Body
n Zeiten schwarzer Koffer und mächtiger Lügner gerät dies gern in Vergessenheit: Auch gute Nachrichten sind Nachrichten. Das erweiterte Präsidium des Deutschen Musikrates verabschiedete soeben ein maßnahmen-schweres Konzept-Papier. Damit kann die bislang umfassendste Kampagne des Musikrates zur Stärkung von musikalischer Bildung und Musikkultur hierzulande endlich starten.
„Hauptsache: Musik“ heißt das Aktions-Paket. Es enthält eine Fülle ideeller und ganz praktischer Komponenten, die – sozusagen im Baukasten-System – ständig erweiterbar sind. In der Präambel, einem Aufruf und einer Charta zur musikalischen Bildung, präsentiert sich der Musikrat mit seinen Länder-Sektionen, seinen 91 Mitgliedsverbänden und gut acht Millionen Mitgliedern erfreulich selbstbewusst. Soziale, pädagogische und ästhetische Werte finden sich im Klartext, werden in sinnvolle Verbindung gebracht, mit nachvollziehbaren Argumenten im gesellschaftlichen Kontext platziert.
Brüche und Lücken zwischen notwendigem Anspruch und desolater Realität mit Blick auf den Zustand unseres heutigen und morgigen Musiklebens treten deutlich aber sachlich zu Tage. Die Forderungen nach politischen und wirtschaftlichen Konsequenzen – resultierend aus Bildungsnotstand und der vielseits bedrohten Position von Musik in unserer techno- und plutokratisch dominierten Global-Village-Welt – sind frei von Larmoyanz, ideologischem Gedröhn oder musiktypischem Engblick formuliert.
Das Konzept wirkt so schlüssig, dass man sich fragt: Warum erst jetzt? Doch heißt dies, die Arbeit unterschätzen, die hinter dem Kern einer solchen Konzeption steckt; es hieße, demokratische Prozesse zu „verkürzen“, die letztlich zur Glaubwürdigkeit einer so komplexen Planung führen. Es hieße schließlich: den neuen Geist vergessen, der im Musikrat seit gut einem Jahr für nicht allseits geliebte Bewegung sorgt. Die jetzige Generalsekretärin, Marlene Wartenberg, hat das kulturpolitische Potenzial dieser Kampag-ne erkannt – und ist mit der ihr eigenen klugen Beharrlichkeit dabei, umzusetzen, durchzusetzen. Präsentiert wird das Projekt wohl bei der DMR-Generalversammlung in Berlin.
Besonders erfreulich: „Hauptsache: Musik“ versammelt schon heute eine Fülle ebenso konkreter wie fantasievoller Aktionen unter ihrem Dach. Kinderkonzerte und einen Kongress mit dem Thema „Musik in den neuen Medien“; Nachwuchs-Maßnahmen von Rock- und Jazzinitiativen oder den Vorschlag der Deutschen Orchestervereinigung, alle Konzerte ihrer Orchester unter das Logo „Hauptsache: Musik“ zu stellen. Kreative Aktionen an Schulen und Musikschulen, bei Musikkursen und Wettbewerben stehen bevor. Es tut sich schon soviel, dass erste zärtliche Blicke der Musikindustrie und der Verwertungsgesellschaften vermeldet wurden. Dann kann ja nichts mehr schiefgehen...