Mit einer Demonstration haben Lehrbeauftragte bayerischer Musikhochschulen und Universitäten auf ihre prekäre Lage aufmerksam gemacht. Ein Protestmarsch von der Münchner Hochschule für Musik und Theater (HfMT) zur bayerischen Staatskanzlei bildete den Auftakt für einen zweiwöchigen Streik, der heute beginnen soll.
Auslöser für die Proteste waren unter anderem Fragebögen, die seit einiger Zeit von den Hochschulen und Unis an die Lehrbeauftragten verschickt worden waren. Diese sollten darin bestätigen, dass sie nicht mehr als die gesetzlich vorgeschriebene Höchstzahl von 10,75 Lehrstunden erteilen und nicht an verschiedenen Hochschulen gleichzeitig unterrichten. In Würzburg sollten die Betroffenen außerdem bestätigen, dass sie auf das Lehrauftragshonorar wirtschaftlich nicht angewiesen sind. Hintergrund sind Änderungen im Verwaltungsvollzug der entsprechenden Vorschriften, bei denen sich die Hochschulen auf Vorgaben des Bayerischen Obersten Rechnungshofs berufen.
Das Fass zum Überlaufen hat – so Andreas Begert von der HfMT, einer der Organisatoren – die Tatsache gebracht, dass künftig die Mitwirkung bei Prüfungen nicht mehr über die maximale Stundenzahl hinaus vergütet werden kann. Diese Anerkennung der zusätzlichen Arbeitsleistung war – neben der Erhöhung der Stundenhonorare zumindest an den Musikhochschulen – eine der Verbesserungen gewesen, die in den vergangenen Jahren durchgesetzt worden waren.
Die bayerischen Lehrbeauftragten verlangen von der Politik nun in einer „Bayern-Resolution“ verlässliche Rahmenbedingungen und ein Bekenntnis zur Dresdner Erklärung der Bundeskonferenz der Lehrbeauftragten an Musikhochschulen (bklm) von 2016. Dort waren unter anderem „eine zügige Anpassung der Lehrauftragshonorare an die Bezüge vergleichbarer Festangestellter“, eine „soziale Sicherung der langjährigen Lehrbeauftragten durch Übernahme […] in feste (Teilzeit-) Arbeitsverhältnisse“ und „zusätzliche Beitragszahlungen der Hochschulen zur Rentenversicherung oder zu einer betrieblichen Altersvorsorge“ gefordert worden. Dem angeschlossen hatten sich im Vorfeld der Bayerische Tonkünstlerverband, die Deutsche Orchestervereinigung und der Bayerische Musikrat. Weitere im Rahmen der Kundgebung angesprochene Forderungen beziehen sich auf Ausnahmeregelungen bezüglich der Obergrenze an Stundenzahlen, auf das Mitspracherecht in den Hochschulgremien und auf Honorarfortzahlung im Krankheitsfall.
Nach der Zusammenkunft in der Aula der Münchner Musikhochschule setzte sich der mit Sambatrommeln und Trompetenklängen untermalte Demonstrationszug aus etwa 130 TeilnehmerInnen in Richtung Staatskanzlei in Bewegung. Auf den Transparenten waren Formulierungen zu lesen wie „Billig-Dozenten – Stop“, „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, „Ein Lehrauftrag ist kein Hobby“ oder „Hier spielt die Musik bald nicht mehr“. Es nahmen DozentInnen aus München, Nürnberg, Augsburg, Würzburg, Regensburg, Passau und Eichstätt teil. Studierende oder ProfessorInnen in nennenswerter Zahl waren nicht darunter. Vor der Staatskanzlei solidarisierten sich vier Oppositionspolitiker aus dem Ausschuss für Wissenschaft und Kunst des bayerischen Landtags mit den Anliegen der Demonstranten, darunter dessen Vorsitzender Michael Piazolo. Am Mittwoch wird das Thema im Ausschuss auf der Basis eines Dringlichkeitsantrags behandelt.
Das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst war vor der Staatskanzlei mit seinem Sprecher Ludwig Unger und dessen Stellvertreterin Kathrin Gallitz präsent. Unger zeigte Verständnis für die vorgetragenen Anliegen, verwies ansonsten aber auf eine Erklärung, die das Ministerium dann am Nachmittag veröffentlichte. Dort wird die Bedeutung der Lehrbeauftragten gewürdigt und auf die Honorarerhöhungen an den Musikhochschulen München, Nürnberg und Würzburg seit 2015 verwiesen. Ansonsten zieht das Ministerium sich dort auf die „Vorgaben des Hochschulpersonalgesetzes“ zurück: Es müsse „die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben durch die Hochschulen sicherstellen“.
Ausschussmitglied Georg Rosenthal riet den Betroffenen mit einer Unterschriftenaktion weitere Öffentlichkeit zu schaffen. Auf diese Idee sind Lehrbeauftragte aus Nürnberg schon gekommen. Sie haben auf der Plattform Avaaz eine Online Petition vorbereitet, die demnächst gestartet wird. Die Organisatoren des Protests setzen nun vor allem darauf, dass die von dem geplanten zweiwöchigen Streik betroffenen Studierenden sich der vorformulierten Briefe an das Ministerium bedienen und damit Druck erzeugen. Darüber, wie stark die Mobilisierung für einen solchen Streik sein wird, war vor und nach der Demonstration kein klares Stimmungsbild zu erkennen.
Bernd Redmann, der Präsident der HfMT München, war bei der Versammlung in der Aula anwesend und zeigte sich gegenüber der nmz solidarisch mit den Lehrbeauftragten. Man schöpfe die vorhandenen Spielräume zur Verbesserung von deren Situation aus, sei aber an die rechtlichen Vorgaben gebunden. In Sachen Prüfungsvergütungen stellte er eine Umlage der dafür vorhandenen Mittel in Form einer pauschalen Erhöhung der Stundensätze in Aussicht, räumte aber ein, dass dies keine Gerechtigkeit herstelle. Auf dieses Thema angesprochen verwies Andreas Begert von den Protestorganisatoren darauf, dass diese Erhöhung sich im niedrigen zweistelligen Centbereich bewegen werde, begrüßte aber Redmanns Gesprächsangebot an die Lehrbeauftragten.