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„Alles Schwindel“ in Regensburg: Sophie Juliana Pollack, Franziska Sörensen, Johanna Kunze & Ensemble. Foto: Tom Neumeier Leather
„Alles Schwindel“ in Regensburg: Sophie Juliana Pollack, Franziska Sörensen, Johanna Kunze & Ensemble. Foto: Tom Neumeier Leather
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Zeitlose Qualität: „Alles Schwindel“ von Spoliansky/Schiffer am Theater Regensburg

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Wie gut das deutsche U-Musiktheater vor allem dank jüdischer Komponisten und Autoren bis 1933 war, davon konnte man sich am Theater Regensburg einmal mehr überzeugen. Die musikalische Burleske „Alles Schwindel“ (1931) von Komponist Mischa Spoliansky und Textdichter Marcellus Schiffer funktionierte dort auch als leicht fahrig inszenierte Comic-Strip-Revue.

Die Story rund um das chaotisch verlaufende Blind Date eines unter Vorspiegelung falscher Identitäten zusammenfindenden Paares ist eigentlich sehr klar in der implodierenden Endphase der „Roaring Twenties“ verortet. Durch ein paar moderne Einsprengsel im Text und die Ausstattung im Stil eines Pop-Art-Comics wollte Regisseurin Antje Thoms daraus aber offenbar eine irgendwie zeitlose Revue über Schein und Sein und den titelgebenden Schwindel machen, den alle als Waffe einsetzen und dem alle erliegen.

Optisch gelingt das dank toller Ausstattung und Kostüme (Jan Hendrik Neidert, Lorena Díaz Stephens) durchaus und erzeugt durch parlierende Pappkameraden und passgenau hochgehaltene Sprech- und Denkblasen einiges an Witz. Auch die offene Bühne, auf der sich links und rechts die Darsteller in den Garderoben auf ihre Auftritte in neuen Glitzerkostümen vorbereiten, macht angesichts der von Antje Thoms als eher locker gefügte Szenenfolge verstandenen Handlung Sinn. Gleichzeitig zerfasert das Ganze mitunter aber auch in den Textpassagen, um dann in den großartigen Songs wieder zu sich zu finden.

„Alles Schwindel“, „Mir ist so nach Dir“ oder das eingeschobene „Einmal möcht ich keine Sorgen haben“ aus dem gleichnamigen Film von Max Nosseck – man verlässt die Ausweichspielstätte Antoniushaus mit einer Menge wunderbarer Ohrwürmer im Kopf. Das Schauspielensemble macht das insgesamt sängerisch sehr ordentlich; die Textprägnanz könnte höher sein, aber die kleinen mehrstimmigen Einlagen im Stil der Comedian Harmonists funktionieren ausgezeichnet. Die kleine Combo rund um den musikalischen Leiter Thomas Basy am Klavier versprüht den nonchalanten Schmiss dazu.

Der intensivste Moment, in dem die Revue für kurze Zeit in veritables Musiktheater umschlägt, ergibt sich, wenn Antje Thoms ihren Tonio Hendricks (Jonas Julian Niemann) beim nachdenklichsten Song des umjubelten Abends nach langen Pausen immer wieder für eine neue Strophe auf die Bühne zurückkommen lässt: „Früher war alles so schön einfach, heute ist alles nur so zweifach, so mehrfach, so schwerfach…“

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