Hauptbild
50 Jahre „Jugend musiziert“: Lars Vogt und Luisa Höfs im Konzerthaus Berlin. Foto: MUTESOUVENIR | KAI BIENERT
50 Jahre „Jugend musiziert“: Lars Vogt und Luisa Höfs im Konzerthaus Berlin. Foto: MUTESOUVENIR | KAI BIENERT
Hauptrubrik
Banner Full-Size

Schüler und Meister: 50 Jahre „Jugend musiziert“ im Konzerthaus Berlin festlich begangen

Publikationsdatum
Body

Als 1964 der Deutsche Musikrat und dessen späterer Präsident Siegfried Borris den Wettbewerb „Jugend musiziert“ initiierten, ging es vor allem darum, den dringend benötigten Orchesternachwuchs zu fördern. „Jugend musiziert“ hat aber nicht nur diese Aufgabe glänzend gelöst, sondern auch bedeutende Solisten wie die Geigerin Anne-Sophie Mutter, den Pianisten Lars Vogt oder die Bratschistin Tabea Zimmermann ermutigt und motiviert. Nicht wenige Preisträger haben sich nach der Teilnahme an diesem Wettbewerb für den Musikerberuf entschieden.

Jedes Jahr nehmen viele tausend junge Menschen im Alter bis 21 Jahren an den regionalen und überregionalen Ausscheidungen teil. Sie müssen Werke aus verschiedenen Epochen vorspielen und dürfen inzwischen auch Popmusik einbeziehen. „Jugend musiziert“ hat dazu beigetragen, dass auch Instrumente wie Blockflöte und Akkordeon mehr Anerkennung bekamen. Der Landesmusikrat Berlin erhofft sich Ähnliches für die türkische Langhalslaute Bağlama, der er im September als „Instrument des Jahres“ ein internationales Symposium widmet.

Das fünfzigjährige Bestehen dieses Wettbewerbs wurde schon mit der Herausgabe einer Briefmarke und mit einzelnen Konzerten begangen. Als Geburtstagsgeschenk der Sparkassen-Finanzgruppe, dem Hauptsponsor des Bundeswettbewerbs, konnte nun vom 15. bis 18. August unter dem Motto „Von Schülern und Meistern“ ein viertägiges Fest im Konzerthaus Berlin stattfinden. 2009 hatte dieser großzügige Sponsor die Konzertreihe „Meisterschüler – Meister“ initiiert, bei der bekannte Interpreten, die einmal bei „Jugend musiziert“ begannen, mit aktuellen Bundespreisträgern auftreten.

Für das Berliner Fest erarbeitete der Pianist Lars Vogt mit diesjährigen Preisträgern an zwei Tagen Mozarts Quintett für Klavier und Bläser KV 452 und das Horn-Trio op.  40 von Brahms. Während er im Mozart-Quintett akustisch und mit Dirigierbewegungen die Führung übernahm, trat er bei Brahms diskret in den Hintergrund und ließ dem Geschwisterpaar Luisa Höfs (Violine) und Tillmann Höfs den Vortritt. Wenn auch die Schwester ihren jüngeren Bruder an Sicherheit in den Schatten stellte, gelangen doch bei beiden Werken inspirierte Interpretationen. Der 19-jährige Jakob Steinsiek spielte die späte Fagott-Sonate von Camille Saint-Saëns  mit beweglichem schönem Ton, aber leichten Intonationstrübungen. Dagegen bewältigte die erst 15-jährige Yeon Su Nam, von der gleichaltrigen Lea Heimsoeth am Klavier begleitet, die Oboensonate dieses Komponisten völlig makellos auch noch in den schwierigsten Passagen.

Etwas buntscheckiger wirkte der zweite Abend der Reihe „Meisterschüler- Meister“. Die Geigerin Dorothea Stepp, die Bratschistinnen Anna Maria Wünsch und Franziska Hügel sowie die Cellisten Timothy Hopkins, Jakob Kuchenbuch und Michael Schmitz durften zuerst Wettbewerbsstücke von Mendelssohn, Bach, Britten, Bruch und Schumann vorführen, bevor die bekannte Geigerin Viviane Hagner (1987 erstmals „Jugend musiziert“-Preisträgerin) mit ihnen zusammen das Streichsextett Nr. 2 G-Dur von Brahms interpretierte.

Nach einem Konzert des Landesjugendorchesters Berlin mit den Trompetensolisten Falk Maertens und Raphael Mentzen bildete abschließend im Großen Saal des Konzerthauses der Auftritt des Bundesjugendorchesters den Höhepunkt. Schon die Sitzordnung mit den längsseits aufgestellten acht Kontrabässen und dem beiderseits positionierten Blech überraschte. Beim Violinkonzert von Brahms verblüffte der Solist Christian Tetzlaff durch dramatische Kontraste, dynamische Extreme und leidenschaftliche Beschleunigungen. Eine junge Oboistin bezauberte im Adagio mit dem kantablen Thema, das später die Hörner sicher aufgriffen. Im Allegro giocoso vollführten alle Musiker, nicht zuletzt der Dirigent Mario Venzago, einen wilden Tanz. Beglückt über so viel Übereinstimmung fiel danach der Geiger dem Dirigenten um den Hals.

In Gustav Mahlers nur zehn Jahre später geschriebener Symphonie Nr. 1 („Der Titan“) geriet der tänzerische zweite Satz ebenfalls besonders überzeugend; dem mit breitem Bogen gespielten derben Bauerntanz stand ein eleganter Walzer mit flexiblem Tempo und feinen Luftpausen gegenüber. Im Trauermarsch trat eine ebenfalls überzeugende zweite Oboistin hervor, bevor das Finale aus der Katastrophe der Apotheose entgegensteuerte, in der sieben stehende Hörner klangprächtig schmetterten. Vielen der 14 bis 19 Jahre alten Musiker und Musikerinnen des Bundesjugendorchesters wird man wohl in wenigen Jahren in Berufsorchestern wiederbegegnen. Der Wettbewerb „Jugend musiziert“ hat ihnen auf diesem Weg geholfen.

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!