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Zukunfts-Music

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Es ist, als hätte eine fliegende Untertasse das dahindarbende bundesrepublikanische Musikleben laut geküsst: Der Deutsche Musikrat hob ab aus dem irdischen Jammertal. Das frischgebackene Generalsekretariat bezog soeben schmucke Räumlichkeiten in Berlins Oranienburger Straße, dort, wo auch die Phonoindustrie residiert. Es handelt sich offensichtlich um eine organische Vernetzung. Da wundert es nicht, dass unser musikalisches Spitzengremium keine Stellung beziehen mag zum Streit zwischen der (nebenbei neuerdings mitgliedswilligen) GEMA und den Produzenten von Soundfiles und CDs – beispielsweise für die Autoren, die Kreativen, die Mitglieder, deren Honarare um bis zu vierzig Prozent gekürzt werden sollen. Konflikt scheint uncool. So blieb man auch ziemlich still, als die Gelder für auswärtige Kulturpolitik beschnitten werden sollten (wer begibt sich schon in Zwist mit einem starken Ministerium) – und produzierte allenfalls lauen Wind zum Schutz der geschredderten Berliner Symphoniker.

Die Strategie wirkt zeitgeistkonform. Man positioniere sich positiv an der Spitze jeglicher Bewegung, reklamiere alle Verdienste und Vorarbeiten für sich und transportiere dieses Image mit Hilfe einer beständig vollsubventionierten PR-Kampagne in die Lande. Gleichzeitig weise man alte Partner und Verbündete aus schweren Zeiten, an die man sich auch besser nicht erinnert, in die Schranken. Hatten sich doch GEMA, Phonoverbände und Deutscher Kulturrat erfrecht, zu Zeiten tiefer insolvenzbedingter Musikratlosigkeit eine Aktion zu starten, die der Wertschätzung geistigen Eigentums dient und ausgerechnet Musik-Unterrichtsmaterial produziert ohne den eigentlichen Claim-Besitzer (seinerzeit bankrott) nachhaltig zu konsultieren.

So geht’s nicht. Der musikalische Luftraum über Deutschland gehört dem Musikrat – und seinen Repräsentanten. Daran haben sich auch Mitgliedsverbände zu gewöhnen, die bislang vielleicht der irrigen Ansicht waren, sie deckten mit ihrer Arbeit bestimmte Bereiche des Musiklebens kompetent ab. Sobald Außenwirkung erzielt wird, ist diese selbstlos an das Bonn-Berliner Zentralorgan abzuführen. Das gilt für die Jeunesses Musicales mit ihrem von langer Hand gut aufbereiteten Südamerika-Projekt ebenso wie für die Laienmusikverbände, die schon vor einigen Jahren einen Musik-Innovationspreis ins Leben riefen. Daran hat sich die Frankfurter Musikmesse zu halten – und selbstverständlich auch der Bundespräsident.

Wo in diesem hochprofessionellen Aufbruchs-Klima ist noch Platz für ein kleines, bislang von seiner Unabhängigkeit ernährtes Organ, wie es die nmz ist und bleibt? Wir versuchen uns dem erhöhten Kohlenmonoxidgehalt der Atmosphäre anzupassen, versammeln mehr meinungsfreudige Autoren gleich im ersten Heft des Blattes, bieten eine klarere Gliederung und schaffen ein paar überkommene Ressortgrenzen ab. All dies betrachten wir als „work in progress“, im Dialog mit unseren Lesern und Partnern. Kritik ist willkommen – und eins sei geklärt: auf Essays von Dieter Bohlen werden wir auch künftig verzichten.

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