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+++ Spitzen-Musik: Venezolanisches Jugendorchester kommt nach Deutschland +++ Dohnanyi soll Chefdirigent des NDR-Sinfonieorchesters werden +++ Don Quichotte ist arbeitslos - Premiere für neuen Ballettabend +++ Musikalischer Spaziergang durch Bautzen +++ Außergewöhnliche Vokalmusik in Heidelberg +++ Mexiko-Festival startet in Berlin +++ «Giselle» tanzt mit Orchester - Erste Ballettpremiere in Görlitz +++ Ernst-Reuter-Plakette für Kurt Sanderling +++ Nachfolge-Test? - Regie-Debüt von Wagners Urenkelin +++
Spitzen-Musik: Venezolanisches Jugendorchester kommt nach Deutschland"Der Besuch in einem Internat für Straßenkinder, in dem die Kinder jeden Nachmittag im Orchester spielen, hat mich sehr bewegt. Ich habe noch nie so deutlich wie an diesem Nachmittag gespürt, dass das Spielen in einem Orchester zusammen mit dem Erlernen eines Musikinstruments für Kinder, die auf der Straße gelebt haben, die mit Vergewaltigung, Drogen und Gewalt in Berührung gekommen waren, ein Halt und eine neue Lebensperspektive bedeuten kann. In Venezuela hat das Musizieren von Kindern und Jugendlichen im klassischen Sinfonieorchester jeden elitären Beigeschmack verloren, es dient dazu, sozial schwachen Kindern einen Lebensinhalt zu bieten und Kooperation, die ja im Sinfonieorchester in besonderer Weise erforderlich ist, zu lernen".
(Aus dem Reisebericht eines deutschen Beobachters)
210 der besten jungen Musiker und Musikerinnen aus insgesamt 55 regionalen Kinder- und Jugendorchestern Venezuelas wirken in der "Jungen Philharmonie Venezuela" mit. Ein Blick auf die Ursprünge dieses mittlerweile weltweit bekannten Jugendorchesters zeigt eine besondere Geschichte auf: 1975 gründeten 15 motivierte, junge venezolanische Musiker unter der Leitung von Dr. José Antonio Abreu das "Nationale Sinfonieorchester Simon Bolivar", das erste Sinfonieorchester Venezuelas überhaupt. Mittlerweile gibt es Dank des unermüdlichen Einsatzes des Alternativen Nobelpreisträgers Abreus und der engagierten Arbeit vieler beteiligter Lehrer, Musiker und Organisationen insgesamt 102 Jugendorchester, 55 Kinderorchester sowie 20 Orchester mit Kindern im Vorschulalter.
Ca. 110.000 Kinder und Jugendliche dieses Landes musizieren mit ihrem Instrument gleich von Anfang an in einem Orchester bzw. in Gruppenproben. Eine weitere Besonderheit dieses Konzeptes liegt darin, dass den einzelnen Familien mit dem Hobby ihrer Kinder keinerlei Kosten entstehen. Durch die Unterstützung des Staates Venezuela bekommen die sozial schwachen Familien, die insgesamt ca. 90% der Gesamtbevölkerung Venezuelas ausmachen, eine Chance, ihren Kindern eine fundierte musikalische Ausbildung zu ermöglichen, die nicht selten in eine aussichtsreiche Lebensperspektive der jungen Musiker und Musikerinnen mündet.
Am 20. September beginnt die diesjährige Tournee der "Jungen Philharmonie Venezuela" durch Deutschland und Österreich wie beispielsweise in der Berliner Philharmonie, der Münchener Philharmonie, dem Wiener Konzerthaus oder dem Salzburger Congress- Haus. In Leipzig tritt das junge Orchester am 3. Oktober gemeinsam mit dem Thomanerchor auf. Das Abschlusskonzert am 8. Oktober geben die jungen Musikerinnen und Musiker in der Münchener Philharmonie am Gasteig.
Wagner, Verdi und Rossini stehen ebenso auf dem Programm wie der Mambo aus der "West Side Story". Ein vielseitiges Programm mit venezolanischem Temperament!
