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Treppenarrangement: "Die Tragödie des Teufels" an der Bayerischen Staatsoper. Foto: Wilfried Hösl
Treppenarrangement: "Die Tragödie des Teufels" an der Bayerischen Staatsoper. Foto: Wilfried Hösl
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Phasenweise belebt: Uraufführung von Peter Eötvös’ „Die Tragödie des Teufels“ in München

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Lucifer hat Schnupfen. „ich hab mich an der Welt erkältet“, singt er und ahnt schon, dass es wohl nichts mehr werden wird mit dem endgültigen Triumph über den alten Herrn, den er im Prolog über Handy noch einmal herausgefordert hatte. Peter Eötvös stellt dem Gesang hier zunächst nur die Tasten des Klaviers zur Seite – eine Reduktion auf Schwarz und Weiß, „damit gott die kalligraphie des teufels sieht und wie ich seine heilige schrift überschreibe.“

Solche Feinheiten im Umgang mit Albert Ostermeiers kunstvoller Sprache gibt es einige in der „Tragödie des Teufels“, die an der Münchner Staatsoper uraufgeführt wurde. Häufig aber scheint Eötvös sich angesichts des Librettos in routinierte Illustration zu flüchten. Da zittern die Mallets, wenn vom Bersten und Beben der Erde die Rede ist, da klingen Rheingold-Ambosse an, wenn eine Maschinenmusik anzudeuten ist, Bläser nehmen Tristan-Farben an, als Lucifer die Erlösungspille schluckt, die sich eigentlich Adam verdienen sollte.

Albert Ostermeier hat sich ganz schön was vorgenommen mit seinem ersten Operntext: Das gerne als „ungarischer Faust“ apostrophierte Drama „Die Tragödie des Menschen“ von Imre Madách hat er postmodern mit Filmzitaten (darunter „Matrix“ und Kathryn Bigelows „Strange Days“) und aktuellen Bezügen (Irakkrieg) verschnitten und so die historischen Stationen, die Adam und Eva in Madáchs kühnem Welttheater durchschreiten, über- und fortgeschrieben. Obwohl Eötvös den Gesang aus dem Graben heraus über weite Strecken nur perkussiv rhythmisiert oder sparsam mit Melodieinstrumenten parallelführt und das Publikum gleichzeitig brav die Übertitel mitliest, erschließt sich die Assoziationsfülle, mit der Ostermeier das Libretto überfrachtet hat, aber kaum. Da hilft nur der Beipackzettel Programmheft.

Balàzs Kovalik hat das Ganze weniger inszeniert, als um die imposante Bühnenskulptur Ilya und Emilia Kabakovs herum arrangiert: ein aus der Zeit gefallener Treppentorso, auf dem sich trefflich auf- und abklettern lässt und der je nach Drehmoment rückseitige Durchgänge erlaubt. Dekorativ, aber halbherzig auch Amélie Haas’ Kostümierung mit Science-Fiction-Andeutungen

So bleiben in dem gut 100-minütigen, pausenlos gespielten Szenenreigen die wenigen Momente im Gedächtnis, in denen Eötvös in kurzen Zwischenspielen den Raum durch das hinter der Szene aufgebaute große Orchester grandios weitet oder wie beim ersten Auftritt der an Madáchs Erdgeister und Wagners Nornen gemahnenden drei Rumata der Musik das Primat über den ambitionierten, über weite Strecken aber leblosen Text überlässt.

Das ausgezeichnete Ensemble mit Georg Nigls Lucifer an der Spitze wurde heftig beklatscht, Komponist und Dirigent Eötvös (das große Orchester leitete Christopher Ward) nahm mit seinem Librettisten den freundlichen, aber nicht enthusiastischen Applaus entgegen.

Eine ausführliche Besprechung lesen Sie in der April-Ausgabe der nmz.
 

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