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Dieter Gorny darf sich die Hände reiben. Gut gemacht. Foto: Hufner
Dieter Gorny darf sich die Hände reiben. Gut gemacht. Foto: Hufner
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Urheberrecht: Und es wächst zusammen, was zusammengehört - wirklich?

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Dieter Gorny zieht die Strippen fest und fordert eine konsequente Diskussion über das Urheberrecht (als Voraussetzung für die Entstehung von Kultur). So die Grundaussage eine Pressemeldung des Bundesverbandes Musikindustrie e.V. – und vor allem sein Vorstandsvorsitzender, Dieter Gorny. Das sind die Folgen, wenn eine Person nicht nur mehr über ein weitreichendes Netzwerk verfügt, sondern gar selbst eines geworden ist.

Als Vizepräsident des Deutschen Musikrates, seiner Fachausschüsse „Musik & Medien“, als neuberufenes Mitglied der Medienkommission der SPD, als Mitglied der Enquête-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ des Deutschen Bundestages, als Vorsitzender des Aufsichtsrats der Initiative Musik gGmbH undundund. Vielleicht sollte man die Anwendung des Kartellrechts auch auf Menschen ausweiten. Vielleicht.

Zum Thema selbst: Gorny fordert dazu auf „die Diskussion über das Urheberrecht auf der Basis der Thesen des Kulturstaatsministers nicht nur reflexhaft zu führen.“ Er meint: „Das Internet eröffnet viele großartige Möglichkeiten, ändert aber die Prinzipien der Entstehung geistigen Eigentums nicht komplett. Ein brillanter Song entsteht nicht durch ,Schwarmintelligenz‘, sondern durch harte Arbeit des Einzelnen und seiner Partner. In den meisten Fällen macht erst dieses Zusammenwirken den Genuss kreativer Werke überhaupt möglich. Es ist richtig und wichtig, dass die Kreativen für ihre Ideen und ihre Arbeit auch bezahlt werden.“ Und er erweitert die These um den Bereich der Verwerter und Verkäufer: „Nichts anderes kann für diejenigen gelten, die partnerschaftlich an der Entwicklung beteiligt sind.“

Eine These, die man sich auf der Zunge zergehen lassen müsste. Die Musikindustrie, denn die dürfte hier als Partner des Urhebers gemeint sein, soll damit umfänglicheren Schutz genießen. Nicht, dass man ihr diese rechtliche Hilfestellung neiden wollte, aber zu fragen ist doch, wie offen hier dann tatsächlich die Diskussion über das Urheberrecht geführt werden will. Die Ziele scheinen mir hier sehr scharf artikuliert und aber auch die Vorgaben.

Kern der Kreativität

Aber auch der Gedanke an die „Schwarmintelligenz“ wird etwas leicht abgebügelt. Tatsächlich entsteht Kreativität nicht aus dem Nichts. Zumeist sind an der Entwicklung kreativer Leistungen sehr viel mehr Personen beteiligt als Gorny Glauben machen will. Die Musik, aber eigentlich alle Kunst, wird nicht jeden Tag neu erfunden.

„Wir unterstützen daher insbesondere die sehr grundsätzliche Betrachtung des Urheberrechts als Voraussetzung für die Entstehung individueller geistiger Leistungen und damit letztlich auch als Voraussetzung für die Entstehung von Kunst, Kultur und Wissen in einer modernen digitalen Gesellschaft“, so Gorny weiter. Natürlich steht am Ende eines kreativen Prozesses meistens eine individuelle Leistung, die dafür die Verantwortung trägt.

Doch schon der nächste Gedanke der Pressemittelung scheint fraglich: „Das Urheberrecht formuliert weit über Kunst und Kultur hinaus die Spielregeln für den Umgang mit Wissen und schafft die richtigen Anreize, sich mit Zeit, Kreativität, Engagement, Konzentration und Verantwortung investiv am kulturellen und wissenschaftlichen Fortschritt zu beteiligen.“ Wir haben keinerlei belastbare Angaben dazu, ob das Urheberrecht wirklich „diesen“ Zweck erfüllt. Dass einige Urheber das so fühlen, heißt längst nicht, dass andere Wege auch zu diesem Ziel führen könnten. „Über diese Grundlagen müssen wir ausführlich miteinander reden, um die verzerrt geführte Debatte über Urheberrecht in digitalen Zeiten neu und vernünftig aufsetzen zu können.“

Enquête-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“

In einem letzten Absatz wird auf das Warnhinweis-System hingewiesen, mit dem Urheberrechtsverletzungen begegnet werden soll. Man muss hier den Eindruck gewinnen, dass Gorny der Sitzung der Enquête-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ nicht beigewohnt habe, obwohl er zugegen war. Mehrfach wurde darauf hingewiesen, dass dies zum einen zu einer vollständigen Kontrolle der Netzdatenströme führen müsste und weiter, vor allem durch die Rechtsexperten der Anhörung vorgetragen, dass man aufgrund der komplizierten Lizenzmodelle und Nutzungrechteeinräumungen, gar nicht so einfach weiß, wann man etwas „Unrechtes“ tut. Hier sahen viele Beteiligten eine weiten Handlungsspielraum, den man im Gesetz erst noch ausschöpfen müsste. Und wir reden hier nicht von illegalen Downloads von zweifelhaften Quellen.

Die Quelle für die Pressemeldung geben wir aber gerne weiter.

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