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Umstrittene Siegerin des BMW Welt Jazz Awards 2010: Maria de Fatima. Foto: Ssirus W. Pakzad
Umstrittene Siegerin des BMW Welt Jazz Awards 2010: Maria de Fatima. Foto: Ssirus W. Pakzad
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Konzept schlägt Stimme - Maria De Fatima gewinnt BMW Welt Jazz Award 2010

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Am Samstagabend traten bei der bereits seit vielen Wochen ausverkauften Abschlussveranstaltung des BMW Welt Jazz Award 2010 die beiden Finalisten Maria De Fatima und das Duo Youn Sun Nah und Gitarrist Ulf Wakenius im Auditorium der BMW Welt gegeneinander an. Der Sieger ist gekürt: Maria De Fatima ist die Gewinnerin des BMW Welt Jazz Award 2010. „Voices in Jazz“ war das diesjährige Motto, unter dem insgesamt sechs Ensembles in der BMW Welt ihre ganz eigenen musikalischen Kompositionen zum Besten gaben.

Beate Sampson, Redakteurin von BR Klassik, moderierte mit Charme und Expertise durch den Abend. Unter den anwesenden Gästen war unter anderem der Oberbürgermeister der Stadt München, Christian Ude.

Es war fast wie beim etwa zeitgleich abgehaltenen DSDS-Finale: es gab einen Favoritensturz und viele lange Gesichter: Mehrzad statt Menowin, Maria statt Youn Sun. Der große Unterschied: im Auditorium der BMW Welt ging es um Musik. Als Frank-Peter Arndt, Vorstands-Mitglied der BMW-AG den ihm anvertrauten Umschlag öffnete und den Sieger-Namen des 2. BMW Welt Jazz Awards verlas, schien niemand überraschter als die Preisträgerin selbst: Maria de Fatima, der in Deutschland lebenden Portugiesin, stand das freudige Entsetzen im Gesicht.

Mit der (knappen) Entscheidung für die Fado-Jazz-Sängerin hat die fünfköpfige Fachjury bei manchem Anwesenden, bei Experten sowie vermutlich im Hause des gastgebenden Autobauers für Erstaunen gesorgt und Diskussionsstoff geliefert.

Frau de Fatima hätte das Erbe des Fado und der Samba schlüssig und mit sehr persönlicher Note in den Jazz überführt - so oder so ähnlich hieß es in der Begründung  für Platz 1. Man zeichnete eine Frau aus, die im Finale eigentlich nur einen erkennbaren Vorteil ausspielte: sie verfügt im Gegensatz zu ihrer Konkurrentin über das weit größere, offener gestaltete Repertoire. Während es im Vergleich zu ihrem Ausscheidungskonzert kaum Überschneidungen gab, war das (verkürzte)Programm der Zweitplatzierten Youn Sun Nah fast identisch mit dem Auftritt, der ihr das Erreichen des Finales eintrug. Vorwerfen könnte man der Koreanerin vielleicht gerade noch, dass ihre improvisatorischen Ansätze und Verzierungen kaum vom ersten Konzert zu unterscheiden waren – was nicht unbedingt dem Geist des Jazz entspricht.

Der Jury, die ihre Einladung immerhin verantwortet, missfiel die Abwesenheit des Musikstils, der über der Veranstaltung stand. Doch die zarte Frau aus Seoul sieht sich selbst gar nicht unbedingt als Jazz-Diseuse. Ihre Bandbreite reicht von Tom Waits über Egberto Gismonti bis Nat King Cole, von koreanischen Liebesweisen bis zu französischen Chansons. Egal wie das Genre aussah – es trug unverkennbar ihr Gesicht. Stimmlich war sie ihrer Mitbewerberin auf fast schon groteske Weise überlegen: während Maria de Fatima den guten Eindruck aus der Vorrunde verblassen ließ, weil ihr viele Ungenauigkeiten und Ausrutscher unterliefen (fatal: Ornette Colemans „Lonely Woman“), saß bei Youn Sun Nah jede noch so feine Nuance, wurden die Zuhörer vom Klangfarbenreichtum, der Stimmbeherrschung, dem ausgeprägten Gespür für Dramaturgie  und dem immensen Charme der Sängerin überwältigt – was ihr immerhin den Publikumspreis einbrachte.

Wenn die Tagesform für den Gewinn des BMW Welt Jazz Awards wirklich relevant gewesen wäre, hätte die Siegerin nur Youn Sun Nah heißen dürfen. Warum wird überhaupt ein Finale ausgetragen, wenn die Leistung des Augenblicks offensichtlich kaum zählt? Wenn nämlich in erster Linie konzeptionelle Stärken darüber entscheiden, wer aufs höchste Treppchen darf, hätte man den Sieger auch gleich ermitteln können: unmittelbar nach den musikalisch sehr abwechslungsreichen, stets von großem Publikumsinteresse begleiteten Matinee-Konzerten der sechs Anwärter auf den eigens geschaffenen BMW Welt Jazz-Pokal. Youn Sun Nah kann sich immerhin damit trösten, dass sie auch ohne den ersten Platz in diesem Wettbewerb eine Weltkarriere hinlegen wird. Mein Wort drauf.

Kommen wir zu etwas Erfreulichem: der BMW Welt Jazz Award scheint wirklich eine feste Einrichtung im Münchner Kulturleben zu werden. Das Motto der nächsten Runde, die im Frühjahr 2011 über die Bühne geht, steht schon fest: „Two Horns & More“.

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