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Wiesbaden (ddp-swe). Die hessische Landesregierung geht beim Thema Rechtschreibreform in die Offensive. Auf der Homepage http://www.hessen.de nennt das Kabinett von Ministerpräsident Roland Koch (CDU) auf satten neun Seiten «10 gute Gründe für die Rechtschreibreform».
Zugleich begründet die CDU-Regierung mit ebenso vielen Argumenten, «warum es kein Zurück geben kann». Doch die Offensive beschränkt sich nicht nur auf den Bereich Information. Denn die konservative Landesregierung wirft einigen ihr eigentlich nahe stehenden Verlagen, die für die alten Regeln fechten, den Fehdehandschuh hin. Hintergrund ist die Ankündigung mehrerer Großverlage, zu den alten Rechtschreibregeln zurück zu kehren. Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» praktiziert dies bereits seit längerer Zeit. Koch hatte dagegen frühzeitig ein Festhalten an den neuen Regeln betont. Kochs Stellvertreterin und Kultusministerin Wolff Karin Wolff (CDU) wird ganz deutlich: «Nicht Zeitungsüberschriften bestimmen die Inhalte einer guten Politik, sondern die Richtigkeit des Inhalts muss die Orientierungsgröße für die Politik sein.» Ausdrücklich kritisiert sie «die von einigen Chefredakteuren angezettelte» Debatte, die nach Ansicht der Ministerin «Verunsicherung und Unklarheit schürt». Dabei gehe es nicht um Inhalte, sondern um «die Machtfrage, wer in diesem Land Politik gestaltet». Den kritisierten Chefredakteuren schreibt die CDU-Politikerin zudem ins Stammbuch, dass die Neuregelung seinerzeit gründlich vorbereitet und von Zustimmung begleitet war. Außerdem bekennt sie mit Blick auf die internationale Abstimmung der neuen Regeln mit der Schweiz, Österreich und Liechtenstein: «Zu seinem international gegebenen Wort muss man stehen.» Und auch einen Seitenhieb auf die im eigenen Lande beheimatete FAZ kann sich Wolff nicht verkneifen: «Die alte Rechtschreibung hat sich nicht bewährt», widerspricht sie der renommierten Tageszeitung. Als sachliche Argumente für die neue Rechtschreibung nennt Wolff unter anderem deren Einfachheit, eine bessere Erlernbarkeit sowie Handhabung, die neue s-Schreibung und das Stärken des Großschreibungsprinzips bei Substantiven. Das Reformwerk wird außerdem als «pädagogisch sinnvoll» und weitgehend problemlos im schulischen Belastungstest gepriesen. Als letzter Pluspunkt folgt ein in diesen Tagen schwer wiegendes Argument: «Die Rückkehr zur alten Rechtschreibung würde die Unfähigkeit Deutschlands zu Reformen bestätigen.» Die Sachargumente ausgetauscht sieht derweil der Vorsitzende der Gesellschaft für deutsche Sprache, Rudolf Hoberg. Den Reformgegnern hält er sogar falsche Argumentation vor. «Ich sehe keinen großen Spielraum mehr für Kompromisse», betont er. Gleichwohl plädiert Hoberg dafür, eine für alle Seiten gesichtswahrende Lösung zu «versuchen». Änderungen, so schlägt er vor, sollten erst nach etlichen Jahren vorgenommen werden - und zwar an Punkten, die bis dahin tatsächlich gesellschaftlich nicht akzeptiert sind.