Tourneedaten:
22.09.02, 18.00 Uhr Kölner Philharmonie
24.09.02, 11.00 Uhr Düsseldorf, Tonhalle (Schülerkonzert)
25.09.02, 19.00 Uhr Düsseldorf, Tonhalle
27.09.02, 19.00 Uhr Hildesheim, Halle 39
29.09.02, 11.00 Uhr Berliner Philharmonie
02.10.02, 19.00 Uhr Dresden, Kreuzkirche
03.10.02, 15.30 Uhr Leipzig, Gewandhaus
05.10.02, 19.30 Uhr Wiener Konzerthaus
07.10.02, 19.30 Uhr Salzburger Congress
08.10.02, 19.30 Uhr Münchener Philharmonie am Gasteig
Dohnanyi soll Chefdirigent des NDR-Sinfonieorchesters werden
Hamburg (ddp-nrd). Der Dirigent Christoph Dohnanyi soll nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins «Focus» neuer Chef des NDR-Sinfonieorchesters werden. Nach monatelangen Geheimverhandlungen werde der 73-Jährige am Freitag seinen Vertrag unterzeichnen, berichtet das Magazin am Donnerstag vorab. Ab 2004 werde er das Orchester zunächst für drei Jahre leiten. Der Vertrag beinhalte eine Präsenzpflicht in Hamburg von jährlich neun Wochen sowie Tournee-Konzerte. Dohnanyi, der Bruder des Hamburger Ex-Bürgermeisters Klaus von Dohnanyi, leitete 18 Jahre lang das renommierte Cleveland Orchestra. Nach dem Bericht des Magazins will er als neuer NDR-Orchesterchef Elemente des US-Systems importieren. «Die Orchester haben dort eine völlig unsubventionierte Struktur. Bei uns muss klar werden, dass die private Seite mehr tun kann», sagte der dem Nachrichtenmagazin.
Don Quichotte ist arbeitslos - Premiere für neuen Ballettabend
Schwerin (ddp-nrd). Für seine Version des Klassikers «Don Quichotte» hat der Schweriner Ballettdirektor Stefan Haufe die Protagonisten kompromisslos in die Gegenwart geholt. Zwar muss der legendäre «Ritter von der traurigen Gestalt» auch gegen Windmühlen kämpfen, aber anders als im Original des spanischen Schriftstellers Miguel de Cervantes (1547 bis 1616). Diesmal zieht der Held unter anderem gegen Bürokratie, Einsamkeit und menschliche Kälte zu Felde. Die von Bernd Lanzke getanzte Titelfigur ist ein Arbeitsloser und Außenseiter der Gesellschaft. Schweriner Premiere des Ballettabends ist am Freitag. In weiteren Rollen agieren Leticia J. Latrónico als die Frau von Don Quichotte, Thomas Margies als Sancho Pansa, Davina Kramer als Kitri, José Martinez Grau als Basilio und Marion Schwarz als Dulcinea. Für die Ausstattung zeichnet der Bruder des Choreographen, Michael Haufe, verantwortlich. Es spielt die Mecklenburgische Staatskapelle unter Leitung von Kapellmeister Florian Franek. Die Premiere von «Don Quichotte», der ersten Neuinszenierung des Schweriner Tanztheaters in der Spielzeit 2002/2003, beginnt um 19.30 Uhr im Großen Haus des Mecklenburgischen Staatstheaters. Weitere Vorstellungen stehen am 22. und 26. September sowie am 9. Oktober auf dem Spielplan. Musikalische Grundlage für die Choreographie von Stefan Haufe ist die Musik des gebürtigen Wieners León Minkus (1826 bis 1917), der als Ballettkomponist in Moskau und St. Petersburg der wichtigste Vorläufer von Tschaikowsky war. 1869 hatte der große Ballettmeister Marius Petipa (1822 bis 1910) zu dieser Musik als Debüt am Moskauer Bolschoi-Theater seinen «Don Quichotte» herausgebracht. Die Premiere hatte damals riesige Begeisterung ausgelöst. Vor allem durch Rudolf Nurejew wurde das schon lange Zeit in Osteuropa überaus populäre Werk nach 1966 auch im Westen bekannt. Heute gehört dieses Ballett ebenso wie «Giselle» von Adolphe Adam sowie Tschaikowskys «Nussknacker» und «Schwanensee» zum festen Repertoire der großen klassischen Compagnien.
