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DFDC. Foto: DFDC
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Sportive Ästhetik und knallharter Stillstand

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DFDC ist gestartet. Keine neue Castingshow, sondern die Dresden Frankfurt Dance Company als Nachfolger der Forsythe-Company. Zum Auftakt gab’s gleich eine Trilogie: „The Primate Trilogy“. Ein erster Eindruck von Michael Ernst.

DFDC klingt ja nun wirklich wie die Verblödung mit öffentlich-rechtlichen Mitteln. Dabei ist dieses neue Label zwar öffentlich gefördert und basiert rein rechtlich auf einem Vertrag zwischen den Bundesländern Hessen und Sachsen sowie den Kommunen Dresden und Frankfurt am Main, die Mittel sind aber ganz anderer Natur. Und fließen wesentlich spärlicher. Ganze drei Millionen Euro gehen pro Jahr an das Ensemble. Dessen Rechtsträger ist auch in Zukunft ein Konstrukt namens The Forsythe Company GmbH.

Nur William Forsythe hat sich verabschiedet. Der Gründungsvater des Frankfurt Ballett und der nach ihm benannten Company wird künftig, mit nunmehr bald 66 Jahren, andere Wege gehen. Die führen den gebürtigen Amerikaner zunächst nach Kalifornien, wo er als Professur für Tanz agieren wird.

Die Reise seines Ensembles aber geht weiter. Einmal pro Jahr auch mit einer Forsythe-Choreografie. Nunmehr trägt die Company das Label DFDC, Dresden Frankfurt Dance Company. Es besteht aus jeweils sieben Tänzerinnen und Tänzerin, ist somit eine veritable Neugründung für die es rund 800 Bewerbungen gegeben haben soll, von denen etwa drei Dutzend in Frage kommende Damen und Herren zum Vortanzen eingeladen worden sind. Nunmehr besteht die Truppe aus jenen 14 wahrhaft Erwählten – sie stammen aus neun Ländern – sowie aus einem Praktikanten von der Dresdner Palucca-Schule für Tanz.

Zum Auftakt boten sie gleich eine Trilogie. Ein Triptychon, bestehend aus Klang, Licht und Bewegung, aus innerer und äußerer Körperlichkeit, deren Konfrontation ein Neues schuf, nennen wir es sportive Ästhetik. Choreografiert wurde das Projekt mit dem Titel „The Primate Trilogy“ vom Forsythe-Nachfolger und DFDC-Chef Jacopo Godani, der ja bis 2000 bereits neun Jahre lang als Solist im Frankfurt Ballett mitgewirkt hat. Seine künstlerische Arbeit führte ihn, nachdem er schon 1990 in Brüssel eine eigene Company ins Leben gerufen hatte, an zahlreiche große Bühnen der Welt. Künftig wird er sich mit DFDC in den Spagat zwischen Frankfurt und Dresden begeben, um innovatives Tanztheater aus dem Geist der Ästhetik zu formen.

Danach jedenfalls sah die Einstands-Trilogie sehr deutlich aus. Eine weitgehend sinnfreie und dennoch recht sinnlich wirkende Produktion ganz schwarz in schwarz. Deren Uraufführung gab es in der Heimstatt Bockenheimer Depot in Frankfurt/Main, wo sie recht zwiespältig aufgenommen worden ist. Zur Umsetzung ans Festspielhaus Hellerau Ende Oktober wurde das Stück jedoch heftig bejubelt. Man hatte sich ja auch ausreichend Tanzpublikum in dieses Haus geholt, wo vor gut 100 Jahren schon einmal ganz neue Schritte des Tanzes gewagt werden sollten.

Auf der schmucklos düsteren Bühne rangen und lauerten die Körper des neuen Ensembles energiegeladen mit- und umeinander. Der zumeist melodiefreie Klangrausch von 48Nord, eine Erfindung der Musiker Ulrich Müller und Siegfried Rössert, hämmerte und stanzte dazu ziemlich bombastisch die mehr oder minder zufälligen Grundlagen. Licht und Schatten mitsamt häufigen Blackouts wurden geradezu elementar eingesetzt, als hätten die mal solistisch, mal in Gruppen und mal im Tutti eingesetzten Tänzerinnen und Tänzerin damit einen weiteren Partner finden sollen, einen aus Hell und aus Dunkel.

„The Primate Trilogy“ geriet so zur Triade aus Leidenschaft und Präzision, Sportivität und Akribie, Energie und – knallhartem Stillstand. Der brach die Bewegungsabläufe, um Künstler und Publikum immer mal wieder ins ungreifbar Dunkle zu tauchen.

Mit diesem Neustart setzt der Italiener Jacopo Godani die bisherige Arbeit von William Forsythe nicht geradlinig fort, er ist eigenständig und obendrein einfallsreich genug, um sich mit DFDC selbst zu behaupten. Er greift allerdings die historischen Grundlagen des Tanzes von Helleraus Reformbewegungen wieder auf, wie um möglichst alles mal auszuprobieren und den nur gut einstündigen Abend mit Drehungen, Sprüngen und starken Kontrasten in größtmöglicher Vielfalt zu würzen. Dazu gehören neben Spitzentanz dann auch Details wie bloßes Fingerschütteln, Fußbodentrommeln per Hand und absichtsvolle Zischlaute der ein hohes Leistungsvermögen unter Beweis stellenden Mitwirkenden.

Wir dürfen gespannt sein, wohin die DFDC-Reise noch führt.

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