„Musik macht Sinn, für die Entwicklung unserer Kinder“ war das Thema einer Diskussion am 20. März in Ebersberg bei München. Moderator Theo Geißler begrüßte die bayerische Staatsministerin für Arbeit- und Sozialordnung, Familie und Frauen, Christa Stewens, sowie Vertreter aus dem Kultusministerium, des Verbandes bayerischer Sing- und Musikschulen und des Städte- und Gemeindetages auf dem Podium. Zur Eröffnung hielt der örtliche Musikschulleiter Peter Pfaff ein außergewöhnliches Impulsreferat, das die neue musikzeitung in Auszügen abdruckt.
Musik macht Sinn, für die Entwicklung unserer Kinder“ war das Thema einer Diskussion am 20. März in Ebersberg bei München. Moderator Theo Geißler begrüßte die bayerische Staatsministerin für Arbeit- und Sozialordnung, Familie und Frauen, Christa Stewens, sowie Vertreter aus dem Kultusministerium, des Verbandes bayerischer Sing- und Musikschulen und des Städte- und Gemeindetages auf dem Podium. Zur Eröffnung hielt der örtliche Musikschulleiter Peter Pfaff ein außergewöhnliches Impulsreferat, das die neue musikzeitung in Auszügen abdruckt.Musik und insbesondere das aktive Musik-Machen haben tatsächlich eine ganz herausragende Art zu wirken. Mit „Art“ meine ich natürlich zuallererst die Kunst. Musik ist ein vielschichtiges Ausdrucksmittel, mit dem ich Stimmungen erzeugen, vermitteln und erleben kann. Aber: Musik „nur“ in die Kulturecke zu stellen, irgendwo zwischen Albrecht Dürer, Franz Kafka und den Inzeller Plattler, das hieße, einen Großteil der Wirkungen, der Effekte von Musik zu vernachlässigen. Wirkungen, die das Musizieren besonders bei Kindern und Jugendlichen hat. Und ich sage bewusst „hat“, weil vieles von dem, was ich nun kurz und beispielhaft erwähne, erwiesen und vielfach belegt ist: In der Philosophie schon über 400 Jahre vor Christus durch Sokrates. In der empirischen Wissenschaft weltweit durch Studien von Universitäten zwischen Kalifornien und der Schweiz zum Thema „Musik und Intelligenz“, die zudem auf das Fazit hinauslaufen: „Bildungspolitik mit Musik ist die beste Sozialpolitik“. Solche Forschungsergebnisse entsprechen unserer persönlichen Überzeugung als Musikschulpraktiker. Sie untermauern das, was wir als Musiker und Pädagogen als die Ergebnisse unserer Arbeit kennen. Musikschulen leisten Vorschulerziehung, Schule, Nachmittagsbetreuung, Sozialarbeit und Kultur im besten Sinne.Wir machen Schule: Während an den Schulen der Musikunterricht immer weiter reduziert wurde, sind die öffentlichen Musikschulen in Bayern stetig gewachsen. Kein Konzert unserer Gymnasien oder Haupt- und Realschulen wäre realisierbar ohne die an der Musikschule ausgebildeten Instrumentalisten.
Wir machen Kindergarten: Die Musikalische Früherziehung ist für ganz viele Familien ein nicht mehr wegzudenkender Beitrag zur Erziehung ihrer 3- bis 6-jährigen Kinder geworden. Eine musische Basis, Entwicklung des Aufeinander-Hörens, Bewegungserziehung und Förderung der Sprachentwicklung, die sich an den Erkenntnissen der Entwicklungspsychologie orientiert.
Wir machen Nachmittagsbetreuung: mit einem Beschäftigungsinhalt für die ganze Woche. Und wir Musikschulen haben auch das Know-how, die Organisationserfahrung und vollausgebildetes Personal dazu.
Wir arbeiten für unser soziales System: Funktionierende Musikschulen in öffentlicher Trägerschaft sind „Kitt für die Gesellschaft“. Im Landkreis Ebersberg mit nahezu flächendeckendem Musikschulangebot erleben wir Kinder und Jugendliche, die aktiv musizieren, als verantwortungsbereit und gemeinschaftsbildend. Im Hinblick auf eine „Gesellschaft aktiver Bürger“ sind die soziale und die emotionale Intelligenz treibende Kräfte.
Die Musikschulerziehung fördert diese Fähigkeiten mit hohem Wirkungsgrad. Schon einzelne Jugendliche, die über aktives Musizieren das „Funktionieren“ einer Gruppe erfahren haben, können die „Chemie“ einer Gruppe oder einer Schulklasse verändern – unabhängig von Hautfarbe, Nationalität oder Weltanschauung. Sie können zur Verringerung von Aggression und Gewalt wesentlich beitragen.
Ich möchte mit einer Vision schließen: Die Musikschulen sind in der bayerischen Landschaft zu prächtiger Blüte herangewachsen, die meisten davon in den vergangenen 25 Jahren und genährt von einem steigenden Bedarf in der Bevölkerung. Der Wuchs dieser Pflanzen war beinahe zufällig – wie in einer natürlichen Wildnis – abhängig vom örtlichen Boden, der Nahrung und der Pflege durch engagierte Menschen. Wenn wir wollen, dass diese natürlich gewachsenen Musikschul-Ressourcen Nutzen bringen für unseren gemeinsamen Garten – ob wir ihn jetzt Bayern oder Europa nennen – dann ist es wohl an der Zeit, diesen Garten „anzulegen“, die Bodenschätze behutsam zu heben und die gewachsenen Kräfte in eine Nutzfläche zu verwandeln.
Einfach düngen (zum Beispiel mit Geld) nützt nur teilweise. Wir müssen dieser Musikschul-Landschaft eine Struktur geben, die mit anderen „Feldern“ aus dem Bereich Familie, Schule, Soziales und Kultur vernetzt ist. Und ich denke dabei nicht an einen luxuriösen Schlosspark, wo zwar alles schön anzuschauen ist, aber die Schilder „Betreten verboten“ Leben und Entwicklung verhindern.
Es gibt ja weltweit tolle Beispiele dafür: In Finnland, Norwegen, Schweden und Holland – übrigens alles Länder, die in der PISA-Studie hoch bewertet wurden. Als ein Beispiel in der Dritten Welt mag das nationale System der Kinder- und Jugendorchester in Venezuela dienen (siehe nmz 11/00, Seite 3