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Ohne ihr Placet geht gar nichts: drei Vertreter der Zuwendungsgeber sitzen im zehnköpfigen Aufsichtsrat der Projektgesellschaft Deutscher Musikrat gGmbH. Grund für die nmz einmal genauer nachzufragen. Foto: Martin Hufner
Ohne ihr Placet geht gar nichts: drei Vertreter der Zuwendungsgeber sitzen im zehnköpfigen Aufsichtsrat der Projektgesellschaft Deutscher Musikrat gGmbH. Grund für die nmz einmal genauer nachzufragen. Foto: Martin Hufner
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Sperrminorität steht für Kontrolle

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Staatliche Einflussnahme auf zivilgesellschaftliche Institutionen? Eine Umfrage der neuen musikzeitung
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Das Präsidium des Deutschen Musikrats e.V. hat Ende Januar 2010 beschlossen, mit dem Beauftragten für Kultur und Medien, Staatsminister Bernd Neumann, einen Vertrag abzuschließen, der den Zuwendungsgebern (BKM, BMSFS, KMK) im Aufsichtsrat der Deutscher Musikrat Projektgesellschaft mbH eine Sperrminorität in entscheidenden Fragen einräumt, zum Beispiel bei der Neuaufnahme mehrjähriger Projekte oder auch bei Bestellung und Wiederbestellung von Geschäftsführern. Bereits im vergangenen Jahr konnten sich Politikvertreter trotz massiver Proteste im Verwaltungsrat des ZDF bei der (Nicht-)Vertragsverlängerung des Chefredakteurs durchsetzen. Für die nmz sind diese Beobachtungen Anlass für eine Umfrage unter den kulturpolitischen Sprechern sowie den zuständigen Persönlichkeiten bei BKM und Deutschem Musikrat. Wir fragten: „Wie sehen Sie das Problem der staatlichen Einflussnahme auf zivilgesellschaftliche Institutionen?“ Einzig Siegmund Ehrmann, kulturpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion antwortete nicht. Er teilte der Redaktion mit, dass er der nmz „auf der Grundlage der vorliegenden Informationen zu dem von [ihr] angedeuteten Vertragsabschluss zwischen dem Deutschen Musikrat e.V. und dem BKM kein Statement zur Verfügung stellen kann.“ Um eine hinreichend informierte Stellungnahme abgeben zu können, bedürfe es aus seiner Sicht noch weiterer Informationen dazu. Die Antworten der übrigen Befragten lesen Sie in alphabetischer Reihenfolge auf den Seiten 4, 5 und 6 dieser Ausgabe. (nmz)

Auf Wunsch des Bundestages

Ich darf daran erinnern, dass 2003 die Insolvenz des Deutschen Musikrates drohte, einen zentralen Pfeiler des deutschen Musiklebens zum Einsturz zu bringen. Es folgte die Suche nach einer Konstruktion, die in Zukunft die ordnungsgemäße Verwendung der Mittel garantieren sollte. Ausdrücklich auf Wunsch des Deutschen Bundestages wurde dann die saubere, rechtliche Trennung von Projektdurchführung (DMR Projekt GmbH) und Verbandsarbeit (DMR e.V.) eingeführt.

Durch diese Trennung sollten die rechtliche Autonomie und die inhaltliche Zuständigkeit (Weisungsfreiheit) der Geschäftsführung für die Projekte sichergestellt und damit Vorkommnisse, die zur Insolvenz geführt hatten, zukünftig ausgeschlossen werden. Diese Aufteilung der Zuständigkeiten hat sich bisher bewährt. Es gibt daher keinen Grund, davon wieder abzuweichen. Was das Einvernehmen in Haushalts- und Personalfragen im Aufsichtsrat der DMR Projekt GmbH betrifft, so folgt auch diese Maßnahme einer Forderung des Bundesrechnungshofes und des Bundesfinanzministeriums. Dieses Mitwirkungsrecht soll für die Einrichtungen, an denen der Bund maßgeblich finanziell beteiligt ist, eingerichtet werden und die Verantwortung des Staates für die verwendeten Steuergelder sichern – unabhängig von der Eigenart der jeweiligen Institution und den handelnden Personen im konkreten Einzelfall. Für die „Initiative Musik“, eine gemeinnützige Projektgesellschaft mbH, bei der der DMR Mitgesellschafter ist, gilt es im Übrigen seit Anbeginn ihrer Gründung. Es soll deshalb nunmehr auch in der DMR Projekt GmbH Anwendung finden.

Dr. Ingeborg Berggreen-Merkel, Abteilungsleiterin beim Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien

Mitsprache akzeptieren

Die Politik ist nicht für die Inhalte von Kunst und Kultur verantwortlich, sondern für die Rahmenbedingungen, unter denen kulturelles Schaffen in Deutschland stattfindet. Neunzig Prozent der Förderung von Kultur in Deutschland kommen aus öffentlichen Händen. Wir haben eine kulturelle Vielfalt, auf die wir stolz sein können und um die uns die halbe Welt beneidet. Wo öffentliche Mittel eingesetzt werden, muss es eine entsprechende Kontrolle geben. Zur Verantwortung von Abgeordneten gehört die Begleitung der Verwendung von Steuergeldern. Wenn der Deutsche Musikrat sich als Institution der Zivilgesellschaft versteht, hat der Staat ihn zunächst einmal mit Respekt, Anerkennung und ohne Einflussnahme zu behandeln. Wenn er jedoch als Zuwendungsempfänger (beim zweiten Nachhören übrigens ein sehr schönes, fast schon poetisches Wort!) allein vom Kulturstaatsminister rund 2,8 Millionen Euro für seine Projekt GmbH erhält, dann muss er eine Mitsprache durch den Zuwendungsgeber akzeptieren. Wer solche Verträge eingeht – sie stammen noch aus der Zeit der rot-grünen Koalition –, muss mit Einspruch rechnen.

Generell sollten Politik und Zivilgesellschaft voneinander getrennt bleiben. Denn beide haben ihre Stärken, die sich voneinander unterscheiden. Als Unions-Politiker vertrete ich besonders den Gedanken der Subsidiarität, gemäß dem jede öffentliche Aufgabe auf der „niedrigst möglichen“ Ebene erfüllt werden sollte. Hier kann die Zivilgesellschaft – und tut es – gerade auch regional wertvolle Kulturarbeit leisten.

Politik und Zivilgesellschaft sollten aber zum Beispiel in den Aufsichtsgremien miteinander kooperieren, wo eine Verschränkung nicht zu vermeiden ist oder sinnvoll erscheint. So sind Vertreter der Zivilgesellschaft ja auch in den Aufsichtsgremien von staatlich getragenen und finanzierten Kultureinrichtungen vertreten. Dort entscheiden sie und die Vertreter der Politik gemeinsam. Das gilt auch für den aktuellen Fall des ZDF-Verwaltungsrates.

Wolfgang Börnsen ist kultur- und medienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Wer zahlt, bestimmt mit

Es ist grundsätzlich richtig, dass derjenige, der zahlt, auch mitbestimmen will. Das gilt insbesondere für Politik, die bekanntlich unter ständiger Beobachtung steht, was den korrekten Umgang mit Steuergeldern angeht. Gerade die Politik muss sich immer wieder rechtfertigen, wie sie mit dem ihr anvertrauten Geld umgeht. Sie steht in der Verantwortung, Missbrauch vorzubeugen. Insofern ist es nachvollziehbar, dass der Kulturstaatsminister jetzt einen Vertrag mit dem Deutschen Musikrat abschließt, der ihm im Gegenzug für Finanzmittel Mitsprache bei Projekten und Personalentscheidungen sichert.

Wenn es um den Bereich der Kultur geht, kommt allerdings ein weiterer Aspekt hinzu. Hier gilt es auch der künstlerischen Freiheit Rechnung zu tragen. Künstler, aber auch Institutionen, die Kunst und Kultur fördern, brauchen ihre Freiräume, um sich weiterentwickeln zu können. Neues kann nicht entstehen, wenn Kreativität eingeengt wird. Es darf nicht der Eindruck entstehen, als würden ausschließlich vom Staat abgesegnete Kunst und „Staatskultur“ gefördert.

Um diesen Verdacht erst gar nicht aufkommen zu lassen, ist die Politik gut beraten, ihre Kontrollfunktion immer auch unter dem Blickwinkel der öffentlichen Wahrnehmung zu betrachten. Es darf nicht der Eindruck entstehen, als wolle Politik in erster Linie parteipolitische Interessen wahrnehmen. Das würde nicht nur der Institution schaden, sondern auch den betroffenen Politikern und der Politik insgesamt. Paradebeispiel dafür war im letzten Jahr die Causa Brender. In der Öffentlichkeit ist der Eindruck entstanden, dass es im Falle des ZDF-Chefredakteurs Brender nicht um dessen fachliche Qualifikation ging, sondern um die Wahrnehmung parteipolitischer Interessen.

Kontrolle muss der Sache dienen und nicht den Politikern. Nur dann erfüllt sie ihren Auftrag.

Reiner Deutschmann, kulturpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion

Einvernehmliche Lösung

Der Deutsche Musikrat ist der größte Musikdachverband der Welt und vertritt als gesellschaftlicher Zusammenschluss von Verbänden und Institutionen aus allen Bereichen des Musiklebens auf der Grundlage bürgerschaftlichen Engagements die Interessen von etwa acht Millionen musizierenden Menschen. Im Projektbereich ist er zu gut zwei Dritteln öffentlich, darunter zu neunzig Prozent bundesfinanziert. Beim Dachverband liegt die Finanzierungsquote durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien bei zirka achtzig Prozent.

In dieser Partnerschaft von Staat und Zivilgesellschaft hat sich die langjährig geübte Praxis bewährt, dass der Staat in der Mittelzuweisung und deren Höhe – sofern nicht durch Rechtgrundlagen gebunden – frei ist. Jedoch wäre es dem Staat niemals möglich, zum Beispiel die Förderprojekte des Deutschen Musikrates ohne den ehrenamtlichen Einsatz einer geradezu unüberschaubaren Zahl von Fachleuten und ideellen Unterstützern jeglicher Art durchzuführen. Im Grundsatz muss deshalb gelten: Der Staat unterstützt mit Fördergeldern die Leistung, welche ihm aus dem bürgerschaftlichen Engagement in vielfacher Potenzierung auch und gerade im Bereich der Musik erwächst.

In der Erkenntnis, dass jeder investierte Euro in die Förderung bürgerschaftlichen Engagements ein Vielfaches an Mehrwert für die Gesellschaft erbringt, hat sich in dem gesellschaftspolitischen Kraftfeld von Legislative, Exekutive und Zivilgesellschaft ein im Grundsatz tragfähiges Fördersystem herausgebildet.

Das Gleichgewicht der Zusammenarbeit würde empfindlich gestört werden, sollte der Staat in die inhaltlich-konzeptionelle Ebene eingreifen wollen. Die selbstverständliche und nachvollziehbare Sorgfaltspflicht des Staates in der Überprüfung des Einsatzes von Steuermitteln darf nicht zu einem Eingriff in zivilgesellschaftliche Gestaltungsprozesse führen. In dieser Weise haben sich die Mitgliederversammlung und das Präsidium des Deutschen Musikrates eindeutig gegen die zunächst sehr weitreichende Tendenz der vergangenen zwei Jahre positioniert, welche, unter Berufung auf in anderen Bereichen bekannt gewordene Problemfälle, die Kontroll- und Steuerungsmöglichkeiten des Staates verstärken sollte.

Nach langen Verhandlungen wurde nunmehr einvernehmlich eine Lösung gefunden und vom Präsidium des Deutschen Musikrates beschlossen, welche für den Aufsichtsrat der Projektgesellschaft des DMR nach dem Grundsatz der Gegenseitigkeit die Herstellung von Einvernehmen in bestimmten Kernfragen festschreibt. Dies stellt nicht nur einen erheblichen Fortschritt gegenüber der Ausgangssituation dar, sondern schafft gerade  im Bereich der inhaltlichen Gestaltung von Projekten vergrößerte Spielräume. Ohnehin unberührt bleiben hierdurch die Rechte des DMR als Alleingesellschafter im Sinne des GmbH-Rechts.

Ich freue mich, dass die Verhandlungen mit dem BKM über die Ausbalancierung der jeweiligen Verantwortungsbereiche erfolgreich zu Ende gebracht werden konnten.

Martin Maria Krüger, Präsident des Deutschen Musikrats e.V. und Aufsichtsratsvorsitzender der Projektgesellschaft Deutscher Musikrat gGmbh

Sperrminorität unmöglich

Ich habe mir das Gremium (Aufsichtsrat des DMR) mal angeschaut und festgestellt, dass von zehn Vertretern drei aus Ministerien beziehungsweise aus der Konferenz der Kulturminister kommen. Ich finde die Zusammensetzung insgesamt eigentlich interessant und es steht ja auch in einem totalen Gegensatz zu dem, was wir im ZDF-Verwaltungsrat erleben und erlebt haben. Aber was mich schon aufschreckt ist, dass diese drei in einem Gremium von acht eine Sperrminorität haben müssen. Warum? Können sie sich nicht mit ihrem Expertenwissen bei den Diskussionen über die Neuaufnahme von mehrjährigen Projekten oder auch bei der (Wieder-)Bestellung von Geschäftsführern artikulieren, als drei unter zehn? Warum müssen diese nun auf einmal eine Sperrminorität haben? Das hat aus meiner Sicht sofort einen Geruch, weil es die anderen sieben disqualifiziert. Die können letztlich machen was sie wollen, wenn die drei sich einigen und verständigen, dann geht an denen nichts vorbei und so etwas finde ich im Kern undemokratisch. Ich finde, das steht einem solchen Gremium schlecht an. Man hat fast den Eindruck, die Zuwendungsgeber hätten ein schlechtes Gewissen oder sind nicht selbstbewusst genug, sich im Diskurs durchzusetzen. An der Besetzung, an der Zahl, an der Auswahl der Personen ist wenig zu kritisieren, aber das mit der Sperrminorität ist vollkommen unmöglich.

Luc Jochimsen, kulturpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE

Vertreter der Gesellschaft

Jüngst hat der Fall um Nikolaus Brender gezeigt, wohin parteipolitische Einflussnahme führen kann. In der durch Roland Koch befeuerten Debatte, die Vertragsverlängerung des ZDF-Chefredakteurs zu verhindern, ist mehr als deutlich geworden, wie stark das ZDF unter die Räder der Parteipolitik geraten ist. Dass MinisterpräsidentInnen, Mitglieder von Landesregierungen oder von Staatskanzleien Personalentscheidungen über JournalistInnen treffen, denen sie später im Interview begegnen, ist mit unserem Grundgesetz nicht vereinbar. Die Meinungsfreiheit und damit die Pressefreiheit sowie die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film ist elementare Voraussetzung und Grundstein unserer Demokratie. Es kann nicht sein, dass Personalentscheidungen getroffen werden, um stabile Mehrheiten in Gremien zu sichern. Aus dieser "Verfilzung" entstehen zwangsläufig Interessenskonflikte, die dem politischen Machterhalt und nicht dem Gemeinwohl dienen.

Die Ereignisse um Nikolaus Brender sind in keinem Fall hinnehmbar. Sie zeigen, dass unsere Gesellschaft  den journalistischen Auftrag zur objektiven Berichterstattung nicht angemessen schützt. Für den Fall um Nikolaus Brender planen wir von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN daher ein Normenkontrollverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht. Ein entsprechender Entwurf wird voraussichtlich Ende Januar 2010 vorliegen.

Darüber hinaus fordern wir die Mitgliedschaft von VertreterInnen der Exekutive in den Rundfunk- und Verwaltungsräten sowie dem Fernsehrat nicht mehr zuzulassen. Nur auf diesem Weg ist es möglich die Staatsferne des Rundfunks sicherzustellen.

Wir müssen den Einfluss der Exekutive im öffentlich-rechtlichen System zurückdrängen, um eine unabhängige Berichterstattung nicht zu gefährden.

Wir kritisieren zudem, dass Aufwendungsgebern im Aufsichtsrat des Deutschen Musikrates eine Sperrminorität für entscheidende Fragen eingeräumt wird. Für zivilgesellschaftliche Institutionen gilt, dass sie in erster Linie Vertreter der Gesellschaft sind, nicht der Parteien. Dies sollte sich in der Zusammensetzung der einzelnen Gremien eindeutig wiederspiegeln.

Agnes Krumwiede, kulturpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE GRÜNEN

Wer sitzt auf welcher Seite?

Da ist schon ein so genanntes „Geschmäckle“ mit dabei. Denn an sich ist der Musikrat eine zivilgesellschaftliche Organisation, die unter anderem durch Autonomie bestimmt ist. Wenn Verband und Ministerium einen Vertrag abschließen, dann kann der Vertragspartner auch bestimmte Auflagen zur Erfüllung des Vertrages machen. Das ist noch normal. Ich kenne den Vertrag nicht, aber dass das BK beansprucht bei der Wiederbestellung von Geschäftsführern mitzusprechen, das halte ich schon für bedenklich. Denn das ist eine ureigene, autonome Angelegenheit des Musikrats.

Die Tendenz zum Staatseingriff in zivilgesellschaftliche Organisationen ist nicht neu. Das ist leider ein Aspekt dieses deutschen Koorporatismus mit dem wir uns schon lange herumschlagen: dass man nicht klar sagt, wer eigentlich auf welcher Seite des Tisches sitzt. Staatliche Eingriffe wie eine Sperrminorität besitzen eine erhebliche Relevanz, weil man nämlich gar nicht mehr so richtig weiß, wem u ist eigentlich das Aufsichtsrats- oder Vorstandsmitglied - eigentlich treu. Denn klarer Weise bringt ein Staatsvertreter in einem solchen Aufsichtsrat – oder Vorstand, Stiftungsrat, was auch immer - natürlich die Weisungen aus seinem Amt mit. Das kann bis zu einer strafrechtlichen Relevanz gehen. Das kann den Tatbestand der Untreue erfüllen. Als Aufsichtsratsmitglied einer gemeinnützigen GmbH hat er natürlich die Interessen dieser GmbH zu vertreten und nicht etwa die Interessen eines Vertragspartners gegenüber dieser GmbH. Also das ist schon ernst.

Ich bin in diesen Dingen ein Anhänger eines ganz prinzipiellen und formalen Zugangs. Das heißt, dass klar sein muss, wer auf welcher Seite des Tisches sitzt und dass man solche Vermischungen eigentlich vermeiden sollte. Das ist vielleicht auch mein angelsächsisches Erbe. Dort wäre das in großen Teilen völlig undenkbar. In einer gGmbH hat der Zuwendungsgeber nichts verloren. Er regelt sein Verhältnis mit der Organisation über den Vertrag, aber nicht darüber, dass er selbst in dem Gremium sitzt.

Rupert Graf von Strachwitz, Direktor Maecenata Institut für Philanthropie und Zivilgesellschaft an der Humboldt Universität zu Berlin

Ein Nachtrag zum Thema staatliche Einflussnahme auf zivilgesellschaftliche Institutionen (nmz 3/2010)

Vertrauen als Grundlage der Zusammenarbeit

Bezugnehmend auf die unter der Überschrift „Sperrminorität steht für Kontrolle“ bereits veröffentlichten Beiträge in der Ausgabe Februar 2010 scheint es mir wichtig, auf folgende Aspekte noch einmal ergänzend hinzuweisen.

Der zwischen dem Präsidium des Deutschen Musikrates e.V. (DMR) und dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) einvernehmlich ausgehandelte Vertrag über die DMR Projekt GmbH wurde mittlerweile auch vom Präsidium des DMR beschlossen. Ich gehe davon aus, dass dabei den Anforderungen des DMR als Musikdachverband und zivilgesellschaftlichem Akteur bei der Formulierung der vertraglichen Bestimmungen hinreichend entsprochen wurde. Soweit mir bekannt, bedarf es des Einvernehmens im Aufsichtsrat über so wichtige Fragen wie den Haushaltsplan und Personalfragen. Damit nimmt der Bund seine Verantwortung als maßgeblicher Zuwendungsgeber gegenüber der Institution und gegenüber dem Steuerzahler wahr.
Der Einschätzung, aus dieser Konstruktion leite sich eine Bevormundung und staatliche Beeinflussung dieser zivilgesellschaftlichen Institution ab, kann ich mich nicht anschließen.

Im Übrigen sehe ich keine Parallelität zu der vom ZDF-Verwaltungsrat verweigerten Vertragsverlängerung für den Chefredakteur Nikolaus Brender. Der Fall liegt hier völlig anders, führte doch das parteipolitisch motivierte (und damit nichtstaatliche) Agieren der Unionsvertreter im ZDF-Verwaltungsrat dazu, die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die Garantie der Staatsferne grundsätzlich infrage zu stellen. Hier war es gerade der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), der seiner medienpolitischen Verantwortung nicht nachkam.

Vor diesem Hintergrund meine ich, dass sich in der Praxis zeigen wird, welche Bedeutung der zwischen der DMR Projekt GmbH und dem BKM geschlossene Vertrag besitzt. Wir sollten grundsätzlich davon ausgehen, dass sich dadurch an der bewährten vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen beiden Seiten nichts ändert, sondern diese vielmehr auf neue Füße stellt. 

Siegmund Ehrmann, dem Sprecher der Arbeitsgruppe Kultur und Medien der SPD-Bundestagsfraktion.

 

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