Cembalo miteinander erklingen.

Ganz anders ist die Klangwelt auf der CD „aus südlichen Gärten“ mit der Mandolinistin Denise Wambsganß und ihrem Begleiter auf der Gitarre, Jakob Ph. Ruppel, (siehe: http://www.denise-wambsganss.de) mit Werken von Astor Piazzolla (Histoire du Tango), Francisco Tárrega (mit vier „Frauenportraits“), Raffaele Calace und Carlo Munier (Bizzaria). Und dann war da noch ganz viel wunderbare andere Musik mit Mandoline – die „5 Stücke“ op. 10 von Anton Webern haben wir im Januar schon erwähnt (https://www.youtube.com/watch?v=HwX7jPdFsD4 – die Mandoline erklingt ab dem 3. Satz bei Minute 1‘ 35‘‘). Man gebe einfach nur mal den Begriff „Mandoline“ in einer Suchmaschine oder bei Youtube ein – die Ergebnisse sind vielfältig, wunderbar und gelegentlich ziemlich überraschend.

Weitere Infomationen:

  • Rüdiger Grambow hat für die International Mandolin Society einen kleinen Band „Mandoline – Instrument des Jahres“ herausgegeben. Auf 90 Seiten hat er prominente Autoren zusammengebracht, die das gesamte Spektrum der Mandoline repräsentieren und kompetent und spannend wiedergeben. (ISBN 978-3-00-073799-2; die Broschüre kostet 15 Euro und kann per E-Mail bestellt werden: ruediger [at] grambow-hh.de (ruediger[at]grambow-hh[dot]de))

Termine:

  • Jetzt schon mal im Kalender eintragen: am 3. und 4. Juni das „6. Norddeutsche Zupfmusikfestval“ im Kulturhof Dulsberg in Hamburg. Weitere Informationen und Anmeldung: www.bdz-nord.de

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