„Holzschnittartig“ – Vizepräsident und Finanzminister Uli Kostenbader benützte dieses Adjektiv im Rahmen seiner Bilanz-Berichterstattung bei der diesjährigen Generalversammlung des Deutschen Musikrates in Bad Godesberg mindestens acht Mal. Mit einem perspektivisch ausdifferenzierten Ölgemälde hatte sicherlich auch niemand gerechnet: Dazu waren weder der Zustand des Rates noch der Zeitpunkt seines Mitgliedertreffens sonderlich geeignet. Ein knappes Jahr nach der Insolvenz steht Notstands-Verwalter Ludger Westrick immer noch in Amt und Würden – angeblich bis Jahresende – man wird sehen. Die Scharten seines Wirkens sind tief. Sie resultieren freilich aus älteren Fehlern, deren Ursachen man mittlerweile lieber anonym in den Fallgruben des Zuwendungsrechtes verscharrt. Schuldige sind persönlich nicht mehr auszumachen. Man will vergessen, Schwamm drüber und durchstarten.
Dieses Bemühen war dem präsidialen Rechenschaftsbericht deutlich anzumerken. Viele altbekannte Gesichter strahlten in verantwortlichen Positionen unter den Lobes-Pauschalen des Oberrates Martin Maria Krüger, der die nach seiner Wahl häufig aufgeworfene Frage, wer er denn eigentlich sei, mit Beispielen außerordentlicher Verbindlichkeit beantwortete. Seine persönliche Kontur wird er allerdings noch deutlich schärfen müssen, wenn er die schweren Aufgabenpakete, die den Musikrat belasten, spürbar weitertransportieren will.
Über allem hängt natürlich das Fallbeil des Geldmangels. Erstaunlich, dass in einige Projekte trotzdem maßgebliche öffentliche Mittel fließen, obwohl die Aufgaben durch privatwirtschaftliches Engagement eigentlich schon erledigt wären. Aber auch hier wird man haushaltsrechtliche Zwangsläufigkeiten orten, die angeblich auch schon dazu geführt haben, dass ausgerechnet die empfindliche Förderung Neuer Musik zugunsten des Deutschen Laienorchester-Wettbewerbes im nächs-ten Jahr eine herbe Kürzung um fast 150.000 Euro erfährt.
In einer Resolution äußerte die frisch gegründete Fachgruppe für Neue Musik die „feste Überzeugung, dass die nachfolgenden Generationen die Qualität des heutigen Musikrates und seines Präsidiums an seinem verantwortungsvollen Umgang mit dem künstlerischen Nachwuchs und der aktuellen Kunst messen wird“. So sei es. Vorläufig kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, das geschäftsführende Präsidium arbeite vor allem hart an der Poli-
tur des äußeren Erscheinungsbildes. Name-Dropping und Event-Huberei scheinen viel Kraft zu kosten. Die Neubestimmung der Inhalte, der vertretbaren Werte, wirkt weggeschoben in die fernen Themenspeicher rar tagender Fachgruppen. Was aber nutzt das feinste Mind-Mapping der Vizepräsidenten, wenn das genutzte Kartenwerk so differenziert ist wie der Klappentext eines Bohlen-Buchs? Wir werden die Baustelle Musikrat weiter ausleuchten.