Ausgerechnet im zehnten Jahr gab es Probleme bei dem zum großen Teil privat finanzierten Berliner Festival Young Euro Classic. Wegen der Wirtschaftskrise waren einige Sponsoren abgesprungen. Aber das Leitungsteam um Gabriele Minz ließ sich nicht einschüchtern und startete eine Spendenkampagne „2000 mal 30“, die schließlich zum Erfolg führte. Wie geplant konnten insgesamt 20 Veranstaltungen durchgeführt werden, zu denen trotz des leicht angehobenen Eintrittspreises 22.500 Besucher ins Konzerthaus am Gendarmenmarkt strömten.
Zunächst hatte sich das Festival auf europäische Jugendorchester beschränkt. Inzwischen will man unter der künstlerischen Leitung von Dieter Rexroth zeigen, wie die europäische Orchesterkultur „in alle Welt ausstrahlt und in den nationalen Färbungen zurückstrahlt“. Neben Deutschland waren in diesem Jahr Dänemark, Österreich, Tschechien, Russland, die Türkei, China, Japan, Südafrika und Kanada vertreten.
Dass auch Mendelssohns „Sommernachtstraum“-Ouvertüre ein spieltechnisch heikles Werk ist, erwies sich beim Debüt des Orchestre Symphonique des Jeunes de Montréal, dessen Wiedergabe der „Symphonie fantastique“ von Berlioz ebenfalls viele Wünsche offenließ. Einen Lichtblick bildete aber Mendelssohns Violinkonzert mit dem ukrainischen Geiger Andrej Bielow, der schon 1999, gerade 18jährig, Preisträger beim Münchner ARD-Wettbewerb wurde. Ganz vom romantischen Geist dieser Musik ausgehend bot er eine umjubelte Interpretation.
Das Wiener Jeunesse Orchester, geleitet von Herbert Böck, und das Tschechische Jugendorchester unter Marko Ivanović überzeugten an zwei aufeinanderfolgenden Abenden wieder beide durch ihren hohen Standard. Anders als die nationalbewussten Tschechen verzichteten die Wiener auf „ihre“ Klassiker und spielten stattdessen Bernstein, Dvořák und ein neues Werk des burgenländischen Helmut Hödl. Dessen „Sing sing sing. A Tribute to Benny Goodman“ für Klarinettenquartett und großes Orchester überzeugte aber nicht durchweg. Gegen die rhythmischen Ostinati des Orchesters, vor allem der Perkussionsinstrumente, konnte sich die Solistengruppe nur selten durchsetzen.
Die Deutsche Streicherphilharmonie brachte unter der Leitung von Michael Sanderling „Yellow clouds“ von Bernd Franke zur Uraufführung, eine maßgeschneiderte Hommage an den schwedischen Jazzmusiker Esbjörn Svensson, die aus dem Gegensatz von Statik und Dynamik lebte. Wie Hödls Komposition öffneten die „Yellow Clouds“ eine Tür von der Symphonik zum Jazz, der bislang bei Young Euro Classic nur eine Nebenrolle gespielt hatte. Dass diese Musikart beim diesjährigen Festival so prominent vertreten war, lag wohl auch an der Programmplanung des Bundesjugendorchesters. Es reiste nach seinem Berliner Auftritt mit dem Bundesjazzorchester zu Konzerten und Workshops nach Südafrika weiter. Partner dort war die Organisation MIAGI („Music is a great investment“), deren Orchester in diesem Sommer in Berlin mit fünfzehnminütigen Ovationen gefeiert wurde.
Unter Leitung von Dennis Russell Davis führte das Bundesjugendorchester zusammen mit dem Bundesjazzorchester in drei Uraufführungen die Annäherung zweier musikalischer Welten, der der Klassik und des Jazz, vor. Moritz Eggert kontrastierte in „Illumination“ starre Marschrhythmen des großen Orchesters und groovende Soli der Jazz-Bigband. Feinsinniger wirkte „Refractions“ von Niels Klein, der solistische Holzbläser des Orchesters allmählich in den chorischen Satz einer Bigband überführte. Dagegen verkörperte das „Second Prelude to the Primal Scream“ von Altmeister Wolfgang Dauner wohl die phantasievollste und mitreißendste Synthese. Trotz des hier eingesetzten Riesenapparats kam es nie zu einem klanglichen Ungleichgewicht zwischen Streichern, Blech und Percussion.