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Stoiber: Kulturförderung nur noch Ländersache

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Ministerpräsident Edmund Stoiber äußert sich in der nächsten Ausgabe von politik und kultur zum Thema Föderalismus

Berlin, den 21.06.2004. Der Schwerpunkt der am 28.06.2004 erscheinenden Ausgabe von politik und kultur, der Zeitung des Deutschen Kulturrates, wird sich mit dem Thema Föderalismus befassen.

Nachdem am vergangenen Wochenende beim EU-Gipfel in Dublin von den Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union die Europäische Verfassung verabschiedet wurde, muss nun die Ratifizierung durch die nationalen Parlamente erfolgen. In Deutschland wird neben dem Deutschen Bundestag auch der Bundesrat über die Annahme mitentscheiden.

Die Europäische Verfassung zielt neben der Fixierung von Grundrechten der Europäischen Union darauf ab, europäische Entscheidungswege schneller zu machen und in verschiedenen Politikfeldern statt des bisherigen Einstimmigkeitsprinzips Mehrheitsentscheidungen einzuführen. Die Beschleunigung der europäischen Entscheidungswege stellt für föderale Mitgliedstaaten wie die Bundesrepublik Deutschland eine besondere Herausforderung dar. Die Gemeinsame Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung (Föderalismuskommission) hat sich bereits am 14. Mai 2004 mit der Europafähigkeit des Föderalismus auseinandergesetzt.

In der Juli/August Ausgabe von politik und kultur schreiben der Vorsitzende der Föderalismuskommission Ministerpräsident Edmund Stoiber, der Bundestagsabgeordnete Norbert Röttgen, der ehemalige Vertreter der Länder im Kulturministerrat Staatsminister a.D. Hans Zehetmair und der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates Olaf Zimmermann zum Thema Föderalismusreform.

Ministerpräsident Edmund Stoiber macht deutlich, dass nach Auffassung der Länder sowohl die Kulturförderung als auch der Bildungsbereich einschließlich der Hochschulförderung sowie der Studienförderung künftig in die Zuständigkeit der Länder fallen soll. Bislang bestehende Mischfinanzierungen z.B. in der Hochschulförderung sollen wegfallen. Die Gemeinschaftsaufgaben im Hochschulbau und in der Bildungsplanung nach Art. 91 a und Art. 91 b haben „ihre Rechtfertigung verloren und müssen abgeschafft werden“. Ministerpräsident Stoiber geht davon aus, dass bei einer Abschaffung der Gemeinschaftsaufgaben im Bildungs- und Hochschulwesen nach Art. 91a und Art. 91b den Ländern die vorherigen Bundesmitteln in die eigene Zuständigkeit zugewiesen werden, damit kein Land finanziell schlechter dasteht als bei Bestehen der Gemeinschaftsaufgaben.

Eine logische Schlussfolgerung aus dieser konsequenten Kompetenzübertragung von Kultur-, Bildung- und Hochschulpolitik an die Länder ist, dass ein Vertreter der Länder die Vertretung deutscher Interessen im EU-Kultur- und Bildungsministerrat wahrnimmt.

Der ehemalige Vertreter des Bundesrates im EU-Kultur- und Bildungsministerrat Staatsminister a.D. Hans Zehetmair beschreibt in seinem Beitrag, dass die Vertretung deutscher Interessen durch ihn als Vertreter des Bundesrates und einen weiteren Vertreter der Bundesregierung in den zehn Jahren seiner Amtszeit sich bewährt hat. Weder gab es in der Vergangenheit Abstimmungsprobleme unter den Ländern noch war diese Vertretung „dem Ansehen und der Stellung der Bundesrepublik Deutschland in Europa abträglich“. Vielmehr konnten so die besonderen Belange der Kultur im Europäischen Einigungsprozess gewahrt werden.

Demgegenüber vertritt der Bundestagsabgeordnete Norbert Röttgen, der wie Ministerpräsident Stoiber der Föderalismuskommission angehört, die Auffassung, dass die deutsche Interessenvertretung in Brüssel als schwach angesehen wird. Er führt dieses auf die im Grundgesetz nach Art. 23 festgelegt Mitwirkung des Bundesrates an der deutschen Interessenvertretung gegenüber der EU zurück. Seines Erachtens muss nach der Verabschiedung der Europäischen Verfassung die deutsche Interessenvertretung in Europa effizienter, geschlossener und mit einem eindeutigen Verhandlungsmandat ausgestattet werden. Seiner Meinung nach sollte „die alleinige Vertretung der Bundesrepublik in der EU durch die Bundesregierung sichergestellt und gleichzeitig dadurch ausgeglichen werden, dass die Bundesregierung zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens Transparenz gegenüber Bundestag und Bundesrat (...) garantiert“.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates Olaf Zimmermann verdeutlicht, dass die Europäische Union z.B. über das Steuerrecht oder das Urheberrecht bereits sehr wirkungsvoll Kulturpolitik macht. Die Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur werden in zunehmendem Maße durch die europäische Rechtssetzung vorgeprägt. Darüber hinaus steht zu erwarten, dass in der Zukunft vermehrt Verhandlungspakete geschnürt werden, bei denen sachfremde Themen zusammen verhandelt werden. Er wirft die Frage auf, ob eine Teilung der deutschen Vertretung in Politikfelder, in denen die Interessenvertretung durch die Länder wahrgenommen wird und in Politikfelder, in denen das Verhandlungsmandat bei der Bundesregierung liegt, noch zeitgemäß ist. Um die Europafähigkeit Deutschlands zu sichern, gilt es seiner Meinung nach viel mehr „nationale Entscheidungsprozesse zu beschleunigen und die Vertreter Deutschlands mit entsprechenden Kompetenzen auszustatten.“


Den Schwerpunkt der Juli/August-Ausgabe von politik und kultur (Seite 1 – 4) kann bereits heute als pdf-Datei geladen werden unter:
http://www.kulturrat.de/puk2004/schwerpunkt-foederalismus.pdf (550 KB)

Hintergrundinformationen zur Reform des Föderalismus findet man unter:
http://www.kulturrat.de/themen/foederalismus.htm