Der Musikunterricht steht mit dem Rücken zur Wand: Von den Schülern nicht geliebt, obwohl Musik hören nach wie vor zur wichtigsten Freizeitbeschäftigung Jugendlicher gehört, ständig durch ministerielle Sparmaßnahmen an der kurzen Leine gehalten, in Kindergarten und Grundschule vom Aussterben bedroht und im neuesten OECD-Bericht nicht einmal erwähnt.
Vor diesem Hintergrund hatte die 25. Bundesschulmusikwoche, die Anfang September an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Hannover stattfand, besondere Signalwirkung. Kulturpolitisch von Bedeutung waren zwei Allianzen, die der Verband deutscher Schulmusiker (VDS) mit der Deutschen Orchestervereinigung (DOV) und dem Verband deutscher Musikschulen (VdM) schloss.
Am wichtigsten sicher die Verleihung der Leo Kestenberg-Medaille für besondere Verdienste um die Musikerziehung, die dieses Jahr nicht an eine Persönlichkeit, sondern erstmals an einen Verband ging, den Verband deutscher Musikschulen. Ob die Preisverleihung ein Signal mit Wirkung sein wird, oder nur ein Feigenblatt, wird sich noch zeigen. Im Programm der Schulmusikwoche fand das Thema Musikschule (bis auf eine Ausnahme) nicht statt, und das obwohl länderspezifische Ganztagsschulmodelle eine Mitwirkung der Musikschulen einplanen. Die Bundesschulmusikwoche verpasste hier die Chance der Begegnung von Lehrern aus allgemein bildenden Schulen und kommunalen Musikschulen. Auch berufsständische Fragen wie Einkommensstruktur und Ausbildung können weder mit der Kestenberg-Medaille noch mit dem Hinweis auf einen ersten niedersächsischen BA-Studiengang Bachelor of Arts beantwortet werden.
Weniger konfliktbehaftet – aber auch ohne jeden Niederschlag im Programm der Weiterbildungstage des vds – war die neue Allianz zwischen VDS und der DOV und dem Arbeitskreis für Schulmusik (AfS). Am Abend vor dem Kongress startete eine bundesweite Plakat- und Flyeraktion der Initiative Netzwerk Schulen & Orchester. Ziel der Aktion ist eine stärkere Vernetzung von allgemein bildenden Schulen und professionellen Orchestern sowie Rundfunkensembles. Das vielfältige Kongressprogramm war auch in diesem Jahr für den Schulpraktiker ein wichtiger Steinbruch voller Ideen zur Unterrichtsgestaltung. Dass es sich wie ein Wettbewerb um die Gunst der Schüler las, ist Ausdruck der Tatsache, dass fast jeder Musikunterricht heute versucht, die Schüler in ihrer Lebens- und Lernsituation abzuholen. So wichtig Klassenmusizieren, handelndes Erleben von Musik und die Behandlung von Pop und U-Musik im Unterricht sind, Musiktheorie und Musikgeschichte scheinen heute als Unterrichtsgegenstand ad acta gelegt zu sein. Auch das Thema Musik als Versetzungsfach kam nicht vor. Das wird bei der Bundesschulmusikwoche 2006 sicher anders sein. Denn diese wird in Würzburg unter der Mitwirkung des Verbandes bayerischer Schulmusiker (vbs) stattfinden, und das Engagement des vbs in dieser Sache ist nach wie vor groß (siehe auch Seite 54).
Auch wenn Fragen offen blieben: Mit über 1.000 Anmeldungen ist und bleibt der Kongress das wichtigste Weiterbildungsforum der Schulmusik außerhalb ministerieller und universitärer Angebote.