Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet. Mit dem Kulturinformationszentrum stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten im Netz. An dieser Stelle können Fragen gestellt, Informationen verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur Darstellung gebracht werden.
Grenzenlose Experimentierlust
Zum Tod des Komponisten und Organisten Werner Jacob
Der Komponist, Organist und Hochschullehrer Werner Jacob hat den langen Kampf gegen seine schweren Krankheiten verloren. Er ist am 23. Mai in Nürnberg im Alter von 68 Jahren gestorben.
Am 4. März 1938 im thüringischen Mengersgereut geboren begann er bereits als Jugendlicher zu komponieren. Nach dem Abitur verließ er die für ihn perspektivlose DDR und studierte ab 1956 an der Musikhochschule Freiburg Orgel bei Walter Kraft und Komposition bei Wolfgang Fortner, der zehn Jahre lang sein Lehrer sein sollte. 1963 verlegte Jacob seinen Lebensmittelpunkt nach Nürnberg, sieben Jahre später wurde er zum Kirchenmusikdirektor an St. Sebald berufen.
Seitdem prägte Werner Jacob die Internationale Orgelwoche Nürnberg und setzte in den 18 Jahren seiner künstlerischen Leitung Maßstäbe, die bis heute nachklingen. Als er vor drei Jahren sein Amt niederlegte, hatte seine künstlerische Konzeption der ION zu internationaler Anerkennung verholfen, die es für die Zukunft zu erhalten gilt. Ein weiteres Verdienst kommt Werner Jacob als Pädagoge zu. 22 Jahre lang lehrte er an der Musikhochschule Stuttgart Orgel und Komposition.
Für die zeitgenössische Orgelmusik setzte sich Werner Jacob weltweit in zahllosen Konzerten ein. Er begleitete über 150 Uraufführungen als Dirigent oder Organist. Seinen Kompositionen war immer auch der Musikant in ihm anzumerken. Dank seiner grenzenlosen Experimentierlust konnte man ihn in keine Schublade stecken.
Musiktradition und evangelisch-liturgische Aspekte spielten eine ebenso große Rolle in seinem kompositorischen Schaffen wie die Einflüsse von Literatur und Philosophie. „Ich war nie ein modischer Komponist. Ich wähle sehr gezielt aus und bin dann auch geschmäcklerisch und huldige nicht unbedingt dem Zeitgeist. Aber damit habe ich nie Schwierigkeiten gehabt, eher die anderen mit mir.“ bl
Otto M. Zykan
Der Wiener Komponist Otto M. Zykan ist im Alter von 71 Jahren gestorben. Nach Angaben seiner Lebensgefährtin verstarb Zykan am Morgen beim Radfahren in Sachsenhoff (Niederösterreich). Zykan galt als vielfältiger Künstler, als „kompromissloser Neutöner“, als kreativer Kopf, der die Konventionen von Musik und Konzertbetrieb ebenso in Frage stellte wie die herkömmlichen Gattungsgrenzen. Er komponierte Opern, Konzerte, Chansons, Bühnen- und Filmmusik und betätigte sich als Sprachjongleur. Mit den Humanic-TV-Spots kreierte Zykan eine der ungewöhnlichsten und erfolgreichsten österreichischen Werbekampagnen der vergangenen Jahrzehnte.
Beiträge zur Gregorianik
Johannes Berchmans Göschl wird fünfundsechzig
Im Juni 2006 kann Professor Johannes Berchmans Göschl seinen 65. Geburtstag feiern. Göschl ist Inhaber des Lehrstuhls für Gregorianik und Deutschen Liturgiegesang an der Hochschule für Musik und Theater in München und ein international gefragter Experte auf dem Gebiet des Gregorianischen Chorals. Er ist Präsident der „Associazione Internazionale Studi di Canto Gregoriano“ AISCGre (Internationale Studienvereinigung zur Erforschung des Gregorianischen Chorals), Mitherausgeber der wissenschaftlichen Reihe „Beiträge zur Gregorianik“, Mitautor des knapp 1000-seitigen Standardwerkes „Einführung in die Interpretation des Gregorianischen Chorals“ und Leiter der „Schola Gregoriana Monacensis“, der Choralschola der Münchner Musikhochschule. Göschl war Schüler von Professor Eugène Cardine OSB, dem Begründer der so genannten „Gregorianischen Semiologie“, einer Wissenschaft, die sich mit der Erforschung der ältesten Choralhandschriften befasst. Neben seiner Lehrtätigkeit an kirchenmusikalischen Ausbildungsstätten und seinem Amt als Kantor der Erzabtei St. Ottilien von 1978 bis 1994 war und ist Johannes Berchmans Göschl auch über die Grenzen Deutschlands hinaus tätig: als Dozent auf diversen Kursen im In- und Ausland, so vor allem in Cremona seit 1978, in Essen von 1984 bis 1988, in St. Ottilien bis 1994 und in Goslar seit 2002; weiterhin durch Vorträge, Teilnahme an Symposien und Durchführung von Konzerten, Kursen oder Workshops in Deutschland, Italien, Österreich, Schweiz, Tschechien, Slowakei, Ungarn, Niederlande, Belgien, Spanien, Portugal, Luxemburg, Australien, Venezuela und Korea.
Seinen Lehrstuhl wird Professor Göschl zum Ende des Sommersemesters 2006 niederlegen, im Rahmen seiner Kurstätigkeit aber sicherlich noch für viele Jahre seine Begeisterung für den Gregorianischen Choral der nächsten Generation weitergeben.
