Resolution:
Deutsche Kulturstiftung als Chance?!
Deutscher Kulturrat fordert inhaltliche und strukturelle Sicherung der Deutschen Kulturstiftung
Berlin, den 17.06.2003. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, begrüßt die geplante Neuordnung der Kulturstiftung des Bundes und der Kulturstiftung der Länder.
Mit dieser Neuordnung wird ein seit nunmehr 30 Jahren andauernder Prozess zur Schaffung einer nationalen Kulturstiftung abgeschlossen. Mit der geplanten Errichtung der Deutschen Kulturstiftung aus den existierenden Stiftungen Kulturstiftung des Bundes, Kulturstiftung der Länder und Stiftung Kulturfonds wird einem langen Streit um die Unterstützung von künstlerischen Vorhaben hoffentlich ein Ende gesetzt.
Mit Errichtung der Deutschen Kulturstiftung sollte die Chance genutzt werden, die bislang bestehenden Kompromisslösungen in eine tragfähige und dauerhafte Struktur zu überführen.
1. Ausstattung mit einem ausreichenden Stiftungskapital
Der Deutsche Kulturrat fordert Bund und Länder auf, die neu zu errichtende Deutsche Kulturstiftung mit einem ausreichenden Stiftungskapital auszustatten, damit sie aus eigener Kraft ihre satzungsgemäßen Zwecke erfüllen kann. Mit der Gründung der Deutschen Kulturstiftung sollte die für die Kulturstiftung des Bundes und die Kulturstiftung der Länder praktizierte Übergangslösung der so genannten Zuwendungsstiftung, d.h. einer Stiftung, die auf jährliche Zuweisungen aus dem Bundeshaushalt oder den Länderhaushalten angewiesen ist, endlich beendet werden. Eine Stiftung sollte sich dadurch auszeichnen, dass sie aus eigener Kraft arbeiten kann und nicht von den jährlichen Entscheidungen der Finanzminister abhängig ist.
Das Fundament der Deutschen Kulturstiftung muss sicher sein und über viele Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte, Bestand haben. Eine Zuwendungsstiftung, die auf einem Finanzierungsabkommen zwischen Bund und Ländern beruht, kann diese Bestandsgarantie nicht abgeben. Die im Vorfeld der Gründung der Kulturstiftung des Bundes geführten Diskussionen um die Stiftung Preußischer Kulturbesitz haben gezeigt, dass selbst das kulturelle Erbe nicht davor gefeit ist, in die Auseinandersetzungen von Bund und Ländern hineingezogen und durch eine erneute Debatte um das Finanzierungsabkommen gefährdet zu werden. Diesen Gefahren kann nur durch die Ausstattung der Stiftung mit einem ausreichenden Stiftungskapital begegnet werden.
Die Stiftung Kulturfonds, die 1990 aus dem Vermögen der Kulturfonds der DDR gegründet wurde, verfügt über ein Stiftungskapital. Die Erträge dieses Stiftungskapitals müssen weiterhin zur Förderung der zeitgenössischen Kunst in den neuen Bundesländern zur Verfügung stehen. Um diesen Zweck weiterhin zu erfüllen, ist die Solidarität aller an der Stiftung Kulturfonds beteiligten Länder gefordert und eine entsprechende rechtliche Fixierung z.B. in der Stiftungssatzung zu realisieren.
2. Projektförderung muss möglich sein
Die Planungen der Kulturstaatsministerin, dass in der künftigen Deutschen Kulturstiftung die allgemeine Projektförderung, also die Möglichkeit von Künstlern, Kultureinrichtungen und anderen Anträge zur Förderung zu stellen, entfallen soll, wird vom Deutschen Kulturrat grundsätzlich abgelehnt. Auch in der Deutschen Kulturstiftung muss der Hauptteil der Förderungssumme in einem jurierten Antragsverfahren vergeben werden.
3. Angemessene finanzielle Ausstattung der unabhängigen Kulturförderfonds und Sicherung der Unabhängigkeit
Die Kulturförderfonds Deutscher Literaturfonds, Fonds darstellende Künste, Fonds Soziokultur, Stiftung Kunstfonds und bis vor kurzem auch der Förderfonds des Deutschen Musikrates werden derzeit aus Mitteln des Bundes über die Kulturstiftung der Länder gefördert. Es handelt sich jeweils um rechtliche selbständige Einrichtungen, die auf Antrag Fördermittel für die zeitgenössische Kunst und Kulturvermittlung vergeben. Über die Mittelvergabe entscheiden hochkarätig besetzte Jurys von Fachleuten der jeweiligen künstlerischen Sparte. Der Deutsche Kulturrat unterstützt die Vorstellungen der Kulturstaatsministein, die Mittel der Förderfonds deutlich zu erhöhen.
4. Vorschläge für Großprojekte
Die Deutsche Kulturstiftung soll sich künftig an der Finanzierung von kulturellen Großprojekten wie den deutsch-russischen Kulturbegegnungen oder dem Kulturprogramm zur Fußballweltmeisterschaft 2006 beteiligen.
Der Deutsche Kulturrat fordert, dass neben Bund und Ländern auch die Bundeskulturverbände Vorschläge für kulturelle Großprojekte unterbreiten können. Die Bundeskulturverbände repräsentieren das kulturelle Leben nicht nur, sind sie ein Teil davon. Die Einräumung eines Vorschlagsrechts für Großprojekte würde damit die die Kultur tragenden und realisierenden Organisationen in die Arbeit der Deutschen Kulturstiftung positiv einbeziehen.
5. Transparenz bei der Evaluation
Die Deutsche Kulturstiftung betritt in ihrer Förderpraxis teilweise Neuland. Dem Stiftungsrat und dem Stiftungsbeirat kommt die Aufgabe zu, die Förder- bzw. Projektpraxis der Deutschen Kulturstiftung zu evaluieren. Über Ergebnisse ist regelmäßig und öffentlichkeitswirksam Bericht zu erstatten. Möglichkeiten zur Diskussion der Schlussfolgerungen sollten geschaffen werden.
6. Finanzierungssicherheit für bislang geförderte Träger
Aus Mitteln des Bundes über die Kulturstiftung der Länder werden derzeit eine Reihe von Bundeskulturverbänden gefördert. Mit der Fusion und Neuausrichtung der Stiftungen soll diese Förderung künftig nicht mehr über die Deutsche Kulturstiftung erfolgen.
Der Deutsche Kulturrat fordert den Bund auf, die Förderung dieser Institutionen weiterhin sicherzustellen. Ihre Arbeit ist allgemein anerkannt. Ihre Arbeitsfähigkeit darf nicht durch Veränderungen in der Förderpraxis des Bundes in Frage gestellt werden.
7. Beteiligung der Bundeskulturverbände im Stiftungsrat
Die Bundeskulturverbände bündeln und vertreten die Positionen der in ihnen zusammengeschlossenen Künstlerinnen und Künstler, Kultureinrichtungen, Kulturvereine und Unternehmen der Kulturwirtschaft. Die Bundeskulturverbände verfügen daher über eine hohe Sachkompetenz der verschiedenen Facetten des kulturellen Lebens.
Der Deutsche Kulturrat fordert eine angemessene Vertretung der Bundeskulturverbände im neuen Stiftungsrat der Deutschen Kulturstiftung. Neben den Stiftern Bund und Ländern sollen im Stiftungsrat der Deutsche Kulturstiftung auch die Kommunen vertreten sein. In der Kulturstiftung des Bundes erfolgt diese Vertretung über die kommunalen Spitzenverbände. Der Deutsche Kulturrat hält dies für ein adäquates Vertretungsverfahren und fordert Bund und Länder auf, analog dieser Vertretung auch Vertreter der Bundeskulturverbände nach einem transparenten Verfahren in den Stiftungsrat zu berufen. Allein durch die Berufung von unabhängigen Experten kann eine adäquate Repräsentanz des kulturellen Lebens nicht gewährleistet werden.
Dem Stiftungsrat wird in der Deutschen Kulturstiftung eine herausragende Bedeutung zukommen. Er wird das Gremium sein, das Grundsatzentscheidungen über das Programm trifft und dessen Erfolg evaluiert. Da eine der Aufgaben der Deutschen Kulturstiftung sein wird, mit ihren Fördermitteln "empfundenen Defiziten" entgegenzuwirken und zu einer "zukunftsorientierten Kulturförderung" beizutragen, präjudizieren die Entscheidungen des Stiftungsrates die gesamte Programmarbeit. Die Einbeziehung des Sachverstandes aus den Bundeskulturverbänden in diese wegweisenden Entscheidungen würde die Arbeit der Deutschen Kulturstiftung inhaltlich absichern und zur Akzeptanz beitragen.
8. Sicherstellung der Mitwirkung im Beirat
Neben der Mitwirkung von Bundeskulturverbänden im Stiftungsrat sollten weitere Verbände im Stiftungsbeirat mitwirken können. Das kulturelle Leben kann so in seiner Breite in die Deutsche Kulturstiftung eingebunden werden.
Die Vertretung im Stiftungsbeirat kann allerdings die Repräsentanz von Bundeskulturverbänden im Stiftungsrat nicht ersetzen oder kompensieren.
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