Die Stiftgasse in Wiens siebtem Bezirk ist alles andere als eine Shopping-Mall. Ein paar Gaststätten, eine Schule und viele Büros. Aber sie liegt zentral und ein goldgelber Neonbogen signalisiert schon von weitem die Anwesenheit eines Ladenlokals. Freundliche, klar strukturierte Schaufenster enthalten CDs, Bücher, Musikzeitschriften. Man schaut in den Raum dahinter. Der macht Musikinteressierte neugierig. Noch mehr CDs, noch viel mehr Zeitschriften, Bücher und Plakate – vom Kirchenkonzert bis zum Hip-Hop-Event. „mica“ heißt dieses Haus – und es beherbergt mit dem music information center austria eine Non-Profit-Organisation.
Die Stiftgasse in Wiens siebtem Bezirk ist alles andere als eine Shopping-Mall. Ein paar Gaststätten, eine Schule und viele Büros. Aber sie liegt zentral und ein goldgelber Neonbogen signalisiert schon von weitem die Anwesenheit eines Ladenlokals. Freundliche, klar strukturierte Schaufenster enthalten CDs, Bücher, Musikzeitschriften. Man schaut in den Raum dahinter. Der macht Musikinteressierte neugierig. Noch mehr CDs, noch viel mehr Zeitschriften, Bücher und Plakate – vom Kirchenkonzert bis zum Hip-Hop-Event. „mica“ heißt dieses Haus – und es beherbergt mit dem music information center austria eine Non-Profit-Organisation.Als unabhängiger, gemeinnütziger Verein wurde das mica 1994 in einer Kooperation zwischen der österreichischen Bundesregierung und der Stadt Wien gegründet. Zunächst verstand es sich, ähnlich wie das deutsche MIZ, vorwiegend als Dokumentationszentrum mit starkem elektronischem Schwerpunkt. Man setzte auf die Kraft des Internets und seine weltweite Plattform. Archive und Datenbanken wurden erstellt mit dem Ziel, auf die Leistungen des Musiklandes Österreich aufmerksam zu machen und gleichzeitig kommunikative Servicedienste zu leisten für die heimische Musikszene. Mit den ersten Erfolgen geriet das mica bald ins Spannungsfeld divergierender politischer und verbandlicher Interessenlagen. Man kennt das: Etats werden eingefroren, ihre Auszahlung an Bedingungen geknüpft, die manchem dienen, aber nicht der Sache. Diese Situation hätte das mica vor zwei Jahren fast die Existenz gekostet.Glücklicherweise fand ein frisches Team unter der Geschäftsführung von Peter Rantaša die richtigen Argumente und glaubwürdige Strategien, um die Geldgeber von der notwendigen Unabhängigkeit des Institutes zu überzeugen. Österreichs Musiklandschaft ist kulturpolitisch ähnlich interessenzerklüftet wie die bundesrepublikanische. Um im Rahmen eines Gemeinsinnes die Aushängeschild-Funktion gültig erfüllen zu können, bedarf es folglich eines hohen Maßes an kompetenter Sachlichkeit. Mit Bernhard Günther, Helge Hinteregger, Wolfgang Kopper und Ulrike Kuner holte sich Rantaša intelligente Kuratoren-Persönlichkeiten ins Haus, die vom Urheberrecht bis zur Nachwuchsförderung alle beratungsbedürftigen musikalischen Problemfelder in allen erdenklichen Musikstilen sachkundig abdecken.
Das ursprünglich zentrale Aufgabenfeld der digitalen Dokumentation und Information hatte sich dienend einzufügen in eine Gesamtsicht des österreichischen und des internationalen Musiklebens. Diese Sicht zu entwickeln, auf dem neuesten Stand zu halten und mit eigenen Perspektiven zu versehen, die freilich nie in einem scheuklappenverengten Ideologiewinkel hängen bleiben dürfen, ist Aufgabe der kreativen Kuratoren-Arbeitsgruppe. Sie entwickelt Projekte, einerseits als Sammelnetz aktueller Informationen, andererseits als Distributionszentrale gewonnener Erkenntnisse. Als Sammelpunkt wurde beispielsweise die Veranstaltungsreihe „mica-focus“ ins Leben gerufen, bei der internationale Kapazitäten auf einheimische treffen und von der Medienpolitik bis zum Musikexport, von der CD-Rezession bis zur Kulturpolitik im Internet die zeitgenössischen Brandstellen im musikalischen Global Village einkreisen und ausforschen.
Sechs solcher Veranstaltungen hat das mica bisher durchgeführt, immer mit Blick auf die Situation im eigenen Land – und auf eine Avantgarde, die sich ausnahmsweise gerade mal im Ausland abspielen könnte. So ging es beim Micafocus Nr. 6 zum Beispiel um Musikexport und zugehörige organisatorische Strukturen. Natürlich auch unter dem Eindruck eines rezessiven österreichischen Anteils am Weltmusikmarkt. Die Eckdaten konnte man geprüft und auskommentiert zur Verfügung stellen. Experten aus den „Erfolgsländern“ Frankreich und Schweden präsentierten ihre unterschiedlichen Konzeptionen fundiert, wobei das mica die Plattform, den Input und die Gewähr für Kompetenz liefert, nicht aber Rezepte oder Leitlinien. Gern auch mal im offenen Streit haben die eingeladenen Entscheidungsträger – ob aus Politik, Wirtschaft oder Administration – die Pflicht zur Planung mit dem eigenen Kopf.
Den leisten sich die mica-Mitarbeiter allemal. Sie sind Kultur-Scouts, Heger, Sammler und Späher. Dabei spielt es eben keine Rolle, ob frische Triebe im eigenen Wiener Beritt, am Sumpfloch des aktiennotierten Neuen Marktes, im Konzertprogramm der Jeunesses Musicales oder beim Bandcoaching der VW-Sound-Foundation entdeckt werden.
Solche vielseitige Spürnäsigkeit entsteht freilich nicht in der Abschottung einer konventionellen Amtsstube. Sie resultiert aus einer werthaltigen selbstbewussten, zielorientierten Zusammenarbeit. So schlägt einem der „Spirit of mica“ wie eine vielfarbige geistreiche Herausforderung entgegen, wenn man sich als Fremder zu einem Projektgespräch des Teams dazugesellt. Überraschende Erkenntnisse gehören zur Tagesordnung. Die vermeintliche Sicherheit solider dialektischer Argumentation kippt da einfach schon mal weg. Vorurteile brechen in sich zusammen, Wege werden sichtbar. Der Plan ist: klug aufbereitete Information zu liefern, die unterstützt von einer professionellen, intensiven Öffentlichkeitsarbeit politisch wirksam wird.
Da fängt der Piefke an zu träumen: von Zweigstellen des deutschen Musikinformationszentrums im Berliner Kulturkaufhaus Dussmann, im Gewandhaus, in den Philharmonien der großen Städte. Von einer Öffentlichkeitsarbeit für das deutsche Musikleben, die auf dem Plateau der gesammelten Fakten so originell und phantasievoll aufbereitet auftreten kann, dass Politiker, dass Wirtschaftsbosse sich überzeugt und hochmotiviert in die Förderung unseres Musiklebens stürzen. Es geht doch.