Eisenach (ddp-lth). Spitzenvertreter der deutschen UNESCO-Kommission beklagen mangelnde Professionalität und Einsicht im Umgang mit dem Weltkultur- und Weltnaturerbe. Auf der Jahrestagung der deutschen Welterbestätten in Eisenach kritisierten sie am Donnerstag unter anderem «starke Informationsdefizite» in Deutschland über die Bedeutung dieser Stätten.
Generell sei das Verständnis und die Wahrnehmung, der Welterbe-Konvention verpflichtet zu sein, «unterentwickelt», monierte die Leiterin der Abteilung Nordamerika und Europa im UNESCO-Welterbezentrum, Mechtild Rössler.
Um dies zu ändern, sei eine stärkere Professionalisierung bei der Betreuung der Stätten notwenig. Momentan hätten aber «etwa 75 Prozent der deutschen Welterbestätten keinen Managementplan», bemängelte die Länderbeauftragte beim UNESCO-Welterbekomitee, Brigitta Ringbeck. Rössler und Ringbeck kündigten für die 33 Stätten des Weltkultur- und Weltnaturerbes ein sogenanntes Briefing an, um diese Defizite zu beheben.
«Danach sollen alle sagen können, ich bin mir voll bewusst, was das bedeutet», ergänzte Ringbeck. Schließlich spiele man mit dem Titel als Welterbestätte «in der internationalen Liga». Ringbeck forderte zudem, die von ihr bisher nebenamtlich ausgeführte Tätigkeit künftig zu «institutionalisieren» und dafür eine hauptamtliche Stelle zu schaffen.
Zuvor hatte bereits der Präsident der deutschen UNESCO-Kommission, Walter Hirche, größere Sensibilität im Umgang mit Welterbestätten gefordert. «Das Bewusstsein dafür muss wachsen», sagte er der Nachrichtenagentur ddp. Hirche, der auch niedersächsischer Wirtschaftsminister ist, fügte hinzu: «Träger solcher Stätten sind nicht nur der jeweils lokalen Region gegenüber verpflichtet, sondern der Weltgemeinschaft.»
Die Teilnehmer der Konferenz verabschiedeten zum Abschluss der Tagung die sogenannte Wartburg-Erklärung, die die Verantwortung der Bundesrepublik für den Schutz und die Erhaltung der in Deutschland befindlichen Welterbestätten bekräftigt. Bei allen Planungsvorhaben müssten höchste Ansprüche an den Schutz dieser Stätten angelegt werden. Zu gewährleisten sei, dass die mit der Ratifizierung der Welterbekonvention zugesagten «gesetzlichen, administrativen und fachlichen Standards» nicht unterschritten würden, hieß es weiter.
Die Jahrestagung stand unter dem Motto «UNESCO-Welterbe in Gefahr». Von den weltweit derzeit 878 Kultur- und Naturdenkmälern auf der UNESCO-Welterbeliste gelten dreißig als bedroht. In Deutschland betrifft das wegen des Konflikts um die geplante Waldschlösschenbrücke das Dresdner Elbtal.
Dort vollziehe sich eine «geradezu tragische Entwicklung», bedauerte Sachsens Kunstministerin Eva-Maria Stange (SPD), die zugleich auch Präsidentin des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz ist. In ihrer Rede zum Auftakt der Konferenz am Mittwoch appellierte sie erneut an die Bundesregierung, in diesem Konflikt mit der Stadt Dresden zu vermitteln.