Ihm zu Ehren wird die nächste Ausgabe der „Beiträge zur Gregorianik“ als Doppelband und als Festschrift erscheinen. Namhafte Autoren ehren ihren Kollegen in vielen Beiträgen mit Artikeln zu Themen, die von der Entstehung des Stundengebets bis hin zur Beziehung zwischen der Gregorianik und der Orgelmusik Tournemires reichen. cd
Neuer Mozart-Präsident
Der Komponist und Dirigent Jörg Riedlbauer (45) ist zum neuen Präsidenten der Deutschen Mozart-Gesellschaft gewählt worden. Er tritt die Nachfolge von Dirk Hewig an, der die Gesellschaft seit 2002 geführt hat. Riedlbauer beschäftigte sich in zahlreichen Veröffentlichungen mit Mozart, Wagner und der Musik des 20. Jahrhunderts. In seiner Antrittsrede hob er die Notwendigkeit einer kulturellen Breitenbildung durch aktives Musizieren hervor.
Neuer Kraus-Präsident
Die Mitgliederversammlung der Internationalen Joseph Martin Kraus-Gesellschaft e.V. wählte Gerhart Darmstadt, Violoncellist, Dirigent und Professor für historische Aufführungspraxis und Kammermusik an der Musikhochschule Hamburg, zum neuen Präsidenten der Gesellschaft. Vizepräsident wurde der Buchener Bürgermeister Roland Burger. Als Geschäftsführerin amtiert weiterhin Gerlinde Trunk und als Schatzmeister Volker Balles.
Die Musikschul-Muse
Heidi Wucher mit der Ehrenmitgliedschaft des VdM geehrt
Die Delegierten der VdM-Bundesversammlung in Aschaffenburg erhoben sich und spendeten minutenlangen Beifall: Eine Angestellte ihres Verbandes war zum Ehrenmitglied ernannt worden – in der Geschichte des VdM ein ebenso einmaliger wie angemessener Vorgang.
Heidi Wucher hat mehr als 40 Jahre ihres Lebens für die Sache der Musikschulen gearbeitet. Viele Jahre an der Seite ihres Mannes, des langjährigen Bundesvorsitzenden Diethard Wucher, und nach dessen Tod als kompetente, sich lieber im Hintergrund bewegende Referentin in der Bundesgeschäftsstelle. Der prunkvolle öffentliche Auftritt ist nicht ihr Ding – eher schon die auf solidem Fachwissen gründende eigene Meinung. Heidi Wucher wirkt organisatorisch und inhaltlich lieber im Hintergrund. Dies aber eben hocheffizient und in bestem Einvernehmen mit ihren Kolleginnen und Kollegen. Ihre überzeugte humanistische Grundhaltung, ihre herzliche Wärme hat sie – im Verbund mit norddeutsch-gerader Sprache und profunder Kenntnis aller Winkel unseres Musiklebens zu einer Persönlichkeit geformt, die weit über Verbandsgrenzen hinaus Anerkennung findet. Erinnert sei an ihren Dauer-Einsatz bei den Bundeswettbewerben „Jugend musiziert“ – oder an ihre editorische Leistung bei der Fertigstellung des letzten Buches ihres Mannes „Musik selber machen – Musikalische Erwachsenenbildung an Musikschulen“. Vielleicht bezeichnend, dass dieses Thema für die Institution, der Heidi Wucher dient, gerade wieder stark an Aktualität gewinnt – wie auch für die Herausgeberin selbst: Das so genannte dritte Lebensalter als Zeitraum hoher Schaffenskraft beginnt bekanntlich mit dem fünften Lebensjahrzehnt. Da bleibt noch viel Zeit für fruchtbare Taten in unserem Musikland… thg
Im Geiste des Aufbruchs
Zum Tod des Schlagzeugers und Komponisten Siegfried Fink
Am 3. Mai 2006 ist der Schlagzeuger und Komponist Siegfried Fink in seiner Heimatstadt Würzburg gestorben. Er war eine der großen Aufbruchsgestalten, die die Musikgeschichte der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kennt und ohne die die Neuanfänge auf allen Ebenen nicht gewagt worden wären. Das Schlagzeug war ohnehin prädestiniert für den Gang in neue Regionen und Fink hat das von Anfang an genau gespürt. Siegfried Fink wurde 1928 in Zerbst (Sachsen-Anhalt) geboren und hat in der gerade gegründeten DDR Schlagzeug studiert. Sein Engagement für Jazz aber machte ihn verdächtig. 1958 ging Fink in den Westen und kam über die Stationen Lübeck und Hannover 1965 nach Würzburg. Schnell hat er erkannt, welche Möglichkeiten sich dem Schlagzeug in der Neuen Musik boten. In Würzburg wurde er als Gründer und Leiter seines „Studios für Perkussion“ zur Vaterfigur zeitgenössischen Schlagzeugspiels und die Existenz eines aufgeschlossenen Schlagzeugensembles aus Fink und seinen Schülern motivierte eine große Zahl von Komponisten, für Schlagzeug zu schreiben. Um zu begreifen, warum das Schlagzeug in der Musik der Moderne so eine fundamentale Rolle spielt, muss man sich die unermüdlichen Aktivitäten Siegfried Finks vor Augen führen.
Er schrieb Kompositionen und etliche Lehrwerke, gab Kurse, ermunterte und beriet Komponisten und unterrichtete eine Vielzahl von Schülern, die heute einen internationalen Namen haben. Fink darf als einer der großen Protagonisten der zeitgenössischen Musik gelten, der den Geist des Neuanfangs nach dem Zweiten Weltkrieg für seine Sache nutzte und mit Elan füllte. Modernes Schlagzeugspiel wird auch in Zukunft nicht am Namen von Siegfried Fink vorbei kommen. rs