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Das Schlimmste fürs Erste abgewendet

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Zur Finanzierung der Auswärtigen Kulturpolitik · Von Olaf Zimmermann
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Nicht mit einem Paukenschlag, sondern ganz langsam wurde am 3. März dieses Jahres deutlich, dass die Finanzierung der Auswärtigen Kulturpolitik in diesem Jahr akut bedroht war. Rhetorisch äußerst geschickt teilte Bundesaußenminister Fischer in einer öffentlichen Anhörung zur Konzeption 2000 der Auswärtigen Kulturpolitik im Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages mit, dass schmerzhafte Einschnitte in den Etats der Mittlerorganisationen erforderlich seien, die auch zu Schließungen vom Goethe-Instituten führen können, um dann sogleich auf die Länder einzuschlagen, die durch das Pochen auf ihre Kulturhoheit die Auswärtige Kulturpolitik behindern würden.

Im ersten Moment erschien den auf der Bundesebene aktiven Kulturpolitikern aus dem Parlament und den Verbänden diese Polemik sogar eingängig. Wird einem doch der ewige Streit, ob der Bund Kultur überhaupt fördern dürfe, sofort gegenwärtig. Nach dieser ersten spontanen Zustimmung stellte sich aber Nachdenken ein. Denn die Länder behindern im Kulturbereich sicherlich so manches, die Abstimmungsprozesse sind alles andere als zügig und nachvollziehbar, doch mit der Auswärtigen Kulturpolitik haben die Länder in der Regel nichts, aber auch gar nichts zu tun. Sie hier als Sündenböcke abzustempeln, mag rhetorisch ein kluger Schachzug sein, hat mit der Realität aber wenig zutun.

Der Deutsche Kulturrat informierte noch am 3. März die Öffentlichkeit über die Vorhaben des Auswärtigen Amtes. Tatsächlich ist es nämlich so, dass die Auswärtige Kulturpolitik im Etats des Auswärtigen Amtes seit Jahren überproportional zur Kasse gebeten wird. So sank der Anteil am Etats des Auswärtigen Amtes in den vergangenen Jahren von 32,8 auf 25 Prozent ab. Hieran wird deutlich, dass offensichtlich andere Akzente innerhalb des Auswärtigen Amtes gesetzt werden. In krassem Gegensatz zu den sinkenden Etats stehen die wachsenden Aufgaben in der Auswärtigen Kulturpolitik. Längst geht es schon nicht mehr nur darum Kultur aus Deutschland im Ausland zu präsentieren. Auswärtige Kulturpolitik wird vielmehr als Zweibahnstraße verstanden, das heißt Kultur aus dem Ausland soll auch nach Deutschland wirken. Nicht zuletzt seit den Ereignissen des 11. September 2001 soll Auswärtige Kulturpolitik darüber hinaus den Dialog der Kulturen besorgen.

Diese Diskrepanz von Anspruch an die Auswärtige Kulturpolitik und ihrer finanziellen Ausstattung war Gegenstand der Reden der Oppositionspolitiker bei der Debatte zur Auswärtigen Kulturpolitik am 12. März 2004 im Deutschen Bundestag. Beschworen wurde von den Regierungsfraktionen und der Opposition der parteiübergreifende Konsens zur Bedeutung der Auswärtigen Kulturpolitik, Konzepte zur Sicherung der Finanzierung wurden nicht deutlich. Einzig die Staatsministerin im Auswärtigen Amt Kerstin Müller deutete einen Lichtblick an, in dem sie in Aussicht stellte, dass das Koch-Steinbrück-Papier in diesem Jahr in der Auswärtigen Kulturpolitik keine Anwendung finden sollte.

Mit dem Koch-Steinbrück-Papier war auch zugleich der Schuldige ausgemacht. Die gemeinsamen Vorschläge des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch und seines Amtskollegen aus Nordrhein-Westfalen Peer Steinbrück führen unter den zu kürzenden Finanzhilfen die Auswärtige Kulturpolitik an und geben einen Einsparbetrag von 5.929 Millionen Euro vor. Von der Öffentlichkeit kaum bemerkt, wurde das Koch-Steinbrück-Papier in den nächtlichen Verhandlungen im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat im Dezember 2003 angenommen und hat damit Gesetzeskraft erlangt. Die beiden Ministerpräsidenten haben den Schlamassel angerichtet, Vertreter der Regierungsfraktionen und der Opposition haben brav zugestimmt und der Bundesaußenminister hat kein Veto eingelegt. Das Bundesfinanzministerium hat die Kürzungsliste mit einem Rundschreiben Anfang dieses Jahres bestätigt und das Außenministerium aufgefordert, die entsprechenden Einsparungen zu erbringen. Dass solche wichtigen Entscheidungen nicht im Deutschen Bundestag, sondern im Vermittlungsausschuss unter Ausschluss der Öffentlichkeit gefällt werden, ist der wirkliche Skandal.

Das Auswärtige Amt hat die Vorgaben des Vermittlungsausschusses umgesetzt und wollte den ohnehin schon angeschlagenen Etats in der Auswärtigen Kulturpolitik weiter schmälern. Dank des vereinten Engagements der Mittlerorganisationen und des Deutschen Kulturrates wurden die Kürzungsabsichten publik gemacht. Nicht zuletzt die Bundestagsdebatte am 12. März 2004 trug dazu bei, das Auswärtige Amt dazu zu bewegen, seine Kürzungen aus anderen Etatposten als der Auswärtigen Kulturpolitik zu erbringen.

Dass aber auch die Mittlerorganisationen in der Bringschuld stehen, wurde in der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Kultur und Medien am 31. März 2004 deutlich. Die Wertschätzung, die den Mittlerorganisationen wie Goethe-Institut, Alexander-von-Humboldt-Stiftung, Deutscher Akademischer Austauschdienst und Institut für Auslandsbeziehungen im Ausland entgegengebracht wird, entlässt sie nicht aus der Pflicht, im Inland ihre Arbeit vermehrt zu präsentieren. In deutlichen Worten haben die Abgeordneten des Deutschen Bundestags die Mittler aufgefordert, ihre Leistungen in Deutschland besser zu vermitteln und letztlich so die in der Konzeption 2000 zur Auswärtigen Kulturpolitik formulierte Zweibahnstraße zu realisieren.

Vom Gelingen dieser Anforderung wird es auch abhängen, ob die für das nächste Jahr im Koch-Steinbrück-Papier vorgesehenen Kürzungen dann doch die Auswärtige Kulturpolitik treffen werden oder ob es gelingt, die Auswärtige Kulturpolitik als Investition und nicht als Subvention oder Finanzhilfen zu verbuchen und damit aus den Kürzungsplänen des Koch-Steinbrück-Papiers auszunehmen. Damit dieses gelingt, werden alle gefordert sein: die Mittler, das Auswärtige Amt und nicht zuletzt die Abgeordneten des Deutschen Bundestags. Nicht unerwähnt bleiben sollte, das Kulturstaatsministerin Christina Weiss es im Gegensatz zu ihrem mächtigen Amtskollegen Außenminister Joschka Fischer geschafft hat, ihren Etat rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Kulturausgaben im Inland werden als Investitionen, nicht als Subventionen behandelt, das ist der einzige wirkliche Lichtblick bei dieser unerfreulichen Debatte.

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