Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet. Mit dem Kulturinformationszentrum stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten iam Netz. An dieser Stelle können Fragen gestellt, Informationen verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur Darstellung gebracht werden.
Rhapsody in School
Rheinischer Kulturpreis für Lars Vogt und die Musikschule Düren
Der Pianist und Initiator des Projekts „Rhapsody in School“, Lars Vogt, ist der diesjährige Preisträger des Rheinischen Kulturpreises. Mit dem Förderpreis der Stiftung des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbands wurde am 30. August 2006 auf seinen Vorschlag hin die Musikschule Düren ausgezeichnet, an der Lars Vogt bei seiner langjährigen Klavierlehrerin Ruth Weiß die Erfahrungen machen konnte, die er heute in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen für unverzichtbar hält: „Es sind die Fähigkeiten, ein positives Selbstwertgefühl aufzubauen, sich selbst und seine Empfindungen wahrzunehmen und zu artikulieren und das eigene kreative Potenzial zu erforschen.“ In seiner Rede rief Lars Vogt dazu auf mitzuhelfen, „dass Musikschulen überall ihre wichtigen Aufgaben erfüllen können, unseren Kindern und unserer Zukunft zuliebe.“ (Siehe Bericht S. 26)
Heusinger folgt Richard
Neuer Leiter des Experimentalstudios für akustische Kunst
Der Komponist, Regisseur und Dirigent Detlef Heusinger wird der neue Leiter des Experimentalstudios für akustische Kunst e.V. in Freiburg. Heusinger tritt sein neues Amt zum
1. Oktober 2006 an und ist Nachfolger von André Richard, der Ende des Jahres 2005 in den Ruhestand gegangen ist. SWR-Intendant Peter Voß: „Ich freue mich über die Verpflichtung von Detlef Heusinger. Mit ihm haben wir einen kreativen Kopf gewonnen, der die Tradition des SWR im Bereich der experimentellen Musik fortsetzen und den Musikfreunden überraschende künstlerische Erlebnisse bereiten wird. Damit unterstreicht der SWR einmal mehr sein freiwilliges mäzenatisches Engagement und seine Rolle als wichtigster Kulturveranstalter in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz.“
SWR-Hörfunkdirektor Bernhard Hermann, 1. Vorsitzender des Vereins des Experimentalstudios sagte über diese Wahl: „Mit Detlef Heusinger erhält das Experimentalstudio einen profilierten, vielseitigen und ehrgeizigen Leiter, der die Führungsposition des derzeit bekanntesten und leistungsstärksten live-elektronischen Studios in Deutschland weiter ausbauen wird.“ Detlef Heusinger wurde 1956 in Frankfurt/M. geboren. Von 1976 bis 1980 studierte er an der Musikhochschule Bremen bei Luciano Ortis Komposition sowie Gitarre, Laute und Klavier, parallel dazu Germanistik und Schulmusik an der Bremer Universität. Zwischen 1981 und 1989 folgten weitere Kompositionsstudien bei Hans Werner Henze in Köln sowie bei Klaus Huber an der Freiburger Musikhochschule, an der er auch die Fächer Dirigieren (Francis Travis) und Elektronische Musik (Mesias Maiguashca) belegte. Von 1990 bis 1998 unterrichtete Heusinger an der Bremer Musikhochschule. 1991 war er zunehmend als Opernregisseur in Deutschland, Polen, Österreich und der Schweiz tätig.
Das Experimentalstudio für akustische Kunst e.V. ist eine Einrichtung des SWR in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Rundfunk, dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe und der Stadt Freiburg. Es ist aus der ehemaligen Heinrich-Strobel-Stiftung des SWR hervorgegangen. Vorsitzender des Kuratoriums, dem unter anderem Pierre Boulez und Dieter Schnebel angehören, ist der Komponist Wolfgang Rihm.
