Das Berliner Trickster Orchestra erhält den „WDR Liminal Music Prize 2025“ für musikalische Grenzüberschreitungen. Der Preis wird im Rahmen eines Konzertes des Trickster Orchestra bei den Wittener Tagen für neue Kammermusik am Samstag, 3. Mai, verliehen und geht zu gleichen Teilen an das Trickster Orchestra und den Komponisten George E. Lewis. Dessen Werk „Nomads“ für Sheng und Ensemble mit Wu Wei als Solist steht neben Werken von Ondřej Adámek, Ketan Bhatti und Cymin Samawatie auf dem Programm.
Der 2024 erstmals vergebene Preis für musikalische Grenzüberschreitungen, der „WDR Liminal Music Prize“, wird am 3. Mai im Kulturforum Witten verliehen. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis geht 2025 an das Trickster Orchestra und den Komponisten George E. Lewis. Die Preisträger werden für ihre innovative, Traditionen und kulturelle Grenzen überschreitende Arbeit ausgezeichnet. Die Preisverleihung findet im Rahmen eines Konzerts des Trickster Orchestra bei den Wittener Tagen für neue Kammermusik statt. Erstmals wird ein trans-traditionelles Ensemble mit globaler Instrumentierung und postmigrantischer Perspektive im Zentrum eines der renommiertesten Festivals für Neue Musik präsentiert.
Der WDR Liminal Music Prize zeichnet Künstler:innen aus, die auf innovative Weise verschiedene Musik-traditionen oder Musikpraktiken verbinden und damit Wege in eine musikalische Zukunft weisen. Das 2013 von Cymin Samawatie, Ketan Bhatti und Philip Geisler gegründete Trickster Orchestra vereint Instrumente verschiedenster Musiktraditionen in einer neuen Form kollektiv geschaffener zeitgenössischer Musik. Der afroamerikanische Komponist George E. Lewis war Jazzposaunist, ist ein Pionier der computergestützten Komposition und als Theoretiker und Kurator ein elementarer Impulsgeber für die zeitgenössische Musikszene.
Matthias Kremin, WDR 3-Programmchef: „Mit der Auszeichnung des Komponisten George E. Lewis und des Trickster Orchestra möchte der WDR Liminal Music Prize unterstreichen, wie essenziell der Prozess der wechselseitigen Annäherung bei der Entstehung innovativer Konzepte ist. Das Verhältnis von Mündlichkeit und Schriftlichkeit, von Spontaneität und fixierter Vorüberlegung stehen dabei ebenso auf dem Spiel wie die Frage nach der eigenen und der kollektiven Identität. Jeder muss über seine Grenzen gehen, um an einen neuen, dritten Ort zu gelangen.“
Cymin Samawatie, künstlerische Leiterin des Trickster Orchestra: „Wir freuen uns über diese Anerkennung sehr! Im Grenzbereich verschiedener Musikästhetiken und mit globalen Instrumentierungen zu arbeiten geht mit großen Potenzialen für die Neue Musik einher. Zugleich öffnen sich Häuser und Plattformen noch für diesen postmigrantischen Ausdruckwillen in der aktuellen Musikszene. Der Preis bestärkt uns, unseren Weg weiterzugehen, hin zu einer klanglichen Gegenwart in der Kunstmusik, die sich jenseits westlich geprägter Avantgarde-Kanonisierung entfaltet.“
Aus Anlass des Preises präsentiert das Trickster Orchestra bei den Wittener Tagen für neue Kammermusik das Concerto für Sheng und Instrumente „Nomads“, das George E. Lewis 2025 für das Ensemble und den Sheng-Solisten Wu Wei komponiert hat. Es feiert sein Debüt in Witten zudem mit drei Uraufführungen von Ondřej Adámek, Ketan Bhatti und Cymin Samawatie. Mit diesem speziell für Witten entwickelten Programm stellt das Trickster Orchestra seine außergewöhnliche Fähigkeit unter Beweis, musikalische Traditionen aus unterschiedlichsten Kulturen, improvisatorische Freiheit und zeitgenössische Komposition in ein zukunftsweisendes Klangbild zu überführen.
Konzert & Preisverleihung
Samstag, 3. Mai 2025, 21.00 Uhr
Wittener Tage für neue Kammermusik, Saalbau Witten
Sendung in WDR 3, So., 4. Mai 2025, 21.30 Uhr
Trickster Orchestra
Wu Wei, Sheng
Cymin Samawatie, Leitung
Cymin Samawatie Upcycle 1 – Komprovisation (UA)
Cymin Samawatie Revamp (UA)
Trickster Orchestra Upcycle 2 – Improvisation
Ketan Bhatti Dance for Nerds (UA)
Trickster Orchestra Upcycle 3 – Improvisation
George E. Lewis Nomads (2025) für Sheng und Ensemble
Trickster Orchestra Upcycle 4 – Improvisation
Ondřej Adámek Power of Flowers (UA)
- Weitere Informationen und Tickets: https://wittenertage.de/veranstaltungen/07-trickster
Cymin Samawatie erläutert: „Das Wittener Festival verfolgt in diesem Jahr den Schwerpunkt ‚Upcycling‘, also aus alten Dingen neue, schöne Dinge zu machen. Das entspricht sehr unserer Philosophie im Trickster Orchestra, mit dem wir eine neue Kunstmusikästhetik aus einer fundamental veränderten Gesellschaft und zugleich aus ihren langwährenden Traditionen heraus entwickeln. In Witten begeben wir uns auf eine klangliche Spurensuche nach Möglichkeiten künstlerischer Wiederverwertung und Transformation – als ästhetisches Prinzip wie als soziale Haltung.“
George E. Lewis beschreibt seine Vision einer zeitgenössischen Musikkultur so: „Es geht darum, eine Mosaik-Identität zu etablieren, die historische, geografische und kulturelle Querverbindungen anerkennt – nicht, um dadurch Diversität zu erreichen, sondern um eine neue Komplexität zu ermöglichen, die eine weitaus größere kreative Tiefe verspricht.“
In dieser Breite stellt das Programm nicht nur eine radikal erweiterte Klangsprache vor, sondern ein neues Verständnis musikalischer Autor:innenschaft – kollektiv, situativ, transkulturell und ausgerichtet auf ein Paradigma des Philosophen Arnold I. Davidson, das Multiplikation der Perspektiven als Multiplikation der Möglichkeiten versteht. In diesem Sinne entfaltet das Trickster Orchestra in Witten ein post-migrantisches Klangpanorama, das die Kategorien von Herkunft, Genre und Form radikal infrage stellt und das die Klangpotenziale einer pluralen Gesellschaft konkret hörbar macht.