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Berlin - Über die Coolness von Musicals lässt sich gewiss streiten. Wenn sich aber Mitglieder einiger der wohl innovativsten Alternative-Bands vergangener Jahre für ein Konzeptalbum zusammentun, dann ist der Lässigkeitsfaktor des Genres sicher gleich um einiges höher. Zehn Jahre haben Yeasayer-Sänger Anand Wilder und sein Kumpel Maxwell Kardon immer wieder an ihrem Musical «Break Line» gearbeitet. Schon seit einiger Zeit ist es fertig, musste aber hinter anderen Projekten - wie der jüngsten Yeasayer-Platte «Fragrant World» - zurückstehen.
Am Freitag (11. Juli) kommt das Album nun in die Läden. Mit dabei ist das Who's who der New Yorker Indie-Welt: Neben Wilders Bandkollegen steuern Musiker von Vampire Weekend, MGMT und Man Man ihren Teil bei.
Mit dem experimentellen Electro, den Wilder sonst zusammenfrickelt, hat «Break Line» jedoch nichts zu tun. «Die Platte ist eine Hommage an den klassischen Rock», hat er kürzlich in einem Interview gesagt - besonders an Songwriter wie Harry Nielsson und Randy Newman, aber auch an die etwas «gestelzte Musik von Jethro Tull und Queen».
Das Musical spielt Anfang des letzten Jahrhunderts in einer von Kohlebergbau, miesen Lebensbedingungen und Arbeitskampf geprägten Stadt in Pennsylvania. In Greenbelt wird das kleine Glück der Menschen aufgefressen vom großen Leid des Liebeskummers. «Wenn Freiheit bedeutet, ich kann nicht bei der einen sein, die ich liebe, dann will ich nicht mehr frei sein», heißt es etwa in folkigen Album-Opener «Coal Into Diamonds».
Der Begriff «Break Line» bezeichnet die Linie, an der entlang eine Kohlengrube einzubrechen droht. Wilders Musical zeigt, dass es auch in der Liebe solch eine Bruchstelle gibt: nämlich den Verrat. Obwohl die Platte als Musical deklariert ist, gibt es bislang wohl keine Pläne für einer Bühnenfassung.
Die elf Songs sind mal dreckiger Blues («It Doesn't Seem Right»), mal akustischer Folk mit einem Schuss Psychedelic Rock («Wedding Day»), dann wieder klassischer 70er-Jahre-Musical-Gospel («Opportunity»). Der Rest der Platte ist überaus frischer, abwechslungsreicher Americana-Sound mit Banjos, Mundharmonikas und Akustikgitarren.
Als seine Band Yeasayer noch in den Anfängen steckte, meinte Wilder einmal scherzhaft: «Wir wollen so uncool wie möglich sein.» Mit «Break Line» gelingt ihm das natürlich wieder nicht.
Sebastian Fischer