Probleme mit der alten Musik vor 100 Jahren. Und vor 50 Jahren: Josef Anton Riedl gewürdigt, Dean Dixon in Europa
Vor 100 Jahren
... nimmt der Minister für musikalische Angelegenheiten Dr. v. Heitersheim Stellung „zur inneren Politik im Reich der Tonkunst“ und moniert die unbefriedigende Aufführungspraxis „unseres heutigen Musikbetriebes ... trotz dreier Gedenkfeiern, der Händels, Haydns und Mendelssohns ...
Unsere erste und vornehmste Aufgabe, die Hebung und Ausmünzung der Schätze unserer Vergangenheit; haben wir vernachlässigt wie bisher, weil ja nicht, wie in Literatur und bildender Kunst, irgend eine Behörde die ideale Verpflichtung hat, sich um deren Erfüllung eingehender zu kümmern
... Zu mindesten wäre dringend nötig eine autoritative Anweisung, nach welchen Gesichtspunkten und Regeln das bisherige, wenn auch großenteils ungenügende Material bei Bach und Händel für die Aufführung zu benützen ist, um im Punkt der Stilechtheit doch einige Übereinstimmung anzubahnen. Die eigentlich dazu berufene Instanz wäre ohne Zweifel die Firma Breitkopf & Härtel in Leipzig. An ihr wäre es, unter Ägide einer Autorität wie Riemann oder Kretzschmar Ratschläge für die Aufführung älterer Tonwerke herauszugeben.“
Neue Musik-Zeitung, 15.07.1909, Seite 429
Vor 50 Jahren
... dirigiert „der Negerdirigent“ Dean Dixon, mit aufsehenerregendem Erfolg in den europäischen Musikzentren wiederholt zu Gast, das „Europäische Konzert der Europa-Union“ im Kaisersaal der Residenz zu Würzburg. Das Orchester der Internationalen Sommerkurse Schloss Weikersheim spielt Beethovens achte Sinfonie und Béla Bartóks Orchesterkonzert.
„Josef Anton Riedl wurde der Förderungspreis für Musik 1959 der Stadt München verliehen. Riedl, der seit Jahren mitten im Arbeitskreis der Musikalischen Jugend steht (Leiter der Gruppe München), ist als Komponist (er sagt ‚ich bin keiner, sondern ein Musikarchitekt‘) ein Außenseiter. Denn ihn beschäftigt weniger der Klang in der Musik, die melodische Linie schon gar nicht, auch nicht in ihrer Vervielfachung, als vielmehr die Struktur, die Bauweise, eben die Architektur (väter- wie mütterlicherseits hat der 1927 (sic!) geborene Ingenieure, Baumeister und Architekten als Ahnen). So schreibt Riedl seine Stücke für Schlagzeug, wozu er das Klavier rechnet, für Singstimmen, die keine Texte singen, sondern Vokalisen setzen. Was lag da näher als dass musique concrète und elektronische Musik ihn sogleich bei Bekanntwerden fesselten? Musiken zu Filmen, Hör- und Fernsehspielen entstanden in dieser Gattung. Akustische Probleme beschäftigen den Komponisten: Eingeblendete Bandaufnahmen von konkreter Musik kommen aus raumverteilten Lautsprechern ...“, schreibt Chefredakteur Wismeyer und erwähnt Riedls weitere Auszeichnungen der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und der deutschen Olympia-Gesellschaft.
VIII. Jahrgang, Nr. 4, 8/9-1959, Seite 1/4