Cluster, Eisenfluch und Nachtstille: Deutscher JugendKammerChor und CantAnima in Regensburg
Dem Steirischen Landesjugendchor CantAnima unter der Leitung Franz Herzogs gelang dies, was ihrem Programmteil – der mit ‚stilistisch disparat‘ noch sehr höflich umschrieben ist – doch noch eine gewisse Rundung verlieh. Begonnen hatte das in ausgezeichneter Verfassung sich präsentierende 32-köpfige Auswahlensemble mit einer überzeugend herben, die Schmerzen Mariens unterm Kreuz in schneidenden Dissonanzstichen illustrierenden Stabat-Mater-Vertonung des Litauers Vytautas Barkauskas.
Unter dem zwischenzeitlichen Dirigat Nataliya Lukinas sollte Edvard Griegs wunderbare Liedbearbeitung „Ave maris stella“ (die Soprantöne standen fast schwerelos im Raum) anschließend offenbar den Kontrast zum mittleren Programmblock mildern helfen; der Qualitätsabfall hin zu dem in süßlicher Vorhersehbarkeit sich ergehenden Sakralkitsch Ola Gjeilos – längliche E-Piano-Aufwallungen machten alles nur noch schlimmer – war umso eklatanter.
Mindestens mutig dann wiederum der Kontrast zu jener Brachialvokalistik, mit der Veljo Tormis anhand eines Textes aus dem finnischen Nationalepos „Kalevala“ den „Fluch des Eisens“ und damit vor allem die Schrecken des Krieges heraufbeschwört. Peitschende Deklamation, kehliger, die Obertöne herausfordernder Männergesang, durchlaufende Trommelhiebe: Da hatte sich Ex-Domkapellmeister Georg Ratzinger wohl mit etwas anderen Erwartungen in die zweite Reihe der Regensburger Niedermünsterkirche gesetzt.
Die dürften freilich im ersten Programmteil aufs schönste erfüllt worden sein. Der Deutsche JugendKammerChor unter der Leitung von Robert Göstl stellte mit einem Querschnitt geistlicher A-cappella-Kunst von Heinrich Schütz bis Hugo Distler (mit Gespür für den korrespondierenden Kontrast ließ Göstl dessen „Verleih’ uns Frieden“ den Schütz-Werken beinahe pausenlos folgen) seine klanglichen und gestalterischen Qualitäten unter Beweis, auch wenn das Auswahlensemble der Deutschen Chorjugend durch einige Ausfälle in den Männerstimmen geschwächt war.
Zu den Höhepunkten der in sich sehr stimmigen, vom homogenen Kontinuum stärker als von gezielten Interpretationsakzenten lebenden Abfolge zählten Max Regers „Nachtlied“ und Camille Saint-Saëns’ „Calme des nuits“, für das sich die Chormitglieder hinter dem Altar unabhängig von der Stimmlage gruppierten. Besser kann man das Aufgehen des Satzes in pure, schließlich im Raum sich verlierende Klangfarbe wohl kaum gestalten.
Drei Zugaben (Bruckner, Mendelssohn, Grieg) vereinten am Ende die beiden, jugendliche Frische und Professionalität gleichermaßen ausstrahlenden Ensembles (über die man im Programmheft gern mehr erfahren hätte) zu einem wirkungsmächtigen Ganzen.
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