Anreger, Interpret, Förderer
Dem Chorleiter und Musikpädagogen Kurt Suttner zum Siebzigsten
Der schwedische Chorleiter und Dirigent Eric Ericson, der mit seinen Chören auf den Tourneen als „Chorwunder aus dem Norden“ gefeiert wurde, nennt Kurt Suttner einen bemerkenswerten Menschen, dem es in besonderer Weise gelungen ist, der Neuen Musik zu ihrem Recht zu verhelfen. Und der in München geborene Komponist Peter Michael Hamel pflichtet ihm bei, wenn er feststellt, dass der von Kurt Suttner 1972 gegründete via-nova-chor alle Menschen, nicht nur Experten, mit seiner Interpretation zeitgenössischer Chormusik anzusprechen vermag. Aufführungstechnisch schwierige Werke von Arvo Pärt, Krzysztof Penderecki, György Ligeti, Bernd Alois Zimmermann, Paul Hindemith, Arnold Schönberg, um nur einige zu nennen, zählen zum Repertoire. In der Zusammenarbeit von Komponisten und Chören sieht Kurt Suttner eine große Chance. So nimmt es nicht wunder, dass persönliche Kontakte zu Peter Michael Hamel, Robert M. Helmschrott, Max Beckschäfer, Moritz Eggert, Kay Westermann, Wilhelm Killmayer, Harald Genzmer, Günter Bialas und anderen gefeierte Uraufführungen und Erstaufführungen ermöglichen. Mit seinen etwa 40 Sängerinnen und Sängern ist das Ensemble dank der Fachkompetenz und des unermüdlichen Engagements seines Leiters bei zahlreichen internationalen Wettbewerben mit Preisen ausgezeichnet worden.
Dass Kurt Suttner sich darüber hinaus intensiv und professionell mit Alter Musik auseinandersetzt, zeigen die Gründung der „Capella antiqua“ München und die Konzertprogramme des via-nova-chores mit Werken von Orlando di Lasso, Giovanni Pierluigi da Palestrina, Guillaume Dufay und Guillaume de Machaut. Die Nachwuchsförderung liegt dem Musikpädagogen besonders am Herzen. Von 1989 bis 1999 leitete er die Bayerische Singakademie, eine Einrichtung für begabte jugendliche Sängerinnen und Sänger. In den Schulen zählen „Chor aktuell“, „Chor aktuell junior“, „Chor aktuell Basis“, mitherausgegeben von Kurt Suttner, zu den meist verbreiteten Chorsammlungen. Er ist auch der Herausgeber der Reihe „carus novus“ beim Carus-Verlag Stuttgart. Sein Wissen um Stimmphysiologie, Stimmbildung, Chorliteratur, Probentechnik, Dirigat gibt er als Referent auf zahlreichen Tagungen für Chorleiter oder Musiklehrer weiter.
Auch für die kommenden Jahre wünschen wir dem Jubilar eine erfolgreiche Fortführung seiner künstlerischen und pädagogischen Arbeit. [Rudolf-Dieter Kraemer]
Im Dienst der künstlerischen Idee
Konzertgeiger und Musikförderer Alois Kottmann geehrt
Glatte Oberfläche und Salonvirtuosität sind nicht seine Sache. Alois Kottmann sucht stets den Ausdrucksgehalt des Werkes, egal ob es sich um Solosonaten von Bach handelt, um Sonaten und Romanzen von Robert und Clara Schumann, die Solosonate von Paul Hindemith oder improvisierte Miniaturen mit dem Jazzposaunisten Albert Mangelsdorff. Kottmann gilt als Geiger, der die Technik absolut in den Dienst einer künstlerischen Idee steckt, die heute zu verblassen droht: die Vermittlung humaner Werte durch die Musik. Hierin setzte und setzt Kottmann nachdrücklich Maßstäbe. Musik als mahnende Stimme, als Künderin. Kottmann ist seit 1981 Initiator der „Internationalen Musiktage“ in seiner Heimatstadt Hofheim am Taunus und Stifter des „Alois-Kottmann-Preises“ in Höhe von 3.000 Euro, mit dem er an das musikhistorische Erbe Frankfurts erinnern will. Für seine herausragenden und vielfältigen Verdienste als Musikerpersönlichkeit sowie sein großes soziales Engagement erhielt der Konzertgeiger, Orchesterleiter und Hochschullehrer Alois Kottmann (Bild re.) aus den Händen von Ministerpräsident Roland Koch das Verdienstkreuz am Bande.
Foto: Boris Kottmann
Frankophiler Deutschschweizer
Zum Tode des Dirigenten Armin Jordan
Es gibt eine spezifisch französische Art, die Musik Richard Wagners zu spielen. Nichts kommt erdenschwer, eingedunkelt und expressionistisch-heftig daher, Expressives erwächst allein aus der klaren Durchzeichnung des Klangbildes, aus der subtilen Balance zwischen der Vertikalen und dem Linearen, zwischen harmonischer Struktur und melodischem Fluss.
Der Dirigent Armin Jordan beherrschte diese Balancen auf eine beeindruckende Art und Weise. Selten hörte man den „Tristan“ so melodiegesättigt und zugleich so beredt in den dramatischen Gesten, so konturenklar noch in den gewaltigsten Klangeruptionen des dritten Aktes wie unter Jordan, wobei, wie im letzten Jahr in Genf, der heller timbrierte Klang des Orchestre de la
Suisse Romande Jordans Gestaltung entscheidend mittrug.
Auch Jordans Genfer „Parsifal“ entfaltete sich zu einem faszinierenden Klang-Raum, der sich nahtlos mit Roland Aeschlimanns Bild-Räumen verband. Armin Jordans Herkunft hat seine ästhetische Bildung sicher entscheidend mitgeprägt. In Luzern 1932 geboren zog es den Deutschschweizer immer wieder „westwärts“, auch nach langen Zeiten in Zürich und, von 1971 bis 1989, als Chefdirigent von Oper und Konzert am Basler Theater. Beim Orchestre de la Suisse romande, dem Jordan von 1985 bis 1997 als Chefdirigent vorstand, hat er sich als legitimer Erbe des großen Ernest Ansermet erwiesen. Jordan hob technische Qualität und Spielkultur des Ensembles wieder auf die gewohnten Höhen. Ihm gelangen mit dem Orchester wundersame Debussy-Aufführungen, die auch auf der Schallplatte festgehalten sind. Trotz seiner Seelenneigung zu Frankreich bewahrte Armin Jordan stets auch sein deutschschweizerisches Erbe. Sein „Ring des Nibelungen“, die sensationelle „Salome“ in der spektakulären Inszenierung Herbert Wernickes, seine gestisch und klanglich perfekt ausgeformte „Lulu“ bleiben als große Taten seiner Basler Zeit in Erinnerung.
Nach Basel war er jetzt auch wieder zurückgekehrt, um Prokofieffs „Liebe zu den drei Orangen“ zu dirigieren. Kurz nach Beginn der Premierenvorstellung brach Armin Jordan vor dem Orchester zusammen. Was zunächst wie ein Kollaps aussah, erwies sich dann doch als schwerwiegender. Im Krankenhaus ist Armin Jordan kurz danach, in der Nacht auf den 20. September im Alter von vierundsiebzig Jahren gestorben. [Gerhard Rohde]
Maynard Ferguson
Mit Maynard Ferguson verstarb am 23. August der legendärste High-Note-Spezialist unter den Trompetern. Der nach Oscar Peterson berühmteste Jazzer Kanadas wurde bekannt durch seine über dreijährige Tätigkeit als Lead-Trompeter bei Stan Kenton, wo er der Blechbläsergruppe neuen Glanz verlieh. Populär wurde er durch die zahlreichen im Laufe seiner Karriere von ihm selbst geleiteten Bands, deren stilistisches Spektrum von Bebop und West Coast Jazz zu Jazzrock und Funk reichte.
Duke Jordan
Im dänischen Valby bei Kopenhagen verstarb am 8. August einer der letzten großen Musiker der Bebop-Ära: Duke Jordan. Als Meister feinsinniger Einleitungen und vergleichsweise bedächtiger Soli inmitten der Brandung des Bebop wurde er bei Charlie Parker bekannt. Berühmter noch als seine Pianistik wurden seine eingängigen Kompositionen. Duke Jordan gehörte zu einer Handvoll Musiker der Bop-Ära, die ganze Konzerte mit bekannten Standards aus eigener Feder bestreiten konnten.