Hauptrubrik
Banner Full-Size

15.04: theater und Literatur aktuell+++theater und literatur

Autor
Publikationsdatum
Body

Bücher für alle - Sächsische Landesbibliothek übergeben+++Deutschlands renommierteste Krimiautoren verunsichern München +++Oberlausitz kommt an Kulturraumtheater nicht mehr vorbei+++Pfalztheater startet mit «Frère Jacques» +++ Über die Weltmarktfähigkeit der russischen Seele+++

Dresden (ddp-lsc). Die neue Sächsische Landesbibliothek ist am Montag in Dresden übergeben worden. Die endgültige Eröffnung des Neubaus ist für den Oktober geplant. Zum Wintersemester stehe die Bibliothek dann nach vier Jahren Bauzeit Studenten und interessierten Bürgern vollständig zur Verfügung, sagte Wissenschaftsminister Hans Joachim Meyer (CDU) bei der Übergabe. Die Gesamtbaukosten des größten Bibliotheksneubaus im Freistaat haben rund 97 Millionen Euro betragen.
Herzstück der «Sächsischen Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek» (SLUB) ist der große mit Glas überdachte Lesesaal mit 200 Plätzen. Den rund 50 000 eingetragenen Nutzern stehen mit der Eröffnung weit über sieben Millionen Medien zur Verfügung. Dazu gehören neben den vier Millionen Büchern auch Landkarten, Noten, Tonträger, Bilddokumente sowie eine wertvolle Handschriftensammlung.

Das Böse ist immer und überall

München (ddp). Mord und Totschlag drohen München nebst Umland ab Mittwoch. Verantwortlich dafür ist das «Syndikat». Diese ehrenwerte Gesellschaft deutscher Krimiautoren veranstaltet bis einschließlich Sonntag ihr jährlich mörderisches Treffen mit Lesungen und spannungsgeladenen Events erstmals in der bayerischen Landeshauptstadt.
Die Liste der Highlights dieser bislang umfangreichsten «Criminale» in der 16-jährigen Geschichte des Krimifestivals ist so lang wie die der mindestens 100 Veranstaltungen unter dem Motto «Spurensuche an der Isar». Rund 150 namhafte Krimiautoren, unter ihnen Bestsellerautoren wie Fred Breinersdorfer, Friedrich Ani, -ky (Horst Bosetzky) und Autorinnen, angeführt von der Crime-Lady Ingrid Noll sind angesagt. Einer der Höhepunkt für ganz Ausgeschlafene ist der rekordverdächtige Marathon im Literaturhaus. Dort beginnt am Mittwoch nonstop «Die längste Krimilesung der Welt», die Ingrid Noll um 12.00 Uhr einläutet und -ky am Freitag um 14.00 Uhr beendet.
Quer über das ganze Stadtgebiet haben die Veranstalter, unterstützt vom Kulturreferat der Stadt, Lesungen, Diskussionen und Events auf die üblich verdächtigen Kulturzentren Gasteig, Literaturhaus und Schlachthof, sowie unter anderem in Museen, den Tierpark Hellabrunn und das alte Sudhaus in Seefeld verteilt. Auch Polizei («Mörderjagd im Großstadt-Dschungel» am Mittwoch im Präsidium an der Ettstraße) und Justiz («Mörder im Landgericht» am Donnerstag im Justizpalast) mischen kräftig mit. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit eröffnen sich für die Insassen des Gefängnisses Stadelheim mit «Mordgeflüster hinter Gittern» neue Abgründe, während die weiblichen Einsitzenden Am Neudeck der Bedrohung «Mord im Frauenknast» ins Auge sehen. Versöhnlicher hört sich die abschließende Autorenlesung der Sektion Polizei und Justiz mit «Mord und Todschlag bei Bier und Leberkäs» am Freitag im Hofbräuhaus an.
Auch der Bayerische Rundfunk mit seinen drei Tatort-Kommissaren ist mit von der blutrünstigen Partie. In einer Endlosschleife (ab Mittwoch) können sich die Fans der frischgebackenen Grimme-Preisträger Miroslav Nemec, Udo Wachtveitl und Michael Fitz im Literaturhaus alle 16 «Tatort»-Folgen zu Gemüte führen. Das Kommissarduo Michaela May und Edgar Selge präsentiert «Polizeiruf 110», und Amtsrichter Erich Hallhuber vom «Cafe Meineid» legt seine Stirn diesmal im Landgericht im Justizpalast in Falten. Zum finalen Fangschuss im Schlachthof tritt Udo Wachtveitl mit «Mörderisches Bayern» am Sonntag ab 20.00 Uhr an.
Wer da noch nicht auf der Strecke geblieben ist, kann den (fast) aussichtslosen Versuch unternehmen, sich im Kunstpark Ost in die Bongo-Bar zu drängeln. Dort wird - krönender Abschluss - bei der «Tango Criminale» der «Friedrich-Glauser-Krimipreis», die mit 5000 Euro höchstdotierte Auszeichnung für den besten deutschsprachigen Kriminalroman, vergeben.
(www.die-criminale.de)

Fast alle deutschen Krimiautoren sind im «Syndikat»

München (ddp). Vor 17 Jahren gründete ein knappes Dutzend deutscher Krimischreiber im Stuttgarter Literaturhaus die Autorengruppe «Syndikat». Denn auch «notorische Einzelgänger mit mörderischen Phantasien suchen ab und zu den friedlichen Erfahrungsaustausch», sagt «Syndikat»-Sprecher Horst Eckert. Mittlerweile gehören zum «Syndikat» mit mehr als 300 Mitgliedern fast alle aktiven deutschen Krimiautoren sowie weitere 50 «Amigos», also Verleger, Journalisten, Fans.
Die vom 17. bis 21. April 2002 diesmal in München stattfindende «Criminale» mit der Verleihung des renommierten «Friedrich-Glauser-Preis» gilt als das bedeutendste Krimifestival des deutschsprachigen Raums. Das Syndikat kennt keine Vereinssatzung. Die Finanzen der Gruppe, die auch der internationalen Kriminalschriftstellervereinigung AIEP/IACW (Asociatión Internacional de Escritores Policiacos/International Association of Crime Writers) angehört, regelt der Förderverein deutschsprachiger Kriminalliteratur e.V. Zu den bekanntesten Mitgliedern des Syndikats zählen Ingrid Noll, Petra Hammesfahr, Bernhard Schlink, Horst Bosetzky (-ky) und Jacques Berndorf.
(www.das-syndikat.com)

Harter Termin für Zusammenschluss

Bautzen (ddp-lsc). Die Frage ums Geld beschäftigt Theaterintendanten wohl manchmal mehr als die künstlerische Arbeit. In der Oberlausitz wird jedenfalls schon lange über Lösungen diskutiert, den steigenden Kostendruck aufzufangen. Vor gut neun Jahren hatte Görlitz die Idee ins Gespräch gebracht, einen Verbund aus den drei Spielstätten in der Region zu bilden. Doch Bautzen und Zittau konnten sich mit dem Gedanken nie so recht anfreunden. Nun kommt Ostsachsen an einem Kulturraumtheater allerdings wohl nicht mehr vorbei.
Überraschend fasste der Konvent des Kulturraumes Oberlausitz-Niederschlesien am vergangenen Montag nämlich den Beschluss, ab 2003 nur noch ein Theater in der Region zu fördern. Darin sollen sich die Häuser in Görlitz, Bautzen und Zittau sowie die Neue Lausitzer Philharmonie zusammenfinden. Zum 2. Sächsischen Theatertreffen, das die ostsächsischen Spielstätten am Wochenende ausrichteten, wurde die aktuelle Entwicklung gleich zum dominierenden Thema einer Podiumsdiskussion in Bautzen gemacht.
Andere Regionen haben es der Oberlausitz längst vorgemacht, dass Fusionen auch in der Kultur erfolgreich sein können, hat Rolf Stiska festgestellt. Der sächsische Landesvorsitzende des Deutschen Bühnenvereins nennt als Beispiel das Schleswig-Holsteinische Landestheater. Der Verbund der Spielstätten in Flensburg, Schleswig und Rendsburg bewährt sich seit Jahren. Auch die Theater in Plauen und Zwickau sind inzwischen in die zweite gemeinsame Spielzeit gegangen. Dass sich die Oberlausitzer Theaterlandschaft wandeln muss, sei längst bekannt, machte Stiska deutlich. Die Geschwindigkeit, mit der dieser Prozess jetzt vonstatten gehen soll, verblüfft den Intendanten der Städtischen Theater in Chemnitz allerdings schon. «Wir waren zu geduldig in den vergangenen sechs Jahren», setzt Bernd Lange entgegen. Der CDU-Landrat aus Niesky ist sich durchaus bewusst, dass der Kulturkonvent einen harten Termin für den geplanten Zusammenschluss gesetzt hat. Schon im Herbst soll ein Entwurf auf dem Tisch liegen, wie das künftige Kulturraumtheater aussehen könnte.
«Wir stehen vor einem ziemlichen Problem», gesteht der Bautzener Theaterintendant Lutz Hillmann. Eigentlich sollte er mit seinem Zittauer Kollegen Roland May bis Ende Juni ein Modell für die neue Oberlausitzer Schauspielgesellschaft erarbeiten. Die Kreistage in Bautzen und Zittau haben der Gründung erst Ende vergangenen Jahres zugestimmt. «Die Parlamente werden sich nicht so schnell wieder etwas Neues vorsetzen lassen», glaubt Hillmann. Er findet er es zudem ungerecht, dass andere die Finanzkrise im Musiktheater ausbaden müssen. Erst kürzlich sind aus dem Etat des Schauspiels 213 000 Euro genommen worden, die jetzt der Sparte in Görlitz zugute kommen.
Landrat Lange, der dem Kulturkonvent vorsteht, betrachtet die bereits begonnene Umstrukturierung im Schauspiel als Schritt auf dem Weg zum Kulturraumtheater. Das Musiktheater hinkt zwar hinterher. Bis Juni sollen jedoch auch die Görlitzer Spielstätte und die Neue Lausitzer Philharmonie in einer Gesellschaft vereint sein. Lange hofft, dass dies mit sanftem Druck gelingt.
(www.saechsisches-theatertreffen.de)

Glück und Unglück im Leben der Offenbach-Brüder

Kaiserslautern (ddp-swe). Ein etwas schäbiges, grau-weißes Interieur aus dem Paris des 19. Jahrhunderts: Ein schwarzer Steinway-Flügel, dessen Lack schon bessere Zeiten gesehen hat, ein Regal, ein Tisch mit Stühlen, ein Sofa und ein Sessel. Es klingelt schrill, Jules Offenbach öffnet die Tür und es tritt eine junge Frau aus Köln herein. Gesangsstunden will sie bei Jules nehmen, um sich auf das neue Werk von Jacques Offenbach an der Pariser Opéra-Comique vorzubereiten. Jules, der ältere Bruder des berühmten Operetten-Komponisten, ist sichtlich tief getroffen, stand er doch als der Unbegabtere der beiden immer im dunkelsten Schatten seines Bruders. Trotzdem übernimmt er die Musikstunden und Jules beginnt von seiner und der Geschichte seines Bruders Jacques zu erzählen.
«Frère Jacques», das neueste Werk von Noch-Intendanten Wolfgang Quetes am Pfalztheater in Kaiserslautern, wurde am Samstagabend auf der Werkstattbühne uraufgeführt. Seit Jahren bearbeitet Quetes sowohl als Regisseur und Übersetzer Stücke des berühmten Operettenkomponisten Jacques Offenbach. Dabei stieß er auf die weitgehend unbekannte Person von Jules Offenbach. Die Idee für ein biografisch-fiktives Drei-Personen-Stück rund um das problemgeladene Bruderverhältnis war geboren.
Der Wahl-Pfälzer Christian Pätzold, bekannt von verschiedenen deutschen Bühnen wie auch aus Film und Fernsehen, spielt dabei in der Hauptrolle den verkannten Jules. Überzeugend in seiner Leidenschaft für die Musik und im Scheitern am eigenen Anspruch durchlebt der Zuschauer mit Pätzold alias Jules die Höhen und Tiefen des armutsvollen Lebens im Schatten des «großen» Bruders auf teils tragische, teils komische Weise. Begleitet werden die Geschichten vom Einstudieren der Offenbach-Stücke durch die «Mademoiselle», gespielt und gesungen von Astrid Vosberg, und einem heruntergekommenen Pianisten namens «Glocke».
«Frère Jacques» ist ein Theaterstück, das ganz nebenbei mit der Leichtigkeit der Musik Offenbachs tiefgründige Themen anpackt. Es geht in dem Stück um künstlerische Wahrhaftigkeit, um Scheitern und Erfolg, um Liebe - und um den ewigen Disput zwischen Ernster Musik und Unterhaltungsmusik: Wirft doch Jules seinem Bruder Jacques Oberflächlichkeit in seinen über 100 Operetten vor, während er seit mehr als 20 Jahren an einer Ein-Mann-Oper mit unsichtbarem Chor komponiert. Steht Jules doch für Opern à la Wagner und Kompositionen von Berlioz, zwei Personen, die wie Jules an ihrer und für ihre Kunst wirklich leiden.
Doch bei aller Differenz wird auch die Abhängigkeit der Brüder voneinander klar. So förderte Jules die Ausbildung von Jacques, während letzterer dem verarmten Musiker monatlich mit Geld unterstützte. Verbundenheit bestand auch im Tod, denn Jules Offenbach starb sechs Tage nach dem Tod seines Bruders. Mit «Frère Jacques» ist Intendant Quetes ein spannendes und kurzweiliges Stück mit teils historisch belegter, teils fiktiver Handlung gelungen, bei dem es einfach Spaß macht, die Tiefen der Seele auszuloten - und herzhaft über die Schattenseiten des Daseins zu lachen.
(Internet: www.pfalztheater.de)

Konstanze Lauterbach inszeniert «Casting» von Alexander Galin am DT Berlin

Berlin (ddp). Was der russische Autor Alexander Galin in «Casting» erzählt, hat er selbst erlebt. In einem russischen Theater sah er Frauen und Mädchen seines Landes, die sich bemühten, vor einer japanischen Jury Eindruck zu machen. Zur Casting-Veranstaltung getrieben hatte sie die Hoffnung auf dubiose Jobs und überhaupt ein anderes Leben. Galin war amüsiert und zugleich erschrocken - und außerdem hatte er einen neuen Theaterstoff: «Casting» als Ausdruck der Hoffnung und der Erniedrigung, des Traums vom Geld und des Elends der postsowjetischen Realität. Konstanze Lauterbach hat das Stück jetzt auf die Bühne der Kammerspiele des Deutschen Theaters Berlin gebracht, am Sonntag war Premiere.
«Beim nächsten Mal werden Sie mehr Glück haben, da bin ich ganz sicher», teilt der Übersetzer Albert gleich zu Anfang die Ablehnung mit und seine Stimme verrät, dass er nicht im geringsten an ein nächstes Mal glaubt. Im Mittelpunkt von Galins Stück stehen die Frauen, die es nicht einmal bis vor die Jury bringen, weil sie zu alt sind oder etwas mit den Papieren nicht stimmt. Dass er einen kleinen Aufstand auslöst, hätte Albert (Sven Lehmann) wohl nicht erwartet. Sie hätten schließlich bezahlt, argumentieren die Damen, und erreichen tatsächlich, dass ein Japaner ihre Kunststücke ansieht.
Warwara (Margit Bendokat) singt eine russische Weise, Nina (Katrin Heller) tanzt einen Schlangentanz, Tamara (Gabriela Maria Schmeide) spielt Akkordeon, Olga (Anika Mauer) zaubert ein bisschen und Katja und Lisa (Isabel Schosnig/Eva-Maria Schneider-Reuter und Lisa Hagmeister) ziehen sich aus. Das Ergebnis: Nur Katja und Lisa schaffen den Absprung aus Russland. Nacktes Fleisch ist offenbar ein prima Exportgut, dagegen eignen sich die seelentiefen russischen Lieder zwar zum Träumen, aber nicht zum Verkauf auf dem Weltmarkt.
Diese ziemlich platte Fabel wird durch das Aufkreuzen diverser zorniger Ehegatten noch ein bisschen aufgepeppt, ohne dass dadurch die verkündete zu einfache Wahrheit mit einer neuen Dimension, mit mehr Tiefe versehen würde. Fazit: Die Männer haben mit der neuen Welt noch größere Probleme als ihre Frauen, und diese wissen nicht, wie sie sich entscheiden sollen.
Lauterbachs Inszenierung versucht, Leichtigkeit, Schwung und Lebendigkeit zu betonen, die gegen eine bittere Realität ankämpfen. Das Ganze wirkt jedoch zu gewollt, zu wenig empfunden. Die Ambivalenzen zwischen alten sozialen Bindungen und neuen Chancen, die auch immer neue Gefahren sind, kommen da nur über den Kopf zum Zuschauer, das Bühnengeschehen erscheint zu oft als bloße Illustration der Programmatik.
Autor