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Föderalismus-Kommission scheitert an Bildungspolitik

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(nmz - ddp) - Der Partei-Egoismus hat zum Schaden unseres Landes gesiegt. Nach mehr als einjährigen Verhandlungen ist die dringend nötige Reform der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern am Streit über die Kompetenzen in der Bildungspolitik gescheitert. Union und SPD wiesen sich am Freitag gegenseitig die Schuld für das Platzen der Verhandlungen zu.

Nach einem erfolglosen Schlichtungsversuch erklärten die Vorsitzenden der Föderalismus-Kommission, CSU-Chef Edmund Stoiber und SPD-Chef Franz Müntefering, nach der letzten Kommissionssitzung in Berlin das Scheitern ihrer Bemühungen. Müntefering sagte, die Länder hätten gefordert, dass sich der Bund aus dem Hochschulbereich komplett zurückziehe, was aber nicht in Frage komme. Stoiber gab der SPD die Schuld am Scheitern. Regierungssprecher Bela Anda nannte die Forderungen der Länder grotesk. Der Arbeitgeberverband BDA forderte einen neuen Anlauf für eine Föderalismus-Reform. Wie Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) verlautete, habe Müntefering einen neuen Formulierungsvorschlag der Länder zur Zuständigkeit für den Bildungsbereich nicht akzeptiert.

Müntefering sagte, das Scheitern habe "eine große politische Dimension". Er hoffe, dass alle Seiten darüber so erschrocken wären, dass an den Reformen weiter gearbeitet werden könne. "Das Schlimmste, was wir machen können, wäre Status Quo". "Ich hoffe, dass dieses letztlich doch ein Aufbruch wird." Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) forderte, noch im Januar müsse ein neuer Reformanlauf unternommen werden. Hingegen äußerte Stoiber : "Die große Chance, eine Renovierung des Grundgesetzes zu erreichen, ist meines Erachtens für die nächsten Jahre vertan."

Gescheitert waren die Verhandlungen am Streit über die Zuständigkeit für die Bildungs-Gesetzgebung. Dem Vorschlag Münteferings, diesen Bereich aus der Reform auszuklammern und weiter zu verhandeln, stimmten die Länder nicht zu. "Alles hängt mit allem zusammen", sagte Stoiber.

Die Länder hatten sich bereit erklärt, dem Bund die Zuständigkeit für die Zulassung zu den Hochschulen sowie für vergleichbare Abschlüsse zu belassen. Entscheidungen über Studiengebühren oder Studieninhalte hätte der Bund aber nicht treffen dürfen. Müntefering sagte, das schmale Fenster, das die Länder dem Bund gelassen hätten, sei zu klein gewesen. Stoiber sagte, der Bundes-Vorschlag hätte dazu geführt, dass sich die Bedingungen für die Länder verschlechtert hätten. Auch der nordrhein-westfälische Justizminister Wolfgang Gerhardts (SPD) sagte, der Bund habe einen der zentralen Bausteine der Reform ausklammern wollen. "Wenn der gefehlt hätte, wäre das Haus nicht benutzbar gewesen." Andere SPD-geführte Ländern wie Brandenburg und Schleswig-Holstein erklärten hingegen, dass sie mit der vom Bund vorgeschlagenen Regelung hätten leben können. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) warf diesen Ländern vor, kompromissbereit zu sein, um Fördermittel des Bundes zu erhalten. Auf der Seite von SPD und Grünen hieß es, vor allem Koch habe sich in den Verhandlungen unnachgiebig gezeigt.

Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel sagte, es sei immer klar gewesen, dass die Bildungspolitik von den Ländern nicht hergegeben werde, um dem Bund mehr Kompoetenzen zu geben. Angesichts des Ergebnisses der Pisa-Studie mit vier Unions-geführten Ländern auf den ersten vier Plätzen "würde man den Bock zum Gärtner machen, wenn man Frau Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn hier mehr Kompetenzen geben würde".

Durch die Reform sollten die Beziehungen zwischen Bund und Ländern neu geordnet und die Handlungsfähigkeit des Gesamtstaats verbessert werden. Die Straffung von Entscheidungsabläufen galt als Schlüssel für die Reformfähigkeit Deutschlands. Ziel war gewesen, die Zahl der im Bundesrat zustimmungspflichtigen Gesetze von 60 Prozent auf etwa 40 Prozent zu verringern.
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