Musikalischer Spaziergang durch Bautzen
Altenburg (ddp-lth). Zu einem musikalischen Spaziergang durch das 1000-jährige Bautzen lädt der in Altenburg ansässige Verlag Klaus Kamprad ein. Pünktlich zum Jubiläum der sorbischen Stadt erschien bei seinem Label «querstand» eine CD mit Werken von Komponisten aus der Bautzener Region, teilte der Verlag am Donnerstag mit. Auf ihr kann der Hörer Jan Rawp-Raupp, Juro Metsk, Jan Cyz, Liana Bertók und Jan Bulank kennen lernen, alles Vertreter der neuen Generation sorbischer Komponisten. Die CD enthält unter anderem das avantgardistische Streichquartett «Accents Antiques» und das Streichquartett «Introduktion und Rondo capriccioso» der Komponistin Liana Bertók. Jan Cyz, der mit Vorliebe Vokalkompositionen schafft, ist mit sechs Liedern nach Texten von Benedikt Dyrlich vertreten. Das Begleitbuch zur CD, in deutscher, englischer und sorbischer Sprache, vermittelt neben den Biographien der Komponisten und eindrucksvollen Fotos des Künstlers Rudolf Hartmetz auch einen umfangreichen Streifzug durch die Bautzener Geschichte. (Bestell-Nr. VKJK 0221 · Barcode 4025796002218 · Vertrieb: Musikwelt) ( http://www.querstand.de) (Internet: http://www.theater-schwerin.de)
Außergewöhnliche Vokalmusik in Heidelberg
Heidelberg (ddp-bwb). Mit einem Festival feiert das Vokalensemble «Schola Heidelberg» am Wochenende sein zehnjähriges Bestehen. Unter dem Motto «Zeit-Stimme Klang» präsentiert die 12-stimmige Schola zusammen mit dem Instrumentalensemble «aisthesis» in einer Konzertreihe alte und neue Musik von Johannes Brahms und Franz Schubert bis Guo Wenjing, Hans Zender und Luigi Nono. Dabei erwarten die Zuhörer unter anderem sechs Uraufführungen, darunter Werke von Cornelius Schwehr und Steffen Schleiermacher. Die Konzerte und begleitenden Vorträge finden im Heidelberger Kunstverein statt. Die Schola Heidelberg widmet sich seit ihrer Gründung 1992 insbesondere der Musik des 20. sowie des 15. und 16. Jahrhunderts, die jenseits des gängigen Chorrepertoires angesiedelt ist. (Internet: http://www.klanghd.de)
Mexiko-Festival startet in Berlin
Berlin (ddp). In Berlin wird heute Abend das Festival MEXartes-berlin.de offiziell eröffnet. Die Veranstaltung ist nach Angaben der Organisatoren die größte Präsentation zeitgenössischer mexikanischer Kultur und Kunst, die je in Europa ausgerichtet wurde. In den nächsten drei Monaten werden mehr als 200 Künstler und Wissenschaftler aus Mexiko in der Hauptstadt erwartet. Das Festival will bis zum 7. Dezember die lebendige Kunstszene des Landes in vielen Facetten präsentieren. Zum Programm gehören neben Ausstellungen umfangreiche Musik- und Filmangebote, Tanz und Theater, Vorträge und Diskussionen. Hauptveranstaltungsorte sind das Haus der Kulturen der Welt, die Volksbühne, die Botschaft von Mexiko und das Kino Arsenal. Bereits geöffnet ist die Ausstellung «Große Meister der mexikanischen Volkskunst» im Ethnologischen Museum in Dahlem.
«Giselle» tanzt mit Orchester - Erste Ballettpremiere in Görlitz
Görlitz (ddp-lsc). Die erste Ballettpremiere im rekonstruierten Zuschauerraum erlebt das Publikum am Samstag im Görlitzer Theater. Zugleich wird mit «Giselle» von Adolphe Adam nach gut zweieinhalb Jahren ein Ballett wieder mit Orchester aufgeführt. Die Neue Lausitzer Philharmonie unter Leitung von Milos Krejci begleitet die Akteure auf der Bühne, die nach einer Inszenierung des Görlitzer Ballettdirektors Franz Huyer tanzen, teilte das Theater mit. Zuletzt war im Januar 2000 «Peer Gynt» als Ballett mit Orchesterbegleitung in der Neißestadt herausgekommen. In den vergangenen beiden Spielzeiten hatte das Görlitzer Ballett ausschließlich nach Musikeinspielungen vom Band getanzt. Während des Saalumbaus mussten Ensemble und Publikum mit einer wesentlich kleineren Bühne im gedrehten Theater auskommen. Mit einer Sage von gespenstischen Tänzerinnen lieferte Heinrich Heine die Anregung für das Ballett «Giselle oder »Die Willis", das 1841 entstand. Der Dichter Theophile Gautier, der Komponist Adolphe Adam und der Choreograf Jules Perrot schufen das Werk, in dem sich das Bauernmädchen Giselle beim Tanz unsterblich in einen Unbekannten verliebt. Der Angebetete ist allerdings ein als Bauer verkleideter Herzog. http://www.theater-goerlitz.de)
Ernst-Reuter-Plakette für Kurt Sanderling – Matinee
Berlin (ddp). An seinem 90. Geburtstag ist der Dirigent Kurt Sanderling mit der Ernst-Reuter-Plakette der Stadt Berlin geehrt worden. Kultursenator Thomas Flierl (PDS) überreichte Sanderling die höchste Berliner Auszeichnung am Donnerstag bei einer Festlichen Matinee im Konzerthaus. Damit wird die Lebensleistung des Dirigenten gewürdigt. Sanderling hatte seine Karriere 1931 an der Städtischen Oper der Stadt begonnen. Von 1960 an leitete er 17 Jahre lang das Berliner Sinfonie-Orchester (BSO), das durch ihn zu einem Ensemble von internationaler Reputation wurde. Die Berliner Philharmoniker, die Sanderling viele Male dirigiert hatte, wollten ihn am Abend mit einem Mozart-Programm unter Sir Simon Rattle und mit der Pianistin Mitsuko Uchida würdigen.
Nachfolge-Test? - Regie-Debüt von Wagners Urenkelin
Fast 170 Jahre, nachdem Richard Wagner (1813-1883) als 20- Jähriger in Würzburg seine Oper «Die Feen» vollendete, will seine Urenkelin an selber Stelle in das Familiengeschäft einsteigen. Katharina Wagner (24), Tochter des Bayreuther Festspielchefs Wolfgang Wagner, gibt am Sonntag (22. September) am Mainfranken Theater ihr Regiedebüt. Das Stück: Richard Wagners «Der fliegende Holländer». Die Reaktion: ausverkauftes Haus, bundesweite Aufmerksamkeit.
Die Rechnung des Intendanten Reinhold Röttger ist aufgegangen. Bangte das Theater vor rund eineinhalb Jahren noch um sein Fortbestehen als Drei-Sparten-Haus, so ist die Bühne nun wieder in aller Munde. Rund 70 Kritiker aus dem In- und Ausland haben sich zur Premiere - ausgerechnet am Abend der Bundestagswahl - angekündigt. «Es gibt gleichwertige Inszenierungen in dieser Spielzeit, aber keine wird so viel Aufmerksamkeit erregen wie die von Katharina Wagner», sagt Röttger.
Die Frau, die Katharina Wagner in die Domstadt holte, ist Margot Müller. Sie ist Vorsitzende des Richard-Wagner-Verbandes in Würzburg, mit mehr als 2700 Mitgliedern einer der weltweit größten unter 135 Verbänden. Zum 20-jährigen Bestehen ihres Verbandes fädelte sie die Sache ein. «Ich bin schon stolz darauf, dass ich diese Idee hatte», sagt die 80 Jahre alte Inhaberin eines Würzburger Autohauses. Schließlich sei die Nachwuchsförderung wesentliche Aufgabe des Wagner-Verbands, der 20 000 Euro zum Regiedebüt beisteuert. Mitglieder von knapp 20 Wagner-Verbänden aus Deutschland und dem Ausland werden zum Galaabend erwartet.
Am Rande der Bayreuther Festspiele hatte Margot Müller die «Kronprinzessin» auf dem Grünen Hügel, die als künftige Festspielchefin und damit Nachfolgerin ihres immer noch amtierenden Vaters Wolfgang Wagner (83) gehandelt wird, für ihre Pläne gewinnen können. Ob sie den Mut für ein Debüt am Mainfranken Theater habe, habe sie die 24-Jährige gefragt. Sie wolle erst mit ihren Eltern darüber sprechen, so die zögerliche Antwort der jungen Wagner. Nach drei Tagen dann der Anruf: «Ich mache es.»
Und so stieg Katharina Wagner vom Grünen Hügel hinab zum Provinz- Theater an den Main. «Ich kannte die schwierige Lage des Theaters und hoffe, dass ich auch helfen kann», sagt sie heute. In aller Stille liefen die Proben an, auch zur Generalprobe wollte die ehrgeizige Jung-Regisseurin kein Publikum. «Sie steht unter unheimlichen Druck», verteidigt Intendant Röttger den strikten Kurs seines Schützlings. Sie habe ihren eigenen Kopf und suche ihren eigenen Weg. «Ich habe ihr zu Beginn meine Hilfe angeboten, aber im Prinzip hat sie nicht sehr viel Hilfe verlangt», meint der 71-Jährige.
Der Name Wagner sei auch eine Belastung, erklärt Katharina Wagner angesichts der hohen Erwartungen. Bislang sammelte sie Erfahrungen als Regie-Assistentin unter anderem in Berlin und bei ihrem Vater in Bayreuth. Ihre erste Regiearbeit hätte nicht unbedingt ein Wagner- Stück sein müssen, meint sie. «Für mich war es wichtig, dass ich von der Tragfähigkeit des Gesamtkonzeptes überzeugt sein musste. Beim "Holländer" war und bin ich das hundertprozentig.»