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Das Bundesministerium der Justiz hat vor wenigen Wochen einen Referentenentwurf zur Reform des Urheberrechts, den so genannten Korb II, der Öffentlichkeit vorgestellt. Teil dieses
Entwurfes ist eine Bagatellklausel, mit der Urheberrechtsverletzungen in geringem Umfang zukünftig straffrei sein sollen. Der Deutsche Kulturrat hat wie auch Kulturstaatsminister Bernd Neumann und Politiker von CDU, FDP und der Linksfraktion gegen diese Legalisierung von Kleinkriminalität bei Urheberrechtsverletzungen deutlich Stellung bezogen. Die SPD traut sich nicht ihrer Justizministerin die Meinung zu sagen und nur Bündnis90/Die Grünen unterstützen den Vorschlag von Bundesjustizministerin Zypries uneingeschränkt.

Die Bundesjustizministerin selbst spricht davon, dass mit ihrem Gesetzesentwurf zu Korb II ein fairer Interessenausgleich zwischen Kreativen, Verwertern, Nutzern, Geräteindustrie sowie dem Kulturbetrieb und der Wissenschaft erzielt werde. Die Bagatellklausel wird wohl nicht in der von der Justizministerin gewünschten Form Eingang ins Urheberrecht finden. Dagegen hat sich im Parlament ein zu deutlicher Widerstand gebildet. Vielleicht wird der Vorschlag deshalb schon im Bundeskabinett gekippt werden. Trotzdem bleibt die Frage, wie konnte die Bagatellklausel überhaupt in den Referentenentwurf einer Justizministerin kommen. Man stelle sich vor, die Justizministerin hätte nicht den Diebstahl von geistigem Eigentum legalisieren wollen, sondern den Ladendiebstahl. Nicht bestraft wird, wer in Einzelhandelsgeschäften Waren nur in geringer Zahl und ausschließlich zum eigenen privaten Gebrauch oder zum privaten Gebrauch von mit dem Täter persönlich verbundenen Personen stibitzt. Eine solche Justizministerin wäre wohl noch am selben Tag ihren Job losgeworden. Der Diebstahl von geistigem Eigentum soll aber, nach dem Willen des Bundesjustizministeriums, genau so legalisiert werden: „Nicht bestraft wird“, so steht es im Entwurf der Justizministerin, „wer Werke oder Bearbeitungen oder Umgestaltungen von Werken nur in geringer Zahl und ausschließlich zum eigenen privaten Gebrauch oder zum privaten Gebrauch von mit dem Täter persönlich verbundenen Personen vervielfältigt oder an solchen Vervielfältigungen teilnimmt.“

Viel deutlicher kann man die Missachtung des Wertes des geistigen Eigentums nicht mehr beschreiben. Hier handelt es sich nicht nur um eine peinliche Panne des Bundesjustizministeriums, sondern um den Ausdruck einer immer geringer werdenden Wertschätzung des geistigen Eigentums in unserer Gesellschaft. Diese Geringschätzung wird gerade auch von den Hochschullehrern und Verbraucherschützern vorangetrieben, die den Wunsch nach überall zugänglichen kostenfreien Informationen grundsätzlich über das Eigentumsrecht und damit auch das Verwertungsrecht der Produzenten der Informationen stellen. Künstler, Autoren und die Kulturwirtschaft leben von der Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke. Wer dem geistigen Eigentum den Schutz entzieht, macht es ökonomisch wertlos und zerstört die Lebensgrundlage vieler Kreativer und großer Teile der Kulturwirtschaft.

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