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(nmz – thg.) Das ging flink: Der Deutsche Musikrat (DMR) hat die Startseite seiner Homepage verändert – (man könnte auch sagen: neutralisiert). Im programmatischen Vorspann wird jetzt – ohne Unterscheidung zwischen Verein und gGmbh die Kraft des Verbandes gerühmt. Genauer betrachtet eine eher kosmetische Korrektur, wenn man die im Impressum festgeschriebene Verantwortlichkeit betrachtet:
Worum es geht: Wir hatten hier im KIZ ein wenig darüber nachgedacht, weshalb sich bei der frischen, schönen, neuen, teuren, vermutlich mit öffentlichen Mitteln finanzierten Internet-Präsenz des DMR als Dachverband und Verantwortungsträger vornehmlich die Projekt-gGmbH fand und kaum der Verein:Siehe Meldung: "Wer ist jetzt eigentlich der Deutsche Musikrat" hier im KIZ vom 18. 12.
Schließlich sind die stolz präsentierten acht Millionen „Musikbürger“ auch als politische Kraft im Verein versammelt oder vertreten - und nicht in der gGmbH. Wir wollten darauf aufmerksam machen, dass es nach unseren Beobachtungen zu ausgesprochen kontraproduktiven Reibungsverlusten innerhalb dieser Musik-Familie gekommen ist und kommt, weil offensichtlich die Kompetenzen und die Verantwortlichkeiten zwischen diesen beiden Organisationsteilen einer gemeinsamen Struktur nicht klar definiert sind.
Zwar dient ein Aufsichtsrat der gGmbH, in dem der Vereinsteil die Mehrheit repräsentiert, als Kontroll- und Einfluss-Instrument.
In der Praxis hat sich aber erwiesen, dass die Vereinsvertreter durchaus nicht notwendig mit einer Stimme reden. Und dass die geldgebenden Vertreter des Bundes, der Länder und anderer Institutionen beispielsweise die Verabschiedung einer Geschäftsordnung für die gGmbH, wie sie der Souverän des Vereins, die Generalversammlung beschlossen hatte, blockieren konnten. In dieser Geschäftsordnung sollte die inhaltliche Zuständigkeit des bürgerschaftlichen Vereinsteils für die Konzeption der Projekte festgeschrieben werden.
So eröffnet sich ein gefährliches Konfliktfeld, das sich zu einer echten Zerreißprobe auswachsen könnte, sehr zum Nachteil aller Projekte und Initiativen des gesamten Musik- Bildungs- und Kulturlebens, die in politisch und wirtschaftlich schwieriger Zeit auf eine starke und demokratisch legitimierte Interessenvertretung angewiesen sind.
Auf der einen Seite agiert auf der öffentlichkeitswirksamen Projektebene ein der Wirtschaftlichkeit verpflichteter GmbH-Geschäftsführer. Er steht in Bonn auf der soliden Basis einer üppigen Personalausstattung, ist offensichtlich von Bund und Ländern auch mit ordentlichen Finanzmitteln ausgestattet.
Auf der anderen Seite steht der Vereinsteil in Berlin, der eigentliche Dachverband als demokratischer Souverän mit der versammelten Sachkompetenz seiner Mitgliedsverbände und Einzelmitglieder. (Zugegebenermaßen hat genau dieser Organisationsteil seinerzeit die Insolvenz des Musikrates nicht verhindern können.)
Sein Generalsekretär ist dem gewählten Präsidium reportpflichtig. Die materielle Ausstattung seines Sekretariates (ebenfalls durch die öffentliche Hand) ist vergleichsweise bescheiden. Soeben haben sich auch noch die Bundesländer von der in Aussicht gestellten Finanzierung einer dringend nötigen Referentenstelle verabschiedet. Dennoch läge im Aufgabenbereich dieses Generalsekretariates nicht nur die Organisation der inhaltlichen Gesamtkonfiguration, sondern auch die Außendarstellung des Musikrates gegenüber Öffentlichkeit und Politik. Im Aufsichtsrat der gGmbH hat der Generalsekretär nur einen Beobachterstatus. Er droht, zu einem Johann-ohne-Land zu geraten, was gleichbedeutend ist mit einer dramatischen Schwächung des gesamten Vereinsteiles – und damit der demokratischen Repräsentanz unseres Musiklebens.
Unser kleines Beispiel der eigenwilligen Web-Site-Gestaltung des „neuen“ Musikrates sollte verdeutlichen, wie tief die Verwerfungen bereits reichen. (Presserechtliche Verantwortung -und wahrscheinlich auch die Finanzierung liegen nach wie vor ausschließlich bei der gGmbH, soviel zur Kosmetik). Wir fordern eine rasche und grundsätzliche Klärung der Strukturen und Verantwortlichkeiten, damit unser Musikleben nicht noch größeren Schaden erleidet.
Theo